Deutschland

Vierte Gewalt mal anders: Thüringer DJV-Funktionär attackiert in Weimar flüchtenden Demonstranten

Bei einer Kundgebung von Corona-Maßnahmen-Kritikern am 1. Mai in Weimar ergreift ein Mann die Flucht vor der Polizei. Ein anderer stellt ihm ein Bein. Der Angreifer stellt sich als Geschäftsführer des Landesverbands Thüringen des Deutschen Journalisten-Verbands heraus.
Vierte Gewalt mal anders: Thüringer DJV-Funktionär attackiert in Weimar flüchtenden Demonstranten© pro bono media

Ein am Freitag in den sozialen Medien kursierendes Video zeigt, wie der Geschäftsführer des Landesverbands Thüringen des Deutschen Journalisten-Verbands, Sebastian Scholz, auf einer zuvor gerichtlich verbotenen Demonstration der sogenannten Querdenker in Weimar am 1. Mai 2021 einen Demonstranten, der von der Polizei verfolgt wird, offensiv mit gestrecktem Bein zu Fall bringt.

Der Angegriffene fällt dabei hin und wird von schwer ausgerüsteten Polizisten aufgegriffen. Den Angreifer Scholz behelligen sie offenkundig nicht. In dem kurzen Clip ist dann noch zu sehen, wie sich Scholz vom Tatort entfernt. 

Kurios: Als der Filmemacher Scholz fragte, wie er denn heiße, nannte dieser unbekümmert seinen vollen Namen. Der DJV-Funktionär erklärte, niemandem ein Bein gestellt zu haben. Er sei nur "nicht rechtzeitig weggekommen".

Wie das Portal Tichys Einblick mitteilt, wird das Video von der Vorsitzenden des DJV-Landesverbandes Heidje Beutel als authentisch aufgefasst.

Eine Nachfrage bei der thüringischen Polizei in Weimar brachte zum Vorschein, dass der Videomitschnitt dort bereits bekannt ist, da es laut Aussage eines Pressesprechers bereits zu einer Anzeige wegen Polizeigewalt kam, die von der Polizei aber nicht bestätigt wurde. Die den Demonstranten attackierende männliche Person sei zu hundert Prozent kein der örtlichen Einsatzleitung bekannter Polizist in Zivil gewesen.

Scholz ist derzeit in keinerlei Weise erreichbar. Die Landesverbandsvorsitzende Beutel bestätigte Tichys Einblick den Vorfall aber per Telefon und kündigt eine schriftliche Stellungnahme an. Dort heißt es:

"Wir haben den Vorfall juristisch bewerten lassen mit dem Ergebnis, dass keine strafbare Handlung seitens unseres Geschäftsführers vorliegt. Da aber aus der Gruppierung der sogenannten 'Querdenker' angekündigt wurde, Strafanzeige zu erstatten, bitten wir um Verständnis dafür, dass wir zu diesem Zeitpunkt keine weiteren Fragen beantworten."

Der Sprecher des DJV-Dachverbandes sagte, er werde sich zu dem Video nicht äußern, der DJV Thüringen sei hierzu der Ansprechpartner.

Wörtlich verriet er:

"Ich werde mich schon deshalb nicht dazu äußern, weil ich kein aus dem Zusammenhang gerissenes Video kommentieren werde. [...] Es gab etwas davor, vor dem, was auf dem Video zu sehen ist." 

Das sei der Kontext, der rekonstruiert werden müsse, um dieses Video zu verstehen. Was das jedoch konkret gewesen sein soll, verriet er nicht.

Wenige Tage vor der Demonstration in Weimar, am 26. April, veröffentlichte der Thüringer Journalistenverband die Mitteilung "Wenn freier Journalismus zum Diktat gebeten wird. 'Schreiben Sie das auf'". Dort heißt es u.a.: 

"Journalist*innen werden auf Demonstrationen in Reden öffentlich diffamiert, angepöbelt, bedroht und auch tätlich angegriffen. Und zwar nicht mehr nur von politischen oder religiösen Extremisten, sondern auch von Menschen, die man gemeinhin dem 'bürgerlichen Spektrum' zuordnen würde. Menschen aus der sogenannten Mitte der Gesellschaft. Zu beobachten beispielsweise auf nahezu jeder größeren Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen."

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