Spahn und Wieler warnen: "Das Virus gibt nicht einfach auf"
Drei Wochen vor dem mutmaßlichen Ende des Lockdowns dämpften Gesundheitsminister Jens Spahn und der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI) Lothar Wieler am Freitag die aufkeimende Zuversicht in weiten Teilen der Bevölkerung. So sei statt einer weiter sinkenden Zahl an positiv auf SARS-CoV-2 getestete Personen nun eher eine Seitwärtsbewegung auszumachen, erklärte Spahn.
Laut Wieler ist in den kommenden Wochen mit mehr "Corona-Ausbrüchen" zu rechnen.
"Wir stehen möglicherweise erneut an einem Wendepunkt. Der rückläufige Trend der letzten Wochen setzt sich offenbar nicht mehr fort."
Die Fallzahlen stagnierten, in vielen Bundesländern sei ein Plateau entstanden. Doch das sei zu hoch. Zwar wisse man noch nicht, "ob die besorgniserregenden Varianten dabei eine Rolle spielen", der Anteil der britischen Virusvariante B 1.1.7. steige jedoch rasant an. Spahn pflichtete ihm bei.
"Das Virus gibt nicht einfach auf".
Der Veterinärmediziner und RKI-Chef Wieler zeigte sich auch besorgt, was die jüngsten Mitglieder der Gesellschaft anbelangt.
"Es werden auch mehr junge Erwachsene, Jugendliche und auch Kinder erkranken. Wir müssen uns darauf einstellen, dass die Bekämpfung der Pandemie dadurch auch schwieriger wird."
Es werde schwieriger, das Ziel eines niedrigen Inzidenz-Niveaus zu erreichen. Nun gelte es, mögliche Lockerungen genau zu überdenken.
"Jede unbedachte Lockerung beschleunigt das Virus und wirft uns zurück. Dann stehen wir in ein paar Wochen genau wieder an dem Punkt, wo wir Weihnachten waren."
Wieler appellierte erneut an die Bundesbürger, Kontakte auf das Nötigste zu beschränken, sich möglichst draußen zu treffen, möglichst nicht zu verreisen sowie Masken über Mund und Nase zu tragen.
"Auch im Büro, im Auto und in öffentlichen Verkehrsmitteln."
Das Virus habe eine "Boost" erhalten und mache "große Sprünge". Daher warnte er davor, nun "rückwärtszugehen". Alle Maßnahmen wirkten aber auch gegen neue Virusvarianten. Deshalb gebe keinen Grund, sich entmutigen zu lassen.
"Wer eine Impfung angeboten kriegt, sollte sie auch annehmen", erklärte der Mediziner.
Alle Impfstoffe in Deutschland seien sicher und wirksam, und sie schützten. Am Donnerstag verglich Wieler die Lage mit einem Wettrennen zwischen Impfungen und dem Auftreten neuer Virusvarianten. Je schneller nun geimpft werde, desto schneller ließe sich die wieder bedrohliche Situation unter Kontrolle bekommen.
Auch Gesundheitsminister Spahn erklärte, dass bislang fünf Millionen Impfungen verabreicht worden seien. Bis Ende nächster Woche würden noch einmal die gleiche Zahl an Impfdosen ausgeliefert sein.
Derweil werden im Ursprungsland der Variante B 1.1.7. Großbritannien ungeahnte Erfolge verzeichnet. So ging in England die Zahl der positiv auf das Coronavirus Getesteten laut einer Studie des Imperial College London seit Anfang Januar um rund zwei Drittel zurück. Verantwortlich für den Rückgang sei der verhängte Lockdown. Die zunehmende Zahl der Geimpften habe dahingegen noch nicht zu Buche geschlagen.
Der Lockdown sei demzufolge auch dafür verantwortlich, dass die auch durch die Mutante B 1.1.7. schnell angestiegene "Infektionswelle" genauso schnell wieder abgeflaut sei. Es gelte dabei auch zu beachten, dass "es auch in etlichen anderen Ländern im Winter zu einer Zunahme der Infektionen gekommen" sei.
Das Redaktionsnetzwerk Deutschland verweist auf Daten des britischen Statistikamtes wonach die "Infektionen" sowohl mit der neuen als auch mit der alten Variante des Coronavirus abgenommen hätten.
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