Deutschland

Trotz "Jahrhundert-Pandemie" weder Masken noch Lockdown in deutschen Serien und Filmen

In der deutschen Film- und Serienproduktion ist Spahns "Jahrhundert-Pandemie" noch nicht angekommen. Produzenten erklären: Die Zuschauer sollen eine Fluchtmöglichkeit aus der Realität haben. Aus Hygienegründen werden Bettszenen und Umarmungen aber gestrichen.
Trotz "Jahrhundert-Pandemie" weder Masken noch Lockdown in deutschen Serien und FilmenQuelle: www.globallookpress.com © Rolf Vennenbernd / dpa

Während Corona, Einschränkungen und Lockdown den Alltag seit fast einem Jahr prägen, ist davon im deutschen Fernsehprogramm wenig zu sehen. Spielfilme und Serien sind nahezu unberührt von der Thematik. Die Charaktere tragen keine Masken, halten keinen Abstand, ihr Alltag funktioniert ohne Lockdown. Einige Auswirkungen gibt es dennoch – bedingt durch die Einschränkungen, die für Schauspieler gelten.

Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) erläutert Christoph Pellander, Redaktionsleiter bei der ARD-Tochter Degeto, dass es dafür zum Teil pragmatische Gründe gibt:

"Von der ersten Idee bis zur Umsetzung braucht ein Stoff bis zu 18 Monate Entwicklungszeit."

Viele der Drehbücher aktueller Produktionen stammen noch aus dem Jahr 2019, als "COVID-19 noch gar nicht Teil unserer Alltagskultur war". Daher sei den ausgestrahlten Filmen und Serien meist nicht anzusehen, dass sie unter den Bedingungen von Corona-Einschränkungen und Lockdown produziert wurden, so Pellander. 

Aber auch für 2021 sind laut dem RND nur wenige Produktionen geplant, in denen die Mitwirkenden Mund-Nasen-Schutz tragen. Die Filme und Sender werden demnach nicht nur für eine Ausstrahlung produziert, sondern sollen auch die Nebenprogramme füllen – bei der ARD zum Beispiel die Dritten und One, beim ZDF der Ableger Neo. Die Wiederholungen sollen sogar noch im Jahr 2030 funktionieren. Eine zeitliche Identifikation auf die Zeit, in der Masken obligatorisch waren, soll vermieden werden. Denn jeder Film soll die Illusion einer in sich geschlossenen eigenen Welt wecken. Das RND schreibt:

"Wenn die Pandemie, was alle hoffen, in einigen Jahren ein bewältigtes Phänomen sein wird, würden Gesichtsbedeckungen diese filmische Illusion umgehend zerstören, weil den allermeisten Zuschauern Gedanken wie diese durch den Kopf gehen würden: 'Ach klar, Corona! Lange her'."

Bereits im Juli 2020 begründete Johannes Züll von der Produktionsfirma Studio Hamburg, die unter anderem das "Großstadtrevier" und die Telenovela "Rote Rosen" produziert, dass man das Thema Corona bewusst nicht aufgreife. Man wolle den Zuschauern eine Flucht aus dem Alltag ermöglichen (Eskapismus: Realitätsflucht).

"Wir alle sehen, dass bei den Zuschauern auch eine Form von Eskapismus vorhanden ist. Man möchte sich gar nicht so mit tagesaktuellen Problemen auseinandersetzen, sondern eben auch mal fliehen. […] Zweitens sind Serien repertoirefähig, das heißt, sie werden als Wiederholungen auf anderen Sendeplätzen auch noch in einigen Jahren eingesetzt werden, wenn es – hoffentlich – kein Corona mehr gibt."

Bavaria Fiction, das die "Die Rosenheim-Cops" und "Sturm der Liebe" produziert, teilte dem RND mit: "Eine Pandemie passt inhaltlich nicht zur Ausrichtung der beiden Serien." Darum finde Corona dort nicht statt. "Sturm der Liebe" sei ein modern erzähltes Märchen, und "die Rosenheim-Cops legen mit Witz und Charme vor der malerischen Kulisse des Alpenvorlandes den Bösewichtern das Handwerk". In beiden Serien sollen "die Zuschauer bewusst vom Alltag abschalten und in eine fiktionale Welt eintauchen, die Sorgen und Nöte der realen Welt bleiben außen vor".

Bei anderen Serien wird eine mögliche zukünftige Einflechtung der Corona-Thematik erwogen – so zum Beispiel bei den Serien "Um Himmels Willen", "Der Bergdoktor" und "Die Bergretter", die alle von der Firma ndf produziert werden. Ebenso erklärte ein Sprecher von Filmpool Fiction, das den "Polizeiruf Rostock" dreht, man sei nicht abgeneigt, die Pandemie "filmisch umzusetzen".

Sichtbar werden Corona-Einschränkungen für aufmerksame Zuschauer dennoch. Beispielsweise wurden in der ARD-Serie "Rote Rosen" Bettszenen und Umarmungen aus den Drehbüchern gestrichen – zum Schutz der Schauspieler. Das trifft auch auf die RTL-Serie "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" zu. Die Sprecherin des Filmunternehmens UFA, das die Serie produziert, erklärte dem RND, dies gehöre zu den "umfassenden Maßnahmen, um die Sicherheit der Schauspieler und des gesamten Teams zu gewährleisten".

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