Drosten und Lauterbach einig: Bundes-Notbremse geht nicht weit genug
Am Dienstag beschloss das Bundeskabinett eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes. Damit müssen sich die Menschen in weiten Teilen Deutschlands auf Ausgangsbeschränkungen und geschlossene Läden nach bundesweit verbindlichen Vorgaben einstellen. Kommende Woche sollen die Neuerungen erst vom Parlament beschlossen werden und dann den Bundesrat passieren – trotz deutlicher Kritik einiger Länder und der Opposition im Bundestag.
Der Leiter der Virologie an der Charité Berlin, Christian Drosten, ist damit jedoch unzufrieden. Zusätzlich zur geplanten bundesweiten Corona-Notbremse seien weitere Maßnahmen vonnöten. In seinem Podcast ("Coronavirus-Update") wandte sich Drosten an die interessierte Öffentlichkeit:
"Ich denke, dass man anhand der sich jetzt einstellenden Situation in den Krankenhäusern auch noch mal anders reagieren muss."
Dies müsse sicherlich in "allernächster Zeit" geschehen.
"Ich erwarte jetzt nicht ohne Weiteres, dass man damit die Situation in der Intensivmedizin kontrollieren kann."
Aufgrund der nunmehr obligatorischen Verzögerung der "Corona-Meldezahlen", diesmal wegen der Osterfeiertage, bildeten die aktuellen Zahlen nicht das tatsächliche Gefahrenbild ab:
"Wir müssen wahrscheinlich bis Ende dieser Woche warten, um wieder realistische Zahlen zu sehen."
Nachweisschwäche besteht in den vorsymptomatischen 1-2 Tagen und am Tag des Symptombeginns. Also: Testung symptomatischer Patienten: OK. 2x wöchentliche Testung stabiler Sozialgruppen (Klassen, Büros, feste Teams: OK). Passporting: Restrisiko aber besser als gar nicht testen. https://t.co/zwfkG4MXt7
— Christian Drosten (@c_drosten) April 14, 2021
Er befürchte, dass man dann wieder in einem Bereich zwischen 20.000 und 30.000 täglich gemeldeten Neuinfektionen landen werde. Durch die Osterferien mutmaßte der Virologe allerdings für die Schulen zunächst über einen "nachhaltigen Entschleunigungseffekt".
Sich in falscher Sicherheit zu wiegen, sei zu simpel. Ein negativer Schnelltest bedeute nicht viel, mahnte Drosten.
"Es ist nicht alles so simpel, wie das zum Teil in der Politik auch argumentativ verarbeitet wird. So nach dem Motto: Jetzt kann ja alles öffnen, weil wir haben ja jetzt Schnelltests."
In der Praxis stellten Fachleute demzufolge fest, dass es bei den entsprechenden Tests eine Lücke beim Erkennen von Infektionen in der Frühphase gebe, doziert Drosten. Noch fehlten zwar Studien dazu. Beobachtet werde aber, dass die Tests nur beim größten Teil der ansteckenden Tage anschlagen: Beim Testen direkt bei Symptombeginn könne der Test jedoch noch negativ ausfallen. Ein Labortest (PCR) hingegen könne im Vergleich schon mehrere Tage vorher eine Ansteckung anzeigen.
Volle Zustimmung erhält Drosten dafür von "SPD-Gesundheitsexperte" Karl Lauterbach. Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter wusste Lauterbach zu berichten:
"Gerade am Anfang der Infektion vor Symptomen sind Getestete meist schon ansteckend und Schnelltest noch negativ. Zeitfenster kann 3 Tage betragen. Daher ist Antigentest zu unsicher für Lockerungen bei Inzidenz >100."
Zudem warnte auch Lauterbach, dass die am Dienstag im Bundeskabinett beschlossenen Maßnahmen unzureichend sein. Im Podcast "Talk mit K" des Kölner Stadt-Anzeiger gab sich der Mediziner erneut meinungsstark:
"Die jetzige Regelung wird nicht ausreichen, um die großen Ausbrüche in den Griff zu bekommen, die wir angesichts der Corona-Mutationen zu erwarten haben."
Der Entwurf der Notbremse, so Lauterbach weiter, sei "insgesamt zu schwach", um die "3. Welle zu brechen". Die Länder müssten "zusätzlich mehr machen".
(2) Auch lange Zusammenstehen draussen ohne Maske im lauten Gespräch in Gruppe macht Droplet Infektionen. Entwurf der Notbremse ist insgesamt zu schwach, 3. Welle zu brechen. Länder müssen zusätzlich mehr machen. Aber ohne Ausgangsbeschränkung reicht das niemals aus. Dazu kommt:
— Karl Lauterbach (@Karl_Lauterbach) April 13, 2021
Ausgangsbeschränkungen allein reichten nicht, um die Lage in den Griff zu bekommen.
Trotz des Impfstopps in den USA und des verzögerten Marktstarts in Europa für das Impfpräparat des US-Herstellers Johnson & Johnson zeigte sich Lauterbach davon überzeugt, dass das Vakzin bald in Deutschland eingesetzt werde. Gegenüber dem Deutschlandfunk erklärte der Mediziner:
"Ich glaube nicht, dass es ein permanenter Rückschlag ist, die Sinusvenenthrombosen waren auch bei Johnson & Johnson zu erwarten."
Die Komplikationen seien aber so rar, "dass der Impfstoff nach einiger Zeit wieder verimpft wird in den Vereinigten Staaten und der Impfstart in Europa dann auch beginnen wird".
Man werde "wahrscheinlich auch hier wieder darüber nachdenken müssen, ob man den Impfstoff bei den über 60-Jährigen spezifisch einsetzt".
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(dpa/rt)
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