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Autor Ludwig Saar: "Die Presse hat sich schon vor Jahren mit der Politik ins Bett gelegt"

In seinem dritten Interview mit RT DE spricht Ludwig Saar, der Autor des Thrillers "Maskenland", über die Rolle der Medien in der Coronakrise – und die Mechanismen der Desinformation.
Autor Ludwig Saar: "Die Presse hat sich schon vor Jahren mit der Politik ins Bett gelegt"Quelle: www.globallookpress.com © Jörg Carstensen/dpa

Herr Saar, seit unserem letzten Gespräch hat sich in puncto "Masken" einiges getan. Ins Visier der Geschäfte mit Geschmäckle rückte jetzt auch einer der größten Verlage der Bundesrepublik.

Womit Sie zweifelsohne Burda meinen. Ja, die Sache kam so, wie man es erwarten konnte. Der Ehemann des Bundesgesundheitsministers hat keine Ahnung davon, dass die Firma, die er für Hubert Burda Media in Berlin leitet, 500.000 FFP2-Masken an das Ministerium seines Ehemanns verkauft. Erwarten Sie dazu jetzt noch eine Meinung?

An sich stellen wir die Fragen, aber in diesem Falle antworten wir gern: Ja.

Dass der Büroleiter eines Burda-Unternehmens von so einem Deal nichts wissen soll, kann ich mir nur schwer vorstellen.

Was aber ist daran verwerflich, wenn ein Burda-Unternehmen Masken an Spahns Gesundheitsministerium (BMG) verkauft?

Die im Grundgesetz verankerte Rolle der Medien besteht nicht darin, Tochterunternehmen zu gründen, die Ministerien Schutzausrüstung verkaufen. Es ist ein klarer Interessenskonflikt vorhanden.

Angeblich wollte man dem Bund nur helfen, an Masken zu kommen.

Diese Aussage ist irrwitzig. Glaubt denn jemand ernsthaft, dass 500.000 FFP2-Masken ausschließlich über diesen Weg zum BMG gelangen könnten? Als ob es da nicht ausreichend Compliance-konforme Wege gäbe.

Und es hieß, es wäre keinerlei Provision geflossen.

Wer möchte, kann das gerne glauben. Ich verweise da auf das Drei-Schichten-Modell, das ich im letzten Interview erläutert habe. Wenn Sie mir dazu noch eine Anmerkung erlauben?

Bitte.

Ich fand es ganz putzig, dass der CSU-Mann Alfred Sauter, immerhin bayerischer Ex-Justizminister, die Existenz dieses Modells zwischenzeitlich bestätigt hat. Er meinte, er habe "keinen Cent von der öffentlichen Hand bekommen, lediglich aus dem Kreis der Lieferanten." Erschreckend, wie naiv diese Politiker sein können. Natürlich wird die Provision, die er erhielt, auf den Preis draufgeschlagen. Und damit zahlt dann doch die öffentliche Hand – also der Steuerzahler – seine Provision.

Zurück zu Burda: Der Fall zeigt die Verstrickung zwischen Medien und Politik …

…was sich weniger am Deal selbst, sondern anhand der medialen Reaktion erkennen lässt. Für Burda war das alles kein großes Thema, für die anderen Medien auch nicht. Ich habe nicht eine Rücktrittsforderung gehört. Man legt sich nicht unbedingt mit dem BMG an, wenn man dem BMG Produkte verkauft.

Sie haben sich in der Vergangenheit viel mit der Rolle der Medien befasst, ein Schwerpunkt war die Desinformation. Erkennen Sie in der COVID-19-Krise Parallelen?

Offen gestanden erkenne ich derzeit vor allem Chaos – sowohl beim Krisenmanagement als auch in der Kommunikation. Die Bundesregierung ist mit der Situation heillos überfordert.

Sie rechtfertigt sich oftmals damit, dass es eine völlig neuartige Situation sei.

Entschuldigen Sie, aber das ist doch Blödsinn! Als ob es in der Politik für alles ein Handbuch gäbe. Die Regierung hat Tausende von Beamten, Deutschland hat Spitzeninstitute, hochkarätige Experten, wir haben enorme Ressourcen – und dann kriegen wir eine Pandemie nicht in den Griff? Stellen Sie sich vor, wir hätten es mit einem wirklich tödlichen Virus zu tun! Die Politik braucht ja gar keine Ahnung von der Materie zu haben. Die zuständigen Minister und Ministerpräsidenten müssen auch keine Pandemie-Experten sein, sie müssen Krisenmanager sein – oder zumindest jemanden einsetzen, der das kann. Und sie müssen auf Leute hören, die was von dem Thema verstehen. Aber stattdessen beraten die Ministerpräsidenten, ob jetzt Friseure öffnen dürfen, ob Baumärkte oder lieber Gartencenter geschlossen bleiben und was weiß ich nicht alles. Und auf welcher Grundlage? Je nach dem, von welcher Lobbygruppe sie gerade den meisten Druck bekommen. 

Und welche Rolle spielen die Medien dabei?

Ich glaube, dass die Medien zunächst ein riesiges Geschäft witterten. Corona war der neue Sex. Und Sex sells. Vergessen Sie nicht, dass nahezu alle großen Medien in Deutschland seit Jahren mit massiven Einbußen zu kämpfen hatten – da kam dieses Thema, die Pandemie, zur rechten Zeit. Man hat dann nahezu ein Jahr lang Hofberichterstattung betrieben – alles, was aus dem Kreis der Bundesregierung kam, wurde verbreitet. Die kritische Betrachtung fehlte über Monate hinweg.

Wieso das?

Die Presse – jedenfalls ein großer Teil von ihr – hat sich schon vor Jahren mit der Politik ins Bett gelegt. Da werden Journalisten zu Empfängen geladen, man geht "vertraulich miteinander essen". Das Zuspielen vermeintlich vertraulicher Dokumente ist so ein Beispiel. Niemand – und da können Sie sicher sein – wird dem Spiegel oder Focus wirklich geheime Papiere aus den Ministerien zukommen lassen. Wer das tut, riskiert seine Beamtenbezüge, die Pension und – schlimmstenfalls – ein Verfahren wegen Geheimnisverrat. Wir haben dagegen – ebenso wie die Amerikaner oder auch China und Russland – Abteilungen, die Informationen wohldosiert an die jeweils richtigen Medien streuen. Als "Verschlusssache" verpackt landen sie dann relativ schnell auf den Tickern der Nachrichtenagenturen als "eigene Story" jenes Mediums, das sie erhalten hatte. Die Politik spielt mit den Eitelkeiten dieser Journalisten.

Sie sagen also, dass die Presse nicht nur in der Corona-Krise versagt hat, sondern grundsätzlich?

Ich sehe bei der Presse grundsätzlich zwei Probleme. Zum Ersten fehlt mir – wie oben beschrieben – die kritische Distanz, ich würde sogar sagen die Unabhängigkeit. Zum Zweiten musste ich immer öfter feststellen, dass einzelne Medien ihre eigene Position entwickeln und diese dann verfechten. Sie verfolgen also eine eigene Agenda. Das Paradoxe daran ist, dass die Medien sich darüber beklagen, sie würden Teile der Bevölkerung nicht mehr erreichen, weil diese in einer Filterblase lebten. Dabei leben sie selbst in einer.

Können Sie das näher ausführen?

Ich gebe Ihnen ein Beispiel. Kürzlich rief mich ein Freund an und beklagte sich über einen Podcast, den er gehört hatte. Es ging um Prostitution, und die Journalistin hatte zu dem Thema ganz offenkundig eine abgeschlossene Meinung. Alle, die sie interviewt hatte, schlugen in dieselbe Kerbe: Prostitution gehöre verboten, Freier bestraft. Man kann diese Position durchaus vertreten. Aber es wurde niemand interviewt, der eine andere Meinung vertrat. Dabei gibt es auch für die andere Seite gute Argumente und glaubhafte Fürsprecher. Natürlich kann man so arbeiten, aber das ist dann kein Journalismus mehr. Das ist dann Propaganda. Finanziert wurde die Sendung übrigens aus GEZ-Gebühren.

Viele Menschen stehen den sogenannten etablierten Medien inzwischen äußerst kritisch gegenüber.

…was mich nicht im Geringsten wundert. Sie leben größtenteils in ihrer eigenen Blase. Sie haben ihre eigene Agenda und halten ihre Position nicht selten für die einzige Wahrheit.

Das klingt nicht besonders demokratisch.

Es gibt gute Journalisten. Es gibt guten Journalismus. Bisweilen bringen auch die etablierten Medien gute Storys. Aber das System ist gewaltig in Schieflage geraten.

Ihr Buch findet in den Medien keinerlei Beachtung.

Auch das wundert mich nicht. Es passt der Regierung nicht. Und es kommt nicht aus der Etablierten-Ecke. Von daher versucht man es kleinzuhalten. Stellen Sie sich vor, so ein Buch würde ein Bestseller. Dann müssten alle darüber reden. Gott behüte!

Herr Saar, wir danken Ihnen für dieses dritte Interview.

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Anmerkung der Redaktion: Bei Ludwig Saar handelt es sich um ein Pseudonym. Die Identität des Buchautors ist RT DE bekannt. 

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