Trotz Impfstoffmangels landen tausende Dosen im Müll

Sogenannte "Überschussmengen" werden von den Herstellern pro Fläschchen abgefüllt. Diese Restmengen werden aber in den Impfzentren nicht immer verimpft. In Hamburg wurden sie weggeworfen, weil man dort die Verantwortung über die genaue Impfmenge nicht übernehmen wollte.

Noch immer hängt Deutschland bei der Impfgeschwindigkeit gegen COVID-19 im Vergleich zu anderen Ländern deutlich hinterher. Großbritannien ist mindestens vier- bis fünfmal weiter. Dennoch landen offenbar täglich mehrere tausend potenzielle Impfdosen im Müll. So auch der Grundstoff für rund 40.000 Impfungen in Hamburg – und das sogar mit amtlicher Begründung.

Bei dem Impfstoff, der regelmäßig nicht verwendet wird, handelt es sich um sogenannte "Überschussmengen." Das sind vom Hersteller sicherheitshalber zu viel abgefüllte Mengen, die pro Fläschchen und Ampulle mitgeliefert werden. Beim Impfstoff von BioNTech macht das pro Fläschchen eine siebte, bei dem von AstraZeneca pro Fläschchen sogar eine elfte Dosis möglich. Wenn nicht die deutsche Vorschrift dagegen wäre. So wird beispielsweise in einem Hamburger Impfzentrum nur die zugelassene Anzahl der Impfdosen verwendet und der Rest weggeworfen. 

Dirk Heinrich, Ärztlicher Leiter des Impfzentrums, sagte dem NDR, dass es bei dem Publikumsverkehr nicht möglich sei, eine siebte Dosis zu ziehen. Der impfende Arzt trage die Verantwortung für genau den Impfstoff. Das könne möglicherweise in einer Arztpraxis gewährleistet werden, nicht aber in einem Impfzentrum. Allein in seinem Impfzentrum wurden deshalb rund 35.000 potenzielle Dosen BioNTech und 8.000 potenzielle Dosen AstraZeneca weggeworfen.

In einem bayerischen Impfzentrum hatte sich nach Medienberichten ein Arzt beschwert, dass die siebte Dosis stets im Fläschchen bliebe und dann unter Aufsicht in einer Müllverbrennungsanlage entsorgt werde. Bei AstraZeneca seien es sogar zwei Dosen, die im Müll landeten. Mitarbeiter von Impfzentren vermuten, dass so mehrere hunderttausende Dosen verloren gegangen seien.

Da die "Überschussmengen" über die Zahl der Impfeinheiten hinausgehen, die von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) pro Behältnis zugelassen sind, liegt es im Ermessen der Ärzte.

Die Vorsitzende des Hausärzteverbands, Jana Husemann, sagte dem NDR: "Aus Sorge, für eventuell resultierende Impfschäden haftbar zu machen, werden diese weggeworfen. Auch wenn viele Kollegen es schon tun, bräuchte es ein bisschen mehr Rückhalt, die siebte Dosis zu verimpfen." Sie bedauert, dass es keine offizielle Ansage zum Umgang mit der siebten Impfdosis gäbe.

Albrecht Broemme, der Berliner Organisator von sechs Impfzentren, erklärte gegenüber RT DE:

"Wenn anfangs etwas übrig blieb, haben wir es an die Impfhelfer und das Pflegepersonal gegeben."

Bundesweit haben erst 9,5 Millionen Menschen die zweite Impfung erhalten. Der Impfstoff ist derzeit nach wie vor rar.

Mehr zum Thema - Söder für mehr Impfungen in Betrieben und Familien