"Eine gute Nachricht": AstraZeneca-Impfstoff nun auch für über 65-Jährige empfohlen
Am Samstag sorgte der Fall einer Österreicherin für weitere Zweifel am Vakzin des britisch-schwedischen Herstellers AstraZeneca. Die 49-jährige Krankenschwester am Landesklinikum Zwettl starb kurz nach der Impfung mit AstraZeneca. Wenige Tage zuvor wurde ein ähnlicher Fall bekannt: Kurz nach der Zweitimpfung mit dem Wirkstoff verstarb ein 64-jähriger Arzt aus Brixen. In beiden Fällen ist die genaue Todesursache noch unbekannt. Immer wieder lassen Berichte über zum Teil erhebliche Nebenwirkungen Zweifel an der Qualität des COVID-19-Impfstoffes von AstraZeneca aufkommen.
Das für die Sicherheit von Impfstoffen zuständige Paul-Ehrlich-Institut (PEI) gab derweil jedoch am Freitag Entwarnung. Demzufolge sei der Impfstoff von AstraZeneca ebenso gut wie die Vakzine von BioNTech/Pfizer und Moderna, wenngleich für den Vektorimpfstoff mehr Verdachtsfälle gemeldet würden als für die beiden mRNA-Vakzine der letztgenannten Marken – deren COVID-19-Präparate ebenfalls in Rekordzeit entwickelt wurden und auf der nun erstmals bei Menschen Anwendung findenden mRNA-Technologie basieren.
Die Melderate unerwünschter Reaktionen sei bei AstraZeneca "vergleichsweise höher", berichtete das PEI. Daraus könne aber "nicht zwangsläufig auf eine höhere Reaktogenität des Impfstoffes geschlossen werden, da die erhöhte Melderate auch mit der erhöhten medialen Aufmerksamkeit für den Impfstoff und den unterschiedlichen Altersgruppen der geimpften Personen zusammenhängen könnte".
Zudem seien viele Meldungen als "gefühlt schwerwiegend" gemeldet worden, obwohl es sich beispielsweise nur um vorübergehendes Fieber gehandelt habe. In Großbritannien etwa gebe es dem PEI zufolge keinen großen Unterschied bei den gemeldeten Nebenwirkungen der unterschiedlichen Impfstoffe.
Die unerwünschten Reaktionen nach einer Impfung mit einem der drei Produkte seien "vor allem vorübergehende Lokalreaktionen und Allgemeinreaktionen", heißt es weiter. Darüber sei bereits in den klinischen Prüfungen vor der Zulassung berichtet worden. Bei AstraZeneca seien vor allem Fieber, Schüttelfrost und grippeähnliche Beschwerden gemeldet worden. "Vereinzelte anaphylaktische Reaktionen" nach diesem Impfstoff "sind zu diskutieren".
Was die Wirksamkeit von AstraZeneca anbelangt, meldete die Ständige Impfkommission des Robert Koch-Instituts (STIKO) Ende Januar zunächst Bedenken an. So sei die Wirksamkeit des AstraZeneca-Vakzins AZD1222 bei Älteren nicht ausreichend belegt. Daher war die Empfehlung ausgegeben worden, den Vektorimpfstoff nur bei 18- bis 64-Jährigen anzuwenden.
Nun empfiehlt die STIKO die Verabreichung des Vakzins auch für Menschen ab 65 Jahren und teilte am Donnerstag mit, die Impfung mit dem Mittel "für alle Altersgruppen, entsprechend der Zulassung, zu empfehlen".
"Angesichts der außergewöhnlichen Situation und des großen, verständlichen Informationsbedürfnisses der Bevölkerung teilt die STIKO – trotz des noch vorgeschriebenen Stellungnahmeverfahrens – vorab mit, dass sie gestern beschlossen hat, die Impfung mit dem AstraZeneca-Impfstoff für alle Altersgruppen, entsprechend der Zulassung, zu empfehlen."
Man spricht sich zudem dafür aus, die zweite Impfdosis erst nach drei Monaten – und nicht, wie bisher empfohlen, nach sechs Wochen zu verimpfen.
Die Wende um 180 Grad beruhe dabei auf einer intensiven Analyse und Bewertung von neuen Studiendaten, die erst innerhalb der vergangenen Tage als Vorab-Publikationen verfügbar wurden, hieß es am Donnerstag seitens des RKI.
"Die Daten, die im Rahmen der breiten Anwendung des Impfstoffes in England und Schottland erhoben wurden, liefern erstmals robuste Ergebnisse zur guten Wirksamkeit des Impfstoffes in höheren Altersgruppen bereits nach einer Impfstoffdosis."
Die Wirksamkeit sei nun eindrücklich belegt worden.
Offiziell wurden bis dato 8.368 Verdachtsfälle zum Vakzin des Herstellers BioNTech/Pfizer gemeldet, 484 zum Vakzin aus dem Hause Moderna und 2.765 zum Präparat des britisch-schwedischen Herstellers AstraZeneca. In rund 300 weiteren Fällen sei der Impfstoff nicht angegeben worden. "Die Melderate betrug für die drei Impfstoffe zusammen 2,0 pro 1.000 Impfdosen", berichtete das PEI. Insgesamt wurden, bezogen auf alle drei Impfstoffe, demzufolge 16,8 Prozent der Meldungen als schwerwiegend und 83,2 Prozent als nicht schwerwiegend klassifiziert.
Durch die nun von der STIKO ausgesprochene Empfehlung des AstraZeneca-Impfstoffes gewinnt die Impfstrategie der Bundesregierung an neuer Dynamik. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zeigte sich erfreut:
"Das ist eine gute Nachricht für alle Älteren, die auf eine Impfung warten. Sie können schneller geimpft werden."
Im Fall der nach einer Impfung mit dem AstraZeneca-Impfstoff verstorbenen österreichischen Krankenschwester soll nun eine Obduktion Klarheit über die Todesursache bringen.
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