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Düstere Prognose des RKI-Chefs: "Werden bis Ende 2022 voll in der Pandemie stecken"

Auf der Bundespressekonferenz am Donnerstag sprach Bundesgesundheitsminister Jens Spahn von Hoffnung in der COVID-19-Pandemie, wollte aber keine Entwarnung geben. Auch RKI-Präsident Lothar Wieler erwähnte eine "gute Entwicklung", verwies aber auf die globale Dimension der Pandemie.
Düstere Prognose des RKI-Chefs: "Werden bis Ende 2022 voll in der Pandemie stecken"Quelle: Reuters © John Macdougall/Pool via REUTERS

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn mahnt trotz schnellerer Impfungen und erster Anzeichen für eine stabilere Corona-Lage zu weiterhin nötiger Vorsicht. "Es gibt Hoffnung", sagte der CDU-Politiker am Donnerstag in Berlin. "Aber es gibt noch keine Entwarnung in dieser Phase der Pandemie." Die Infektionszahlen müssten nicht nur stagnieren, sondern weiter herunter. Es gelte, die letzten Schritte nicht zu verstolpern, um auch wieder mehr Alltag zu ermöglichen.

Die aktuelle dritte Corona-Welle ist nach Einschätzung des Robert Koch-Instituts (RKI) inzwischen abgebremst. Es gebe eine "gute Entwicklung", sagte Präsident Lothar Wieler. Die Fallzahlen seien aber noch zu hoch, auch wenn das exponentielle Wachstum sich seit Ostern nicht mehr im befürchteten Maß fortgesetzt habe. Bei Menschen unter 60 nähmen die Zahlen aber zu, bei Kindern deutlich. Bundesweit ist die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen so niedrig wie seit rund zwei Wochen nicht mehr. Die Sieben-Tage-Inzidenz sank laut RKI auf 154,9. Niedriger war sie zuletzt am 14. April (153,2), vor einer Woche lag sie bei 161,1.

"Wir müssen weiter alles dafür tun, um die Fallzahlen zu senken", betonte Wieler. Es gehe darum, Ungeimpfte "auf den letzten Metern" kurz vor der Impfung zu schützen. Inzwischen haben mehr als ein Viertel aller Bundesbürger – nämlich 25,9 Prozent – mindestens eine erste Spritze erhalten, wie Spahn sagte. Den vollen Schutz mit einer Zweitimpfung haben demnach 7,5 Prozent. Am Mittwoch seien 1,1 Millionen Menschen geimpft worden und damit erstmals mehr als ein Prozent der Bevölkerung an einem einzigen Tag. Dabei machten Arztpraxen 730.000 Impfungen, die regionalen Impfzentren der Länder 360 000 Impfungen. Das zeige, wie stark man an Geschwindigkeit gewinne, auch wenn es für eine Grundimmunität der Gesamtbevölkerung noch nicht reiche, sagte Spahn.

RKI-Chef Lothar Wieler erläuterte, es sei noch viel zu tun. Bei Menschen über 80 seien zwei Drittel geimpft, bei Menschen über 70 rund 30 Prozent. Vereinzelt wurde laut RKI auch die indische Virusvariante B.1.617 in Deutschland nachgewiesen. Weltweit seien die Fallzahlen innerhalb einer Woche um 24 Prozent gestiegen. Die Pandemie werde erst dann unter Kontrolle sein, wenn dies in allen Teilen der Welt der Fall sei. Besonders betroffen sei Asien, fügte Wieler hinzu und mahnte:

"Wir werden bis Ende 2022 voll in der Pandemie stecken."

Auch Spahn meinte, Indien zeige das "Worst-Case-Szenarium", obwohl die Bevölkerung dort im Durchschnitt viel jünger sei als etwa die europäische. Er stellte in Aussicht, dass – nach einer erwarteten Zulassung – spätestens in den Sommerferien auch Kinder ab 12 Jahren Impfungen bekommen könnten. Der Hersteller Biontech hatte angekündigt, bald die Zulassung seines Mittels für Kinder ab zwölf Jahren zu beantragen.

Der zur Pressekonferenz eingeladene Intensivpfleger Ricardo Lange erklärte, dass die Problematik in den Stationen weniger die Anzahl der Intensivbetten sei, als der Personalmangel, dem man früher hätte ernst nehmen müssen. Ein Pflegebonus, der früher in der Pandemie versprochen wurde, sei für den Großteil der Pflegenden nicht ungesetzt worden.

Justizministerin Christine Lambrecht legte einen Verordnungsentwurf zu geplanten Erleichterungen für Geimpfte vor. Erstmals gab es jetzt mehr als eine Million Impfungen an einem Tag. In dem Entwurf heißt es, vollständig Geimpften und Genesenen solle es künftig wieder möglich sein, "ohne vorherige Testung zum Beispiel Ladengeschäfte zu betreten, Zoos und botanische Gärten zu besuchen oder die Dienstleistungen von Friseuren und Fußpflegern in Anspruch zu nehmen."

Geimpfte und Genesene sollen sich nicht an die jeweils lokal geltenden Ausgangsbeschränkungen halten müssen. Beschränkungen privater Zusammenkünfte auf Angehörige eines Haushalts und einer weiteren Person – plus Kinder bis 14 Jahre – sollen nicht greifen, wenn nur Geimpfte oder Genesene teilnehmen. Maskenpflicht an manchen Orten und Abstandsgebote sollen aber für alle weiter gelten, heißt es in dem Entwurf, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Lambrecht sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, wenn nun belegt sei, dass von Geimpften und Genesenen keine besondere Gefahr mehr ausgehe, müssten Grundrechtseinschränkungen zurückgenommen werden. "Es geht hier nicht um Sonderrechte oder Privilegien."

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(dpa/ rt)

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