Terroranschlag von Halle: Attentäter zu lebenslanger Haft verurteilt
Zwei Menschen wurden im Oktober 2019 in Halle getötet, Dutzende wurden verletzt und traumatisiert. Der rechtsterroristische Anschlag sorgte weltweit für Entsetzen. Es war eines der schlimmsten antisemitischen Verbrechen der deutschen Nachkriegsgeschichte. 14 Monate danach wurde im Prozess das Urteil gesprochen.
Das Oberlandesgericht Naumburg verurteilte den rechtsextremen Attentäter zu lebenslanger Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung. Die Richter sprachen den 28-Jährigen am Montag in Magdeburg des zweifachen Mordes und des versuchten Mordes in weiteren zahlreichen Fällen schuldig und stellten außerdem die besondere Schwere der Schuld fest. Damit ist eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren so gut wie ausgeschlossen. Gegen das Urteil kann Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt werden.
Es sei ein "feiger Anschlag" gewesen, sagte die Vorsitzende Richterin Ursula Mertens bei der Urteilsverkündung am Montag. Der Angeklagte habe an vielen Stellen seine Taten und Motive relativiert. Der Mann reagierte mit einem ausdruckslosen Gesicht auf den Urteilsspruch und begann, sich Notizen zu machen.
Am 9. Oktober 2019 hatte der heute 28-jährige Deutsche Stephan Balliet versucht, am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur die Synagoge von Halle zu stürmen und ein Massaker anzurichten. Er warf Brand- und Sprengsätze und schoss auf die Zugangstür, gelangte aber nicht auf das Gelände. Vor der Synagoge ermordete er dann die 40 Jahre alte Passantin Jana L. und in einem nahe gelegenen Döner-Imbiss den 20-jährigen Kevin S.
Auf seiner Flucht schoss der Mann auf Polizisten, fuhr mit dem Fluchtwagen einen Schwarzen an und schoss in einem Dorf bei Halle einen Mann und eine Frau an, weil sie ihm ihr Auto nicht geben wollten. In einer Werkstatt erpresste der damals 27-Jährige dann ein Taxi, das die Polizei mit Hilfe des Taxifahrers orten konnte. Anschließend nahmen Polizisten ihn fest. Der Sachsen-Anhalter hat die Tat gestanden.
Mit dem Urteil folgten Mertens und die vier weiteren Richter der Forderung von Bundesanwaltschaft und Nebenklage. Der Prozess gilt als größtes Strafverfahren in der Geschichte Sachsen-Anhalts. Aus Sicherheits- und Platzgründen hatte das OLG die Verhandlung in den größten Gerichtssaal des Landes in Magdeburg verlegt.
An 25 Prozesstagen befragte das Gericht dort insgesamt 79 Zeugen und 15 Sachverständige. 45 Überlebende und Hinterbliebene hatten sich der Nebenklage angeschlossen, sie wurden von 23 Anwälten vertreten. Der Angeklagte hatte während des Verfahrens jede Reue vermissen lassen. Viel mehr betonte er, dass er weitere Menschen töten würde, wenn er die Gelegenheit dazu hätte.
Wie der Prozess zeigte, hat Stephan Balliet weder Freunde noch Hobbys. Vor dem Anschlag wohnte er abwechselnd im Haus seines Vaters und in der Wohnung seiner Mutter. Die Eltern machten vor Gericht von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch. Die Nebenklage glaubte dem Angeklagten nicht, dass seine Eltern nichts von seinen Plänen gewusst hätten. Die Waffen, die er zum Anschlag nutzte, hatte er bei ihnen gebaut und versteckt.
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(dpa/rt)
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