Die Deutsche Krebshilfe hat auf zunehmende Versorgungsengpässe für Tumorpatienten durch die anhaltende Corona-Krise und die zunehmende Auslastung von Intensivstationen hingewiesen. Die Situation sei immer besorgniserregender, teilte die Krebshilfe am Montag in Bonn mit. "Sollte sich die Lage nicht kurzfristig entspannen, droht ein Kollaps des Versorgungssystems", erklärte die Corona Task Force von Deutscher Krebshilfe, Deutschem Krebsforschungszentrum (DKFZ) und Deutscher Krebsgesellschaft (DKG). Für schwerkranke Menschen hätte dies nicht nur kurzfristige Folgen.
"Wir werden zukünftig mit vielen Patienten konfrontiert werden, deren Krebserkrankung zu spät entdeckt wurde und deren Heilungschancen dadurch verringert sind", erklärte der DKFZ-Vorstandsvorsitzende Michael Baumann.
"Das bedeutet: Die Krebssterblichkeit wird nach oben schnellen."
Die drei Krebseinrichtungen forderten die Politik auf, Versorgungskapazitäten für Tumorpatienten sicherzustellen. Zugleich kritisierten sie, die Politik habe es versäumt, eine Strategie für die Herausforderungen im Gesundheitssystem während der Corona-Krise zu entwickeln. Jeden Tag erhielten im Durchschnitt 1.400 Menschen die Diagnose Krebs und müssten zeitnah versorgt werden, betonte die Krebshilfe.
"Größte Bedrohung der Krebsforschung seit Generationen"
Zudem rechnen britische Forscher mit einer jahrelangen Verzögerung bei neuen Krebs-Therapien. Grund seien verschärfte Auflagen für den Zutritt zu Forschungslaboren aufgrund der Corona-Regeln, teilte das Institute of Cancer Research (ICR) in London mit. Im jüngsten Lockdown sei die Zahl der Wissenschaftler, die Zugang zu Laboren haben, noch einmal um 30 Prozent gefallen – zusätzlich zu bereits bestehenden Auflagen. Die Verzögerung könne bis zu zwei Jahre betragen.
"Die COVID-19-Pandemie ist die größte Bedrohung der Krebsforschung seit Generationen", sagte ICR-Chef Paul Workman. In einem Blog-Eintrag kritisierte der Institutsleiter zudem die Finanzierungspolitik der britischen Regierung scharf. Workman warnte, die Regierung wolle die britische Beteiligung am EU-Forschungsprogramm Horizon Europe mit Geld aus dem Forschungsetat finanzieren. Nötig seien aber zusätzliche Investitionen.
"Eine Kürzung des britischen Forschungsbudgets wäre für die Wissenschaft katastrophal – sie würde wichtige Entdeckungen verzögern, Patienten eine bessere Zukunft rauben und eine einmalige Gelegenheit verpassen, unsere wirtschaftliche Erholung von COVID-19 voranzutreiben", betonte Workman. "Solche tiefen Einschnitte sind mit der Vision des Premierministers von Großbritannien als globaler wissenschaftlicher Supermacht unvereinbar."
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(rt de/dpa)