Norbert Rollinger, der Vorstandsvorsitzende der R+V-Versicherung AG, hält es für denkbar, dass Personen, die sich nicht gegen Corona impfen lassen, in Zukunft andere Tarife als Geimpfte zahlen sollten. Gegenüber dem Nachrichtenportal t-online erklärte er, dass dies schließlich die "Kosten der Gemeinschaft" seien:
"Wenn jemand wegen Corona auf der Intensivstation landet, ist das deutlich teurer als eine Impfung."
Laut Rollinger dürfen die Krankenkassen bereits jetzt Unterschiede in den Tarifen zwischen Rauchern und Nichtrauchern machen, dies müsse auch bei der Corona-Impfung möglich sein. Die Versicherungsbranche werde somit früher oder später darüber nachdenken müssen, bei den Tarifen zwischen Geimpften und Ungeimpften zu unterscheiden. Nach Ansicht des R+V-Chefs hänge dies davon ab, "wie lange sich die schweigende Mehrheit der Geimpften von den hartnäckigen Impfverweigerern noch auf der Nase herumtanzen lässt". Sofern es keine medizinischen Gründe gebe, die gegen eine Impfung sprechen, zeigen Impfverweigerer ein "sozial schädliches Verhalten".
Für andere Vertreter der Versicherungsbranche stellt sich die Situation jedoch deutlich anders dar, als für den luxemburgischen Juristen und Betriebswirt von der R+V-Versicherung AG. So hatte der Geschäftsführer der Betrieblichen Krankenkassen e. V. Norbert Schleert noch vor Kurzem gegenüber t-online eine Beitragserhöhung für Ungeimpfte gänzlich ausgeschlossen.
In den USA haben allerdings erste Unternehmen von ihren ungeimpften Angestellten höhere Beiträge für die Krankenkasse gefordert. Die US-amerikanische Fluggesellschaft Delta Airlines erklärte beispielsweise erst Ende August, dass ungeimpfte Mitarbeiter ab dem 1. November 200 US-Dollar für die Krankenkassenbeiträge draufzahlen müssen.
Als Begründung wurden auch dort unter anderem die hohen Kosten für eine durchschnittliche Behandlung einer COVID-19-Erkrankung angeführt, die in den Vereinigten Staaten etwa 50.000 Dollar beträgt. In deutschen Krankenhäusern liegen die Kosten für die Behandlung einer COVID-19-Erkrankung bei durchschnittlich 10.700 Euro. Wird der Patient auf die Intensivstation verlegt und muss beatmet werden, so rechnen die Kliniken nach Daten der AOK dafür Kosten von 38.500 Euro ab. Anders als in den USA gibt es in Deutschland jedoch eine Versicherungspflicht. Jeder in der Bundesrepublik gemeldete Bürger muss also bei einer Krankenkasse versichert sein, auch wenn man die Krankenkasse frei wählen kann. Wie Schleert erklärt, führe dies zu einem deutlichen Unterschied für Deutschland:
"Eine Sanktionierung über die Krankenkasse ist definitiv ausgeschlossen."
Darüber hinaus gebe es einen "einheitlichen Entlastungskatalog", der für alle Versicherten in gleichem Maße gelte.
Auch der Sozialverband VdK übte scharfe Kritik an den entsprechenden Überlegungen. Verbandspräsidentin Verena Bentele erklärte gegenüber SWR Aktuell, dass man ja auch keine Unterschiede mache zwischen Leuten, die Auto fahren oder nicht, oder zwischen Personen die sich gesund oder ungesund ernähren:
"Und das hat seinen guten Grund. Denn dann hätten wir ein extrem krasses Kontrollsystem in der Krankenversicherung, das wir als Gesellschaft nicht wollen können."
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