Bundestag stimmt für europäische Corona-Schuldenunion – 1,8 Billionen Euro bis 2027 geplant
Der Bundestag hat am Donnerstag mit großer Mehrheit dem Schuldenfinanzierungssystem der EU "Next Generation EU" bis zum Jahr 2027 zugestimmt. Die Europäische Kommission wird dabei im Eigenmittelbeschluss ermächtigt, Mittel bis zu einem Betrag von 750 Milliarden Euro am Kapitalmarkt aufzunehmen. Insgesamt sollen der EU bis Ende 2027 rund 1,8 Billionen Euro zur Verfügung stehen.
Beim Finanzierungssystem der Europäischen Union geht es darum, wie viel Geld der Gemeinschaft in den kommenden Jahren zur Verfügung steht und aus welchen nationalen Töpfen dieses genommen wird. CDU und CSU halten die gemeinsame Schuldenaufnahme in der EU für eine einmalige Ausnahme. Die SPD wertet sie ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl hingegen als Zeichen für eine Fiskalunion, also eine gemeinsame Finanzpolitik aller EU-Länder inklusive gemeinsamer Schulden, die der finanziellen Souveränität der einzelnen EU-Staaten jedoch im Wege steht. Im Bundestag führte das zu einer heftigen Debatte:
So äußerte sich Peter Boehringer von der AfD:
"Der vorliegende Gesetzentwurf ist im negativen Sinne historisch. Er markiert den letzten Schritt in die illegale Fiskalunion, was alle gegenteiligen Versprechen seit den 1990er-Jahren bricht. Es gab und gibt keine Rechtsgrundlage für diese EU-Verschuldung, dazu noch in extremer Höhe. Wenn dieser Damm einmal gebrochen ist, dann wird Brüssel immer wieder riesige, begrenzte Einzelsummen zulasten deutscher Bonität aufnehmen und sie großzügig umverteilen. Die europäische Finanzverfassung wird in eine illegale Schulden- und Transferunion umgebaut. 'Next Generation EU' müsste man mit 'EU-Schulden für die nächsten Generationen' übersetzen. Dabei sagte das Verfassungsgericht schon 2012 sinngemäß: Der Bundestag darf keinen Mechanismen zustimmen, die auf eine Haftungsübernahme für die Willensentscheidungen anderer Staaten hinauslaufen. Von den Geldgeschenken fließen übrigens nur 28 Milliarden an Deutschland zurück, obwohl wir das vierfache bezahlen und das dreißigfache behaften. Es ist alles absurd."
FDP-Abgeordneter: AfD wird von Moskau gesteuert
Der FDP-Abgeordnete Christian Dürr, der vorher den ursprünglichen Entwurf des Staatsministers im Auswärtigen Amt Michael Roth (SPD) als SPD-Wahlkampf bezeichnete und betonte, dass ohne die nun eingeführten Kontroll- und Haftungsmechanismen kein freier Demokrat den "Aufbau-Fonds" zustimmen würde, erklärte am Ende seiner Rede gegenüber der AfD:
"Ich will das in aller Klarheit in Richtung der AfD sagen. Welche Interessen Sie hier in Europa vertreten, ist total klar. Zum zweiten Mal hat ja gerade eine Delegationsreise von Ihnen nach Moskau innerhalb weniger Monate stattgefunden. Herr Frohnmaier, das sagt ja die russische Regierung selber, steht unter absoluter Kontrolle als Bundestagsabgeordneter durch die russische Regierung. Wir, die FDP, wollen lieber mit anderen EU-Staaten über Reformen sprechen, als wie Sie Befehle und Losungen aus Moskau erhalten."
Alexander Ulrich, Die Linke, resümierte dagegen:
"Diese Debatte zeigt, dass die Koalition am Ende ist. Wir bekennen uns zu diesen Aufbaufonds. Er ist noch ein bisschen zu klein. Wir hätten uns gewünscht, dass er noch höher ausfällt. Aber insgesamt reden wir über 1,8 Billionen Euro, das ist eine große Summe. Wir hätten uns gerne als Linke unterhalten, wer denn diese Corona-Hilfen bezahlt. Dieser Frage geht das Parlament aus dem Weg. Und auch bei den Corona-Hilfen in Deutschland geht das Parlament dieser Frage aus dem Weg. Wer bezahlt am Schluss für diese Krise? Und wir sagen eindeutig: Wir müssen ein deutliches Zeichen setzen, dass die Vermögenden, die Reichen und die Konzerne für diese Krise zahlen und nicht wieder Sozialabbau betrieben wird oder die Investitionsschraube angezogen wird. Daher brauchen wir eine Vermögensabgabe, Vermögensteuern und Amazon, Google und Co. müssen mal richtig an die Kette genommen werden. Und auch die Steueroasen müssen ausgetrocknet werden."
Eine ganz andere Perspektive nahm Franziska Brantner von den Grünen ein:
"Europa steckt in der schwersten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg und deswegen ist heute ein guter Tag, weil wir den neuen EU-Haushalt mit dem Wiederaufbaufonds heute hier ratifizieren. Und damit beweisen wir, dass die EU auch handlungsfähig ist in Krisenzeiten. Von Bergamo bis Prag, bis Amsterdam, wir lassen keine europäischen Freunde im Stich und das ist das Signal, was wir hier alle, fast alle aus dem Bundestag heute senden. Und das ist gut, dass der Wiederaufbaufonds gute Kriterien hat für die Vergabe. 37 Prozent für das Klima, 20 Prozent für die Digitalisierung. Das sind Investitionen in die Zukunft."
In namentlicher Abstimmung votierten 478 Abgeordnete für den Entwurf, 95 lehnten ihn ab, es gab 72 Enthaltungen. In zweiter Beratung hatten die Koalitionsfraktionen, die FDP und die Grünen dafür gestimmt. Die AfD votierte dagegen, die Linksfraktion enthielt sich. Die EU-Kommission kann mit der Aufnahme der Kredite und der Auszahlung aber erst beginnen, wenn alle 27 EU-Staaten den Beschluss ratifiziert haben.
Nachtrag: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier darf das Ratifizierungsgesetz über den gemeinsamen EU-Fonds zur Bekämpfung der "Corona-Krise" vorerst nicht unterzeichnen. Grund ist eine mit dem Eilantrag verbundene Verfassungsbeschwerde gegen den enthaltenen 750 Milliarden Euro schweren Corona-Wiederaufbaufonds, die ein Bündnis um den früheren AfD-Chef Bernd Lucke kurz zuvor eingereicht hatte, wie am Freitag u.a. der Spiegel berichtet. Der vorläufige Stopp gilt bis zur Entscheidung über den Eilantrag.
Mehr zum Thema - Finanzminister Olaf Scholz meidet das Unwort: Steuererhöhung
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.