Deutsche sehen in den USA größere Bedrohung für Demokratie als in China oder Russland
Mehr als ein Drittel der Deutschen (36 Prozent) sind der Meinung, dass der Einfluss der USA eine größere Bedrohung für die Demokratie in Deutschland darstellt als der Chinas (33 Prozent) oder Russlands (29 Prozent). Zu diesem Ergebnis kommt der "Democracy Perception Index" (DPI) des Marktforschungsinstituts Latana. Dieser wurde im Auftrag der Stiftung "Alliance of Democracies" erstellt, die vom früheren NATO-Generalsekretär und Ex-Premierminister Dänemarks, Anders Fogh Rasmussen, gegründet wurde.
Dieser Trend bestätigt sich auch im weltweiten Vergleich, der eine noch höhere US-Skepsis aufweist. So ist fast die Hälfte (44 Prozent) der Menschen auf der ganzen Welt besorgt, dass die USA die Demokratie in ihrem Land bedrohen. Die Angst vor chinesischem Einfluss liegt bei 38 Prozent, die Angst vor russischem Einfluss ist mit 28 Prozent am geringsten. Dabei ist der letzte Wert in China und in den zu "freien Demokratien" gezählten Ländern am niedrigsten.
Insgesamt ist die Weltbevölkerung in der Einschätzung des US-Einflusses auf die Demokratie gespalten. Während weltweit das Image der USA in dieser Frage eher positiv ist (49 Prozent positiv vs. 35 Prozent negativ), gibt es eine starke regionale Kluft. Dabei sind die Menschen in Europa besonders negativ eingestellt (38 Prozent positiv vs. 45 Prozent negativ).
I am surprised that it’s only 44%. But given the fact, that people have to overcome #MSM’s censorship and #KeepCalmAndBlameRussia crusade, not the worst figure https://t.co/t0PhSasgxP
— Dmitry Polyanskiy (@Dpol_un) May 6, 2021
Hierbei ist der "Biden-Effekt" zu verzeichnen. Die Wahrnehmung des globalen Einflusses der USA auf die Demokratie ist seit dem Frühjahr 2020 von einer Differenz von + 6 auf + 14 gestiegen. In Deutschland ist er mit 20 Prozentpunkten am höchsten. Dennoch sieht in Deutschland immer noch jeder Zweite (51 Prozent) den Einfluss des Landes auf die globale Demokratie als negativ und nur gut ein Drittel (32 Prozent) als positiv.
Die stärksten US-Kritiker sitzen also nach wie vor in Europa, neben Deutschland insbesondere in Österreich, Dänemark, Irland und Belgien, wo die negative Gesamtmeinung überwiegt.
Als größte wahrgenommene Bedrohung für die deutsche Demokratie nannten die hierzulande Befragten wirtschaftliche Ungleichheit (49 Prozent) gefolgt von der Macht der großen Technologiekonzerne (46 Prozent) sowie Einschränkungen der Meinungsfreiheit (40 Prozent).
Auch weltweit wird die wirtschaftliche Ungleichheit mit 64 Prozent der "Ja"-Stimmen als bedeutendste Bedrohung für die Demokratie angesehen. Genannt wurde außerdem die Einschränkung der Meinungsfreiheit (53 Prozent), unfaire Wahlen und/oder Wahlbetrug (49 Prozent), die Macht der Big-Tech-Unternehmen (48 Prozent), der Einfluss der Vereinigten Staaten (44 Prozent), ausländischer Wahleinmischung (42 Prozent) und der Einfluss Chinas (38 Prozent) und Russlands (29 Prozent).
Der Frage, ob Deutschland derzeit demokratisch sei, stimmte eine Mehrheit der Befragten (65 Prozent) zu. Damit liegt der Wert über dem der meisten anderen in der Studie als "freie Demokratien" bezeichneten Ländern. Allerdings glauben 38 Prozent, dass die Regierung hauptsächlich im Interesse einer kleinen Gruppe von Menschen handelt. Dies sind zwar weniger Personen als in den meisten anderen untersuchten Ländern, aber immer noch mehr als ein Drittel der Bevölkerung. Mit Blick auf die Bundestagswahl sagt außerdem fast die Hälfte der Deutschen, dass die Einmischung einer ausländischen Macht das Ergebnis wahrscheinlich beeinflussen wird.
Das Marktforschungsinstitut Latana befragt seit 2018 jährlich mehr als 50.000 Menschen in 53 Ländern (davon 1.009 in Deutschland). Die in diesem Jahr zwischen Ende Februar und Mitte April durchgeführte Umfrage ist dadurch eigenen Angaben zufolge repräsentativ für mehr als drei Viertel der Weltbevölkerung.
Der DPI wurde nach Spiegel-Angaben anlässlich des am 10. und 11. Mai zum vierten Mal stattfindenden "Copenhagen Democracy Summit" durchgeführt. In der dänischen Hauptstadt treffen sich auf Initiative der Alliance-of-Democracies-Stiftung Führungskräfte aus Politik und Wirtschaft, um über die Lage der Demokratie in der Welt zu beraten. Als einer der Gäste wird der ehemalige "Interimspräsident" Venezuelas Juan Guaidó erwartet.
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