Sächsischer Verfassungsschutz sammelte illegal Daten über Vize-Ministerpräsident Dulig

Der Chef der sächsischen SPD und Vize-Ministerpräsident Martin Dulig meint, dass die CDU im Land zu wenig gegen den Rechtsextremismus tue. Seine kritischen Äußerungen dazu wurden von Verfassungsschutz gesammelt – "ungeheuerlicher Vorgang", findet er.

Das sächsische Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) hat illegal Daten des stellvertretenden Ministerpräsidenten und SPD-Chefs Martin Dulig sowie weiterer Landtagsabgeordneter gesammelt. Laut einem Bericht der für die Geheimdienstaufsicht zuständigen Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK) des Landtages vom Dienstag, der der Deutschen Presse-Agentur vorlag, speicherte der Geheimdienst kritische Äußerungen Duligs zum Umgang der sächsischen CDU mit dem Thema Rechtsextremismus. 

Hintergrund sind Untersuchungen der Parlamentarischen Kontrollkommission zur Sammlung und Speicherung von Daten sächsischer AfD-Abgeordneter. Daraufhin richteten zahlreiche Landtagsabgeordnete verschiedener Fraktionen Auskunftsersuchen an das LfV.

Über Abgeordnete durch das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) taucht Dulig mit der Äußerung auf, dass "die CDU eine Verantwortung dafür trägt, welche Zustände heute in Sachsen hinsichtlich Rechtsextremismus und Rassismus herrschen". Die CDU habe das Problem 25 Jahre lang verharmlost.

Auch habe der Verfassungsschutz die Kritik von Dulig dokumentiert, wonach die CDU denen mit Misstrauen begegne, die sich stets gegen Rechtsextremismus und Rassismus engagiert haben.

Neben Äußerungen Duligs seien auch Aussagen des Linken-Abgeordneten Rico Gebhardt festgehalten worden, heißt es in dem Bericht. So habe Gebhardt Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) vorgeworfen, dieser habe sich als "Verlautbarungsorgan des Militärs" betätigt. Ebenfalls in dem Bericht namentlich erwähnt sind Valentin Lippmann und Christin Melcher (beide Grüne) sowie Marco Böhme (Linke).

Eine Rekonstruktion, auf welchem Wege diese Informationen an den Verfassungsschutz gelangt sind oder aus welchen Motiven heraus sie erhoben wurden, sei der PKK nicht möglich, wird in dem Bericht ausgeführt.

"Ihre Speicherung ist jedenfalls klar rechtswidrig", wird jedoch unmissverständlich festgestellt.

Die gespeicherten Informationen seien weder dazu geeignet, "im Rahmen einer Prüf- oder Verdachtsfallbearbeitung den Nachweis zu führen, dass sich die betroffene Person einer Bestrebung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung angeschlossen hat oder für eine fremde Macht geheimdienstlich tätig ist", zitiert das Portal 24.Matins.de aus dem Dokument. Noch seien diese Informationen im Rahmen einer Sicherheitsüberprüfung der Betroffenen erhoben worden.

"Mir fehlen die Worte", sagte Dulig in Dresden bei einem Presseauftritt, "ich fühle mich da kriminalisiert." Er könne die Motivation des Geheimdienstes nicht verstehen. Im Tagesspiegel sprach er von einem "ungeheuerlichen Vorgang". "Mir fehlen dafür die Worte", sagte der SPD-Politiker. Die über ihn gesammelten Informationen seien überwiegend belanglos und "eher peinlich für die Agenten". Er hätte ein Auskunftsersuchen gestellt und erhielt sechs Seiten mit Informationen wie Aussagen und Facebook-Einträge. 

Der Tagesspiegel schreibt mit Verweis auf Verfassungsschutzkreise, Dulig sei niemals überwacht worden. Der Dienst habe Äußerungen festgehalten, in denen es darum ging, wie Politiker aktuell Extremismus bewerten. Das sei eine der Arbeitsgrundlagen des Verfassungsschutzes. Außerdem müsse damit gerechnet werden, dass Extremisten auf die Äußerungen von Politikern reagieren.

Der ungewöhnliche Fall reiht sich ein in die seit Jahren anhaltenden Debatten, ob der Verfassungsschutz überall im Land ausreichend politisch neutral ist und sowohl das linksextreme als auch das rechtsextreme Lager gleichermaßen im Blick hat.

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