Deutschland

Bundesregierung finanziert Militär-Lkw und Pistolen-Munition über Corona-Paket

Das Corona-Konjunkturpaket wurde laut Bundesregierung auf den Weg gebracht, um "direkte Folgen der Pandemie" zu bekämpfen und "wirtschaftliche und soziale Härten" abzufedern. Genutzt wird es nach einem Medienbericht auch, um die Aufrüstung der Bundeswehr voranzutreiben.
Bundesregierung finanziert Militär-Lkw und Pistolen-Munition über Corona-PaketQuelle: www.globallookpress.com © Sven Eckelkamp via www.imago-images.de

Die Bundesregierung versucht die Corona-Krise "zu nutzen, um die Militärausgaben noch weiter hochzufahren". Diese These vertritt Tobias Pflüger, stellvertretender Linken-Parteivorsitzender und verteidigungspolitischer Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, in der März-Ausgabe der Informationsstelle Militarisierung e. V. AUSDRUCK – Das IMI-Magazin  (März 2021). Neben dem offiziellen Militärhaushalt gebe es laut Pflüger Pläne für eine Art "Schatten-Militärhaushalt", bei dem zentrale und milliardenschwere Rüstungsaufträge über die Allgemeine Finanzverwaltung finanziert werden sollen. Kleinere Rüstungsprojekte werden schon jetzt über das Corona-Konjunkturpaket abgewickelt – so zum Beispiel die Anschaffung von Pistolen-Patronen für die Bundeswehr im Wert von 10,5 Millionen Euro.

Pflüger zitiert aus dem Papier des Corona-Konjunkturpakets vom Juni 2020. Darin wird explizit aufgeführt, dass in der Höhe eines Projektvolumens von 10 Milliarden Euro auch Rüstungsprojekte gefördert werden sollen. Wörtlich heißt es im Konjunkturpaket:

"Der Bund wird in allen Bereichen prüfen, inwieweit geplante Aufträge und Investitionen jetzt vorgezogen werden können. Insbesondere sollen Digitalisierungsvorhaben in der Verwaltung, Sicherheitsprojekte sowie neue Rüstungsprojekte mit hohem deutschen Wertschöpfungsanteil, die noch in den Jahren 2020 und 2021 beginnen können, sofort umgesetzt werden. (Projektvolumen: 10 Mrd. Euro)."

Die Zeitschrift Europäische Sicherheit & Technik konkretisiert:

"Nach einer Übersicht des Bundesfinanzministeriums sollen Projekte der Bundeswehr mit 3,2 Mrd. Euro aus dem Konjunktur- und Zukunftspaket der Bundesregierung finanziert werden. Das Paket hatte die Bundesregierung im Juni 2020 beschlossen, um die heimische Wirtschaft bei der Bewältigung der Folgen der Corona-Pandemie zu unterstützen."

Aus diesem Paket konnten laut Pflüger kleinere Projekte, die eine Marke von 25 Millionen Euro nicht überschritten, direkt finanziert werden. Größere Projekte benötigten eine Bewilligung vom Verteidigungs- und Haushaltsausschuss. Darunter fiel etwa die Neuanschaffung von Militär-Lkw in Höhe von 800 Millionen Euro und die Anschaffung von Pistolen-Patronen im Wert von 10,5 Millionen Euro.

Neben den vorgezogenen Rüstungsprojekten finden sich im Corona-Paket zusätzlich noch 500 Millionen Euro für ein neues Cyberzentrum der Bundeswehr. Im Originaltext heißt es:

"Die Fähigkeit zu souveränem Handeln im Cyber- und Informationsraum ist untrennbar mit digitaler Souveränität verbunden. Daher wollen wir ein Zentrum für Digitalisierungs- und Technologieforschung der Bundeswehr aufbauen, um die nationale Verfügbarkeit digitaler und technologischer Innovationen für öffentliche und private Bereiche zu verbessern und innovative und interdisziplinäre Forschung in einem sicheren Umfeld zu betreiben. (Finanzbedarf: 0,5 Mrd. Euro)"

Outsourcing von Rüstungsprojekten aus dem Militärhaushalt

Pflüger argumentiert in seinem Artikel, wie das Bundesverteidigungsministerium versucht, mehr Finanzmittel für Rüstungsprojekte zu erlangen. Anfang Februar offenbarten vertrauliche und dennoch vom Spiegel veröffentlichte Dokumente der "Finanzbedarfsanalyse 2022", dass auf Basis des bisherigen Militärhaushalts die NATO-Planziele nicht zu erreichen seien. Der Spiegel berichtete, um "den kompletten Bedarf bis 2026 zu decken", müsste der Verteidigungshaushalt "im nächsten Jahr um 9 Milliarden Euro erhöht werden, 2024 um 15,9 Milliarden und zwei Jahre später sogar um 20,7 Milliarden".

Derartige Erhöhungen des Militärhaushalts seien aber nur schwer politisch durchsetzbar. Schon 2021 lag der von der Bundesregierung vorgeschlagene Militärhaushalt auf einem Rekordwert von 46,9 Milliarden Euro – 2000 lag er noch bei 24,3 Milliarden Euro, 2010 bei 31,1 Milliarden Euro.

In seinem Artikel berichtet Pflüger über eine weitere Option für die Bundesregierung, um über den offiziellen Militärhaushalt hinaus weiteren finanziellen Spielraum für Rüstungsprojekte zu gewinnen. So habe der Bundestagsabgeordnete Reinhard Brandl (CSU) in einer Sitzung des Verteidigungsausschusses angeregt, dass die milliardenschweren Rüstungsprojekte FCAS ("Future Combat Air System", ein bemanntes Mehrzweckkampfflugzeug der sechsten Generation als Zukünftiges Luftkampfsystem) und MGCS ("Main Ground Combat System", der geplante europäische Kampfpanzer als Leopard-Nachfolger) über den Einzelplan 60 (Allgemeine Finanzverwaltung) finanziert werden sollen. Pflüger argumentiert:

"Sollte dies umgesetzt werden, entstünde mit dem Einzelplan 60 ein zweiter Schatten-Militärhaushalt, da ja auch geplant ist, dort z.B. auch die Ausgaben für den Europäischen Verteidigungsfonds (EVF) einzustellen."

Für den stellvertretenden Vorsitzenden der Partei Die Linke ist die Schlussfolgerung klar: Das Corona-Konjunkturpaket stellt "eine zusätzliche Finanzspritze für den Militärhaushalt" dar. Und über ein "Outsourcing von Rüstungsgroßprojekten", etwa über die Allgemeine Finanzverwaltung, lässt sich das Militärbudget weiter ausdehnen.

"Zusammengefasst soll Corona als Brandbeschleuniger für die Rüstungsausgaben genutzt werden. Sie können natürlich nicht erklären, was diese Pistolen oder diese LKWs, die nun aus dem Coronapaket finanziert werden, konkret mit der Pandemie zu tun haben, trotzdem werden sie nun darüber bezahlt – und das eben zusätzlich zu dem, was im Militärbereich ohnehin bereits finanziert wird. Die Bundeswehr und die Rüstungsindustrie als Pandemiegewinner, das ist besonders in einer Zeit, in der endlich mehr als offensichtlich geworden sein sollte, dass wir Gelder für ganz andere Dinge benötigen, ein Skandal!"

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