Rechtzeitig zum Weihnachtsfest zeigt sich die Justiz in den meisten Bundesländern milde und entlässt Hunderte Häftlinge vorzeitig aus dem Gefängnis. Die sogenannte Weihnachtsamnestie soll Häftlingen, die ohnehin rund um den Jahreswechsel entlassen werden, ein schönes Fest bescheren. Außerdem können sie dadurch Hilfsangebote und Beratungsstellen nutzen, bevor diese in die Weihnachtspause gehen.
Wie eine Umfrage der Nachrichtenagentur dpa ergeben hat, geht es dieses Jahr um mindestens 957 Inhaftierte. Demnach öffneten sich in Berlin die Gefängnistore für 124 Inhaftierte vorzeitig. In Brandenburg kamen bislang 33 Gefangene im Zuge der Weihnachtsamnestie auf freien Fuß. In Sachsen-Anhalt waren es 26, in Schleswig-Holstein 19, in Bremen und Thüringen durften jeweils sechs Menschen früher aus dem Gefängnis. In Nordrhein-Westfalen wurden 247 Häftlinge und in Baden-Württemberg 200 amnestiert. In Rheinland-Pfalz ließ die Justiz gegenüber 110 Menschen Gnade walten. In Niedersachsen profitierten 49 Männer und sechs Frauen von der Tradition. Hessen reduzierte 79 Gefängnisinsassen deren Strafe um insgesamt 1.720 Hafttage.
Für Sachsen ist die Amnestie ein Novum: Das Bundesland entlässt erstmals Häftlinge zur Weihnachtszeit – und zwar 58. In Bayern gibt es wie auch in den Vorjahren dagegen keine Weihnachtsamnestie. Das Justizministerium in München teilte der dpa mit, die Weihnachtsgnade sei gegenüber Häftlingen, deren Haftzeit zufällig zu anderen Zeiten ende, ungerecht:
"Eine rechtskräftige Strafe im Gnadenwege zu ändern, muss absoluten Ausnahmefällen vorbehalten sein und darf nicht von Zufälligkeiten des Kalenders abhängen."
In den anderen Bundesländern fällt die Entscheidung, wer begnadigt wird, nicht wahllos. Dort kommen nur Häftlinge in Frage, die in ihrer Haft nicht negativ aufgefallen sind und keine langjährige Haftstrafe verbüßen müssen. Deswegen haben Gewaltverbrecher oder Sexualstraftäter keine Chance. Erfahrungsgemäß wollen übrigens nicht alle, denen eine Amnestie angeboten wird, vorzeitig aus der Haft. So haben allein in NRW im vergangenen Jahr 69 begnadigte Häftlinge Weihnachten lieber im Gefängnis statt in Freiheit verbracht.
Obwohl in einigen Bundesländern die Zahl der vorzeitig Entlassenen noch einmal steigen könnte, sank vielerorts die Zahl der Begünstigten im Vergleich zum Vorjahr. Dass im Jahr 2019 weniger Menschen früher aus der Haft dürfen, könnte an den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie liegen: Viele Straffällige erhielten in diesem Jahr Haftaufschub, um in den Gefängnissen für Quarantäne-Maßnahmen Platz zu schaffen. So begründete es etwa das Justizministerium in NRW. (dpa)
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