Radfahren in Berlin: Ärger nach drei Jahren Mobilitätsgesetz
In Berlin wurde vor drei Jahren ein Gesetz verabschiedet, das Visionen für eine nutzer- und umweltfreundliche Mobilität mit konkreten Planungen und Verbesserungen ermöglichen soll. Im Gesetz wurde zum ersten Mal bundesweit die Förderung des Radverkehrs verankert, wie die Berliner Zeitung am 28. Juni – dem dritten Jahrestag – einschätzt. Initiativen von Radfahrerinnen und Radfahrern ziehen eine kritische Bilanz.
Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e. V. (ADFC) forderte anlässlich seiner Sternfahrt am 6. Juni in Berlin, an der sich 20.000 Radfahrer beteiligten: Das Mobilitätsgesetz muss endlich auf der Straße ankommen. Der Schatzmeister des ADFC Berlin Frank Masurat wiederholte die wichtigsten Punkte, die der Club seit Jahren auf der Tagesordnung hat.
Der ADFC fordert, 60.000 Kfz-Parkplätze umzuwidmen, damit Platz für sicheres Radfahren und breite Radwege frei wird. Durchgangsverkehr soll aus den Kiezen verbannt werden. Wie die autofreie Friedrichstraße müssten in jedem Bezirk fünf autofreie Kieze angelegt werden. Außerdem fordert der Verband, Investitionen in eine Kfz-zentrierte Infrastruktur auslaufen zu lassen. Schnellstraßen und Autobahnen wie die A 100 sollen rückgebaut werden, nur so könne eine klimafreundliche Verkehrspolitik umgesetzt werden.
Kritik der Initiative Changing Cities
Das Mobilitätsgesetz hatte hohe Erwartungen geweckt. "In Deutschland wird ein neues Kapitel der Verkehrspolitik aufgeschlagen", hatte Ragnhild Sørensen vom Verein Changing Cities gejubelt, der das Zustandekommen des Gesetzes mit seinen Initiativen befördert hatte. Jetzt zog Sørensen eine verheerende Bilanz: "Seit drei Jahren haben wir das Gesetz, doch de facto ist nichts passiert." Von den mehr als 4.000 Kilometern Radwegenetz an Haupt- und Nebenstraßen sind knapp 45 Kilometer fertig. Ginge der Ausbau in diesem Tempo weiter, wäre die Fertigstellung in 100 bis 200 Jahren zu erwarten, heißt es von Changing Cities.
In den drei Jahren wurde das Gesetz um Teile erweitert, die die Fußgänger und den Wirtschaftsverkehr betreffen. "Das Gesetz ist der großen Aufgabe, in Berlin eine Mobilitätswende herbeizuführen, angemessen", sagt Denis Petri von Changing Cities. Berlin würde um dieses Gesetz beneidet. "Es ist ein unmissverständlicher Auftrag. Doch es wird missachtet, die Herausforderung wird einfach nicht ernst genommen", so Petri.
Kritik von der Opposition
Kritik kommt auch von der politischen Opposition. Der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus Oliver Friederici nannte das Gesetz "Augenwischerei". "Es ist beachtlich, mit welcher Dynamik der Radverkehr in den letzten Jahren zugenommen hat. Dieser Entwicklung ist Rot-Rot-Grün leider nie gerecht geworden." Die FDP kommt zu dem Schluss, dass die Maßnahmen "Unmengen an Steuergeld verschlingen".
Die Fraktion der Grünen im Abgeordnetenhaus, aus deren Reihen die Senatorin für Umwelt und Verkehr kommt, wies die Kritik zurück. Gründe für Verzögerungen habe es viele gegeben. Das Mobilitätsgesetz bleibe ein Vorbild für ganz Deutschland. Noch sei man mit der Arbeit zwar nicht fertig, aber man werde die Verkehrswende in Berlin vorantreiben, wie rbb24.de berichtet.
Verkehrssenatorin Regine Günther erklärte vor einigen Tagen, die Förderung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) ist ein ebenso wichtiger Bestandteil des Mobilitätsgesetzes: "Attraktive ÖPNV-Angebote sind ein entscheidender Faktor, um den motorisierten individuellen Autoverkehr reduzieren zu können. Die Erschließung neuer Wohnungsbaustandorte durch den ÖPNV ist dabei besonders wichtig, damit der Mobilitätsbedarf von Anfang an über klimaschonende, umweltfreundliche Verkehrsmittel gedeckt wird. Wir haben in den vergangenen Jahren umfangreiche Straßenbahnplanungen forciert auf den Weg gebracht."
Diese Planungsfortschritte zu Straßenbahnen beziehen sich auf eine großangelegte Tangentialverbindung zwischen Pankow und Weißensee sowie auf zwei neue Strecken in der Innenstadt. Vom Alexanderplatz wird eine Tramlinie bis zum Potsdamer Platz und vom S- und U-Bahnhof Warschauer Straße zum U-Bahnhof Hermannstraße führen. Hinzu kommen Verlängerungen bestehender Linien.
Volksentscheid für eine autofreie Stadt
Im Bezirk Neukölln wird die Weserstraße auf 2,2 Kilometern als autofreie Straße angelegt. Sie verläuft parallel zur Sonnenallee und wird die längste Fahrradstraße in Berlin. Wie rbb24.de berichtete, wurde am Montag mit dem Umbau begonnen.
Der erste Bauabschnitt zwischen Pannierstraße und Fuldastraße soll Ende 2021 abgeschlossen werden. Die Gehwege werden instandgesetzt und die Pflanzung von 34 Bäumen vorbereitet. An den Kreuzungen sollen die Überquerungen für Fußgänger sicher gestaltet werden. Abschließend wird die Fahrbahn asphaltiert.
Gegenwärtig läuft in Berlin eine Initiative für einen Volksentscheid über eine autofreie Innenstadt. Am 18.2.2021 hat sie einen Gesetzentwurf bei der Senatsverwaltung für Inneres zur Kostenschätzung eingereicht. Bis zum 31. Juli sammelt sie Unterschriften. Online zu erreichen ist sie unter volksentscheid-berlin-autofrei.de.
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