Gewerkschaften fordern 1.200 Euro Mindest-Kurzarbeitergeld und deutliche Erhöhung von Hartz IV
Hunderttausende Beschäftigte etwa in Hotels, Cafés, Restaurants oder Kinos seien erneut in Kurzarbeit oder hätten ihre Arbeit verloren, heißt es in einem offenen Brief der Gewerkschaften an die Bundesregierung und die Parteien der Großen Koalition. Oft reiche das Geld vorne und hinten nicht, ohne eigenes Verschulden gerieten diese Menschen in existenzgefährdende Notlagen. Um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, starteten die beiden Gewerkschaften auch eine Online-Petition.
"Unsere Kolleginnen und Kollegen brauchen in dieser dramatischen Situation Ihre Unterstützung: Wir fordern für sie die Einführung eines branchenunabhängigen Mindest-Kurzarbeitergeldes von 1.200 Euro." Begründet wird die Forderung damit, dass viele Beschäftigte erst im Februar oder März Anspruch auf ein coronabedingt erhöhtes Kurzarbeitergeld erreichen würden und deshalb zurzeit mit Hilfen im Niedriglohnbereich über die Runden kommen müssten.
Hintergrund ist eine Sonderregelung für das Kurzarbeitergeld, die von der großen Koalition im Zuge der Pandemie beschlossen wurde. Normalerweise bekommen Beschäftigte auf Kurzarbeit 60 Prozent des Lohns, Berufstätige mit Kindern von 67 Prozent. Um Härten bei für Menschen abzufedern, die länger nicht zur Arbeit können, hatte die Koalition die Regel eingeführt, dass sich das Kurzarbeitergeld ab dem vierten Monat Kurzarbeit auf 70 und 77 und ab dem siebten Monat auf 80 beziehungsweise 87 Prozent des Lohns erhöht.
"Arm sein ist teuer"
Ein breites Bündnis von 36 Gewerkschaften und Verbänden fordert angesichts der Corona-Pandemie zudem auch eine Anhebung der Regelsätze von Hartz IV und Altersgrundsicherung auf mindestens 600 Euro sowie sofortige zusätzliche Corona-Hilfen für arme Menschen. Zu den Unterzeichnern der Forderung gehören unter anderem die Gewerkschaft verdi, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, die AWO, der Sozialverband VdK und die Diakonie.
"Wir dürfen nicht zulassen, dass sozial benachteiligte Menschen durch und in der Corona-Pandemie weiter an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden", sagte der Präsident des Sozialverbands Deutschland, Adolf Bauer. "Wir erwarten von dieser Bundesregierung ohne wenn und aber und ohne weitere Ausflüchte, dass sie endlich auch etwas für die Armen tut, das wirklich Substanz hat. Arm sein ist teuer, Symbolpolitik können wir uns nicht mehr leisten", so der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, Ulrich Schneider.
Der Hartz-IV-Regelsatz für Alleinstehende liegt seit dem 1. Januar bei 446 Euro. Paare erhalten pro Partner 401 Euro. Neben der Erhöhung auf 600 Euro fordert das Bündnis "Soforthilfe für die Armen - jetzt!" einen "pauschalen Mehrbedarfszuschlag" für die Dauer der Corona-Krise von 100 Euro. Alle Kinder und Jugendlichen in Familien mit niedrigen Einkommen sollten Hard- und Software sowie weitere Lernmittel erhalten, die für die Nutzung der digitalen Bildungsangebote der Schulen notwendig sind. Zudem wird ein Kündigungsschutz für Mieter gefordert, "um sicherzustellen, dass niemand aufgrund pandemiebedingter Einkommensverluste die Wohnung verliert."
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(rt/dpa)
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