Deutschland

"Schädlich und unverhältnismäßig": Bayerische Eltern wehren sich gegen Massentests in Schulen

In Bayern fordert eine Elterninitiative den sofortigen Stopp der Schülertests auf das Coronavirus. Ihren offenen Brief haben fast 4.000 Mütter und Väter unterzeichnet. Derweil hat Thüringen die Massentests von Kindern ausgesetzt. Nur 0,015 Prozent stellten sich zuletzt als positiv heraus.
"Schädlich und unverhältnismäßig": Bayerische Eltern wehren sich gegen Massentests in SchulenQuelle: www.globallookpress.com © BeckerBredel/www.imago-images.de

von Susan Bonath

Viele Epidemiologen und Ärzte sind sich inzwischen einig: Kinder erkranken fast nie schwer an COVID-19 und spielen im Infektionsgeschehen eine untergeordnete Rolle. Trotzdem wird fast keine Gruppe in Deutschland so häufig getestet wie sie. Auch in Bayern müssen sich bereits Grund- und Förderschüler zweimal wöchentlich der Prozedur unterziehen, um am Unterricht teilnehmen zu dürfen. Die Initiative "Eltern-Ausschuss" wehrt sich dagegen. In einem offenen Brief an die politisch Verantwortlichen erläutert diese in Zusammenarbeit mit einer Rechtsanwältin, warum die Landesregierung ihrer Rechtsauffassung nach mit den in Bayern verordneten PCR-Pooltestungen das physische und psychische Kindeswohl gefährde. Außerdem habe es bereits einige Pannen gegeben. Fast 4.000 Eltern aus Bayern haben den Brief unterzeichnet.

Keine Sicherheitsdaten, kein Fachpersonal

Demnach bekommen die Grund- und Förderschüler im Freistaat zweimal wöchentlich sogenannte "Lollitests" verabreicht. Dazu müssten sie jeweils eine halbe Minute an Tupfern lutschen. In einem Pool würden dabei bis zu 25 Kinder zusammengefasst. Die Proben würden als Gesamtprobe "in einem von zehn beauftragten Laboren nach dem nicht standardisierten Verfahren der Real-Time-PCR auf Genomabschnitte von SARS-CoV-2 untersucht", schreibt die Initiative in dem Brief. Nur im Fall einer positiven Pool-Probe würden die Einzelproben untersucht. Die gesamte Gruppe müsse dann in Quarantäne.

Die Pooltestungen, so heißt es, fänden im Rahmen eines Forschungsprojektes der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München statt. Die Qualität des Verfahrens soll diese binnen eines Jahres zunächst untersuchen, sie sei also nicht gegeben, es handele sich um einen Versuch. Die Tupfer zur Probenahme stammten vom chinesischen Hersteller JINAN BABIO BIOTECHNOLOGY und würden ohne Gebrauchsanweisung und Sicherheitsdatenblatt geliefert, bemängeln die Unterzeichner.

Einem von der Münchner MedPath GmbH nachgelieferten Beipackzettel zufolge seien die "Lollitests" darüber hinaus zwingend von medizinischem Personal anzuwenden. Das Lehrpersonal könne in den Schulen das hygienische Umfeld samt Fachkompetenz jedoch nicht bieten. Außerdem gebe es keine einheitlichen Auswertungsverfahren in den Laboren.

Test-Pannen und befürchteter Datenmissbrauch

Die Initiative berichtet zudem von mehreren bereits aufgetretenen Pannen. Beispielsweise habe es einmal einen positiven Pooltest gegeben, die späteren Einzeltests seien aber alle negativ ausgefallen. Ein anderes Mal hätten falsch beklebte Teströhrchen zu unbrauchbaren Ergebnissen geführt. Darüber hinaus beklagt die Initiative Angst vor Positivtests, Herdendruck und Ausgrenzung von Kindern, deren Eltern nicht wollen, dass sie sich dieser Prozedur immer wieder unterziehen. Es sei auch vorgekommen, dass Kindern durch das "Lutschen" schlecht geworden sei.

Die Initiative bezeichnet die Praxis als "völlig unverhältnismäßige invasive medizinische Maßnahme", die schon gar nicht von Laien und gar den Kindern selbst durchgeführt werden dürfe. Darauf beruhende Quarantänemaßnahmen seien schon wegen mangelnder Qualität rechtswidrig. Die Eltern befürchten zudem einen Missbrauch oder eine Verwechslung der Daten durch die Poolanwendung.

"Angesichts dieser eklatanten Rechtsverstöße fordern wir einen unverzüglichen Stopp der durch die bayerische Regierung verordneten PCR-Pooltestungen an unseren Grundschulen", so die Unterzeichner. Es sei zudem medizinisch unsinnig, gesunde Kinder ohne Symptome regelmäßig zu testen. Dies sehe auch die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) so. "Wir erwarten eine klassische Güterabwägung zwischen den schweren Eingriffen in die Gesundheit unserer Kinder und den Folgen – ohne Alarmismus", so die Initiative abschließend.

94 Prozent Falsch-Positive: Thüringen setzte Schnelltests an Schulen aus

Die bayerische Regierung argumentiert damit, dass kein Schüler zur Teilnahme an den Pooltestungen gezwungen werde. Alternativ können auch die Eltern ihre Kinder zu Hause mit Schnelltests testen. Wie wenig aussagekräftig und effektiv diese jedoch sind, zeigt sich in Thüringen. Dort hob die Landesregierung vor rund drei Wochen sämtliche Testpflichten und auch die Maskenpflicht für Kinder in Schulen auf, was bundesweit ein einzigartiger Vorgang war.

Wie die Thüringer Allgemeine Ende September berichtete, führten Thüringer Schulen allein in den ersten beiden Wochen dieses Schuljahres fast 772.500 Testungen bei Kindern und Lehrern durch. Bei geschätzten zehn Euro pro Test betrügen die Gesamtausgaben dafür rund acht Millionen Euro.

Dabei seien gerade einmal 2.029 positive Ergebnisse herausgefiltert worden, also 0,26 Prozent. Doch davon war der Großteil, nämlich gut 94 Prozent, offensichtlich auch noch falsch-positiv. Denn laut MDR entpuppten sich beim Nachtesten mit der PCR-Methode lediglich 113 Personen – 94 Schüler und 19 Lehrer – als tatsächlich positiv, also 0,015 Prozent der insgesamt Getesteten.

Korrektur vom 11. Oktober 2021:

Anders als im Text beschrieben ist es nicht möglich, dass Eltern ihre Kinder alternativ auch zu Hause mit Schnelltests testen können. Tatsächlich müssen die Eltern, die bei den Lolli Tests nicht mitmachen, derzeit drei Mal pro Woche zu einem externen Testzentrum fahren und die Tests dort durchführen lassen. 

Mehr zum Thema - Druck, Ausgrenzung, Angstmache: NRW-Schule wollte nur geimpfte Kinder zur Klassenfahrt mitnehmen

RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.

Ergänzende Information:

Das Virus SARS-CoV-2 löst laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Atemwegserkrankung COVID-19 aus. Am 11. März 2020 hat die WHO eine Pandemie ausgerufen. Grundlage dafür ist die weltweite starke Ausbreitung einer Infektionskrankheit mit hohen Erkrankungszahlen und in der Regel auch mit schweren Krankheitsverläufen. Nach offizieller Einschätzung handelt es sich um ein gefährliches Virus sowie um eine Krankheit, die vor allem für sogenannte Risikogruppen tödlich ausgehen kann. Generell gilt, dass neben Impfungen Corona-Maßnahmen wie Kontaktbeschränkungen und die AHA+A+L-Regeln – Abstand halten, Hygieneregeln beachten, Alltag mit Maske, die Nutzung der Corona-Warn-App und regelmäßiges Lüften – essentiell sind. Auch die regelmäßige Verwendung von PCR-Tests, um potenziell infizierte Personen zu identifizieren, damit diese sich in Quarantäne begeben können, wird von den Behörden als sinnvoll erachtet, um die Ausbreitung des SARS-CoV-2-Erregers zu identifizieren. Die Erklärungen der WHO und des für Deutschland zuständigen Robert Koch-Institutes zum Virus und zur Pandemie finden Sie hier und hier.

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.