Grüne blockieren wegen Nawalny: Berlin startet keine Verhandlungen über Kauf von Sputnik V

Erst Anfang April hieß es, Deutschland wolle mit Russland über mögliche Lieferungen des Corona-Impfstoffs Sputnik V sprechen. Bayern und Mecklenburg-Vorpommern unterzeichneten bereits Vorverträge. Der Berliner Senat wollte Verhandlungen aufnehmen – doch die Grünen blockieren.

Der rot-rot-grüne Senat in Berlin startet keine Verhandlungen über Kaufoptionen für den russischen Corona-Impfstoff Sputnik V. Grund ist ein Veto der Grünen.

Laut einem Bericht des Tagesspiegel soll es in der Koalition zu einem Streit gekommen sein. Demnach wollte sich Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci am Dienstag die Zustimmung der Landesregierung für Verhandlungen mit dem russischen Hersteller holen, doch die SPD-Politikerin scheiterte am Koalitionspartner. Wirtschaftssenatorin Ramona Pop aus den Reihen der Grünen legte ein Veto gegen die potenziellen Bestellungen ein.

Grund für die verweigerte Zustimmung seitens der Grünen soll die Causa Alexei Nawalny sein. Demnach sollen sie auf die bedrohliche Lage des Politikers nach einem Hungerstreik verwiesen haben.

Der russische Oppositionsblogger wurde jüngst zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt, die er in einer Strafkolonie verbringen soll. Vor rund drei Wochen war er aus Protest gegen die Haftbedingungen in den Hungerstreik getreten. Er warf der Haftleitung vor, ihm keine adäquate medizinische Betreuung zukommen zu lassen. Der Oppositionspolitiker forderte, dass unabhängige Ärzte Zugang bekommen. Am Montag wurde Nawalny in ein Krankenhaus für Insassen auf dem Gebiet der Justizvollzugskolonie in der Stadt Wladimir verlegt.

Von der Aufnahme von Verhandlungen und einer Vereinbarung würden allein Wladimir Putin und der Kreml profitieren, soll laut Tagesspiegel seitens der Grünen als Argument angeführt worden sein. Zudem sei der Impfstoff in der EU noch nicht zugelassen. Da Sputnik V genauso wie AstraZeneca ein Vektorimpfstoff ist, könnten sich laut den Grünen dann all jene, die unbedingt einen solchen Impfstoff haben wollten, doch für das Vakzin des britisch-schwedischen Konzerns entscheiden. Demnach setzte die Partei ohnehin auf die Impfstoffe mit mRNA-Technologie wie jene von BioNTech/Pfizer oder Moderna.

Der Gesundheitsexperte der SPD-Fraktion, Thomas Isenberg, bezeichnete den Schritt des Koalitionspartners als "grob fahrlässig". Gegenüber dem Tagesspiegel sagte er: 

"Ich bin fassungslos, dass der Senat auf Veto von Frau Pop heute die Vorlage der Gesundheitsverwaltung zurückgewiesen hat und nicht beschlossen hat, sich für Berlin Optionen auf Sputnik V im Fall dessen EU-Zulassung zu sichern."

Den Grünen habe er demnach eine "Ideologisierung der Impfstofftypen" vorgeworfen. Er verlangte von ihnen, das Veto aufzuheben.

Die Vorlage von Gesundheitssenatorin Kalayci soll einen Kauf von zwei Millionen Dosen Sputnik V vorsehen. Voraussetzung waren die Zulassung durch die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) und die Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO). 

Bereits Anfang April hieß es, dass Deutschland mit Russland über mögliche Lieferungen des Corona-Impfstoffs Sputnik V sprechen will. Zuvor wurde bekannt, dass die EU-Kommission über das russische Präparat keine Verträge wie mit anderen Herstellern schließen wird. Einige Bundesländer reagierten bereits. So hatte etwa Bayern einen Vorvertrag über 2,5 Millionen Sputnik-Dosen unterzeichnet, Mecklenburg-Vorpommern zog mit einer Option auf eine Million Dosen nach. 

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