Neuer Abwärtstrend im Lockdown light – Pleitewelle in der Warteschleife
von Susan Bonath
Die Wirtschaftskrise hat sich mit Corona voll entfaltet, der neue Lockdown seit Anfang November versetzte wieder mehr Beschäftigte und Kleinbetriebe in die existenzielle Schwebe. Das ergab eine am Montag veröffentlichte neue Umfrage des Ifo-Instituts München. Demnach stieg die Zahl der Firmen, die ihre Angestellten in Kurzarbeit geschickt haben, binnen eines Monats von knapp 25 auf 28 Prozent.
Vor allem Niedriglöhner in Kurzarbeit
Hotels und Reiseveranstalter seien mit über 90 Prozent Kurzarbeit besonders betroffen, gefolgt von der Gastronomie mit 72 Prozent, so die Ifo-Forscher. In der Leiharbeit verzeichnen sie zwar einen Rückgang, dies aber auf hohem Niveau von rund 64 auf 53 Prozent. In all diesen Bereichen arbeiten besonders viele Beschäftigte im Niedriglohnsektor, die Kurzarbeit dürfte sie somit besonders belasten. "Gerade in diesen vom Teil-Lockdown massiv betroffenen Branchen wird wieder sehr viel Kurzarbeit gefahren", kommentierte Ifo-Sprecher Sebastian Link die Analyse.
Doch auch in vielen anderen Sparten der Wirtschaft kriselt es weiter. Im Dienstleistungsgewerbe stieg laut Ifo-Daten der Anteil der Betriebe mit Kurzarbeit von 24 auf knapp 31 Prozent, im Handel von rund 19 auf 21 Prozent und im Baugewerbe von 7,4 auf neun Prozent. Stark betroffen bleibt die Industrie, wo weiterhin fast ein Drittel der Unternehmen ihre Beschäftigten ganz oder teilweise nach Hause geschickt haben.
Besonders hohe Quoten hat seit Beginn der Corona-Maßnahmen die Autoindustrie. Im Oktober hatte die Hälfte der Firmen Kurzarbeit angemeldet, im November war es noch gut ein Drittel. Ähnlich war es bei den Verlagshäusern: Hier sank der Anteil an Kurzarbeit binnen eines Monats von 42 auf 35 Prozent. Leichte Verbesserungen verzeichneten auch die Druckereien (von 48 auf 39 Prozent), die Hersteller von Datenverarbeitungsgeräten (von 49 auf 38,4 Prozent) und die Elektrobranche (von 43 auf 35 Prozent). Das Ifo-Institut holte sich nach eigenen Angaben Daten von rund 7.000 Unternehmen ein und rechnete die Zahlen dann hoch auf die Gesamtentwicklung.
Mehr Kleinbetriebe vor der Insolvenz
Die neuesten Umfrage-Ergebnisse des BA-Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) stützen die Ifo-Zahlen. Demnach gaben Mitte November 26 Prozent der befragten Unternehmen an, stark negativ von der Krise betroffen zu sein. Weitere 22 Prozent konstatierten einen leichten Abwärtstrend. Weniger als ein Viertel der Befragten erklärte, gar nicht betroffen zu sein. Damit tendieren die Bewertungen wieder in die Nähe der Zeit des harten Lockdowns von Mitte März bis in den Mai hinein. Damals hatten 33 Prozent der Betriebe angegeben, stark betroffen zu sein, weitere 22 Prozent waren nach Selbsteinschätzung leicht angeschlagen. Ein gutes Fünftel verspürte keine Einschränkungen beim Geschäft. In den Sommermonaten hatten sich die Einschätzungen stark verbessert, was sich nun umkehrt.
Die IAB-Zahlen verdeutlichen zudem: Die Liquiditätsengpässe nehmen vor allem bei kleinen Unternehmen rasant zu. Im September erklärte insgesamt jeder zehnte befragte Betrieb, lediglich über Reserven für maximal noch vier Wochen zu verfügen. Zuletzt gaben dies bereits 15 Prozent von ihnen an, also mehr als jede siebte Firma. Dass sie maximal noch zwei Monate mit eigenen Mitteln überleben könnten, berichteten im September 15 Prozent der Unternehmen, im September bereits 21 Prozent.
Außerdem schätzte vor gut zwei Monaten noch mehr als jeder dritte Betrieb seine Zahlungsfähigkeit als "grundsätzlich ausreichend" ein, im November war es noch gut jeder vierte. Wie erwartet waren die Engpässe bei Kleinbetrieben mit weniger als zehn Lohnbeschäftigten am gravierendsten. Fast zwei Drittel dieser Gewerbetreibenden schätzte, weniger als ein halbes Jahr liquide zu sein, vor zwei Monaten war es noch jeder zweite. Anders bei den großen Unternehmen mit mehr als 250 Angestellten: Hier sahen sich nur zwölf Prozent durch eine mögliche Zahlungsunfähigkeit innerhalb des nächsten Halbjahres bedroht, zum Sommerende waren dies neun Prozent.
Mehr Zulauf: Jobcenter beklagen Engpässe
Den Trend hin zur Pleitewelle haben auch die Personalräte der Jobcenter bemerkt. Bereits Anfang November hatten sie sich mit einem Brief an die Regierungsfraktionen im Bundestag gewandt. Darin fordern sie mehr Geld für ihren "auf Kante genähten" Verwaltungshaushalt. Es seien bereits jetzt mehr als 200.000 Betroffene, die ihren Job verloren haben, hinzugekommen.
Angesichts der fortbestehenden Krise rechnen die Jobcenter mit einem anhaltenden Trend zu immer mehr Hartz-lV-Bedürftigen. Zudem müssten bei zunehmender Kurzarbeit mehr Menschen aufstockende Hartz-IV-Leistungen beantragen, weil die Hilfen nicht reichten, mahnten sie. Für Oktober hatte die BA 5,63 Millionen Menschen in sogenannten Hartz-lV-Bedarfsgemeinschaften gemeldet.
IAB-Experte hofft auf Impfung
Den düsteren Zahlen zum Trotz verkündete das IAB Ende vergangener Woche bereits wieder frohe Botschaft: Sein monatliches Arbeitsmarktbarometer deute auf "verbesserte Aussichten trotz Lockdown" hin. "Die Beschäftigung wird im zweiten Lockdown nicht noch einmal einbrechen", beruhigte Enzo Weber, Forschungsleiter des Bereichs "Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen" am 26. November die betroffenen Lohnabhängigen. Wichtig seien allerdings die Finanzhilfen des Bundes für die Betriebe.
Vermutlich weiß Weber jedoch, dass eine private Profitwirtschaft nicht endlos ohne Arbeitskräfte, dafür mit von selbigen erwirtschafteten Steuergeldern, am Tropf erhalten werden kann. So stützt er sich auf die von der Regierung gepriesene Erlösung: den Impfstoff gegen den angeblichen Übeltäter, das Coronavirus. "Die Perspektive auf einen Impfstoff macht die Unternehmen zuversichtlicher, das verstärkt ihre Bereitschaft, die Beschäftigten zu halten", hofft der IAB-Experte. Ob Steuertropf und Impfvorfreude ausreichen, die Pleitewelle in der Warteschleife aufzuhalten, bleibt fraglich.
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