Medienbericht: Bundesregierung geht von Lockdown bis Juni aus

Die Auseinandersetzung zwischen Bund und Ländern um eine Verlängerung des Lockdowns hat am Wochenende an Intensität gewonnen. Mit einer Änderung des deutschlandweit gültigen Infektionsschutzgesetzes will der Bund strenge Maßnahmen vorschreiben. Sachsen und Bremen äußern scharfe Kritik.

Die Bundesregierung geht offenbar von einer verschärften Infektionslage aus, die einen Lockdown von weiteren sechs bis acht Wochen erfordere. Nach Informationen des Tagesspiegel hat Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) das am Sonntag gegenüber den Ländern deutlich gemacht. Nach Einschätzung von Landespolitikern bleibt die Bundesregierung dabei, den Inzidenzwert als einziges Kriterium für die Maßnahmen zu verwenden, so die Zeitung in ihrer Online-Ausgabe vom Montag. Bis Ende Mai oder sogar bis zum Sommeranfang im Juni müssten die strengen Maßnahmen ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 100 beibehalten werden.

Nach dem Entwurf zur Ergänzung des Infektionsschutzgesetzes soll der Bund verfügen, dass in den Landkreisen bei einem Überschreiten der Inzidenzmarke von 100 an drei aufeinanderfolgenden Tagen einige Maßnahmen automatisch in Kraft treten. Private Zusammenkünfte werden eingeschränkt, der nächtliche Ausgang wird beschränkt, Geschäfte mit Ausnahme der Grundversorgung und Freizeiteinrichtungen müssen wieder schließen. Steigt der Wert auf 200, müssten Schulen und Kitas geschlossen werden. Länder und Kommunen hätten dann in diesen Punkten keinen Spielraum.

Der Entwurf für die Änderung des Infektionsschutzgesetzes, der dem Tagesspiegel vorliegt, soll die Bundesregierung ermächtigen, auf der Grundlage von Rechtsverordnungen "Gebote und Verbote (...) zur Bekämpfung von Krankheiten, die durch das Coronavirus SARS-CoV-2 verursacht werden, zu erlassen". Er sieht keine bundesweit gültigen Verschärfungen bei einer Inzidenz unter 100 "Neuinfektionen" pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen vor. 

Aus den Ländern kommt scharfe Kritik an den Plänen. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat gegenüber der Welt "erheblichen Gesprächsbedarf" angemeldet. "Dazu gehören eine Ergänzung des Inzidenzwertes um einen Faktor, der die Auslastung von Intensivbetten in den Krankenhäusern beschreibt, eine Eingriffsschwelle für die Ausgangssperre erst ab einer Inzidenz von 200, weitere Ausnahmen für den Einzelhandel, damit die Angelegenheiten des täglichen Bedarfs auch im Falle eines Brücken-Lockdowns weiterhin ermöglicht werden, sowie insbesondere ein Verzicht des Bundes für Regelungen im Schulbereich", sagte Kretschmer. "Außerdem muss das Gesetz zeitlich befristet werden, das heißt, es muss automatisch auslaufen."

Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) äußerte sich gegenüber dem Tagesspiegel kritisch zu Teilen der Gesetzesänderung. "Der vorliegende Entwurf greift tief, meines Erachtens in manchen Bereichen unverhältnismäßig tief in die Privatsphäre ein und nimmt gleichzeitig die Infektionsgefahren in den Betrieben nicht ernst genug."

Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) erklärte, alle SPD-geführten Bundesländer ständen hinter dem Entwurf. Am Sonntagabend sagte er im ZDF: "Sie stehen alle hinter diesem Vorhaben, werden das auch unterstützen. Es wird förmliche Beratungen geben, aber der Weg ist klar und wird von allen getragen."

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