Neue Corona-Beschlüsse lösen gemischte Reaktionen aus
Die neuen Corona-Beschlüsse der Bundesregierung haben in der Politik und Gesellschaft gemischte Reaktionen hervorgerufen. Während manche Kreise vor wirtschaftlichen Folgen warnten, zeigten andere Verständnis für die Maßnahmen angesichts der Corona-Lage.
Der FDP-Generalsekretär Volker Wissing bezeichnete die Beschlüsse nach der Bund-Länder-Beratung zu Anti-Corona-Maßnahmem als erneute Belastung für die Wirtschaft. Diese "zusätzliche Erschwerung" bedürfe zusätzlicher Entschädigungen, sagte Wissing am Donnerstag in der Radiosendung Morgenecho auf WDR 5. Die Entschädigungen müssten dann aber auch fließen. "Bisher hat der Bund keine Entschädigung für November bezahlt." Das Wort "Novemberhilfen" könne man nicht mehr ernsthaft verwenden.
Es fehle die Stringenz für einen längeren Zeitraum, meinte Wissing. Es seien sehr kleinteilige Dinge geregelt – so gebe es etwa im Handel eine Differenzierung zwischen Verkaufsfläche bis 800 Quadratmeter und mehr. "Das wirkt alles wenig praxisnah." Er hätte sich eine Linie gewünscht, die auch einfach zu vermitteln sei, sagte der FDP-Politiker. "Das wird wieder zu reichlich Diskussionen führen."
Auch Unternehmens- und Handwerksvertreter äußerten sich ähnlich und forderten rasche Hilfen sowie zusätzliche Entlastungen für Firmen. Es gehe jetzt darum, Betriebe in schweren Zeiten schnellstmöglich mit Liquidität zu versorgen, forderten der Industrieverband BDI und der Handwerksverband ZDH. Die Lage werde für viele Unternehmen bedrohlicher. Vom Einzelhandelsverband HDE kommt scharfe Kritik an den beschlossenen Regeln, die überfüllte Geschäfte vor allem im Weihnachtsgeschäft verhindern sollen. Es gebe keinen sachlichen Grund, unterschiedliche Regeln für Verkaufsflächen über und unter 800 Quadratmetern zu erlassen, sagte Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Hygienekonzepte hätten sich sowohl in kleinen wie auch in größeren Räumen bewährt. "Die neue Regelung könnte auch kontraproduktiv sein, wenn sich Warteschlangen vor den Geschäften und in den Innenstädten bilden."
Aus Sicht des BDI werden die Beschlüsse von Bund und Ländern die Wirtschaftsaktivität und Verbraucherstimmung für den Rest des Jahres zusätzlich beeinträchtigen. "Dies wird die vorübergehende konjunkturelle Erholung auch im kommenden Jahr zunächst in Mitleidenschaft ziehen", sagte Verbandspräsident Dieter Kempf. "Die Luft wird im Winter für immer mehr Unternehmer dünner."
Städtetagspräsident Burkhard Jung zeigte derweil Verständnis für die Maßnahmen. "Es schmerzt, dass der Teil-Lockdown fortgesetzt werden muss. Jetzt die Kontakte noch weiter zu reduzieren, verlangt uns viel ab", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Aber die Corona-Lage lässt derzeit nichts anderes zu. Je stärker wir jetzt die Regeln einhalten, desto besser kommen wir hoffentlich durch den Winter." Er hoffe auf Lockerungen, wenn Impfstoffe verfügbar sein werden.
Die Vorsitzende der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, Susanne Johna, unterstützte den Appell zum Verzicht auf das Silvesterfeuerwerk. Die Kliniken seien in der Pandemie ohnehin schon sehr belastet. "Die Ärztinnen und Ärzte in den Notaufnahmen werden es allen danken, die keine Raketen zünden und erst recht auf Chinaböller verzichten. An Silvester müssen jedes Mal schwerste Verletzungen an Händen und Augen behandelt werden, auch Knalltraumata sind häufige Folgen", sagte sie den Funke-Zeitungen. Hinzu komme die Belastung von Umwelt und Gesundheit durch Feinstaub. "Das alles sollten wir uns diesmal bitte sparen." In den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschlands verlangte Johna, Bund und Länder müssten endlich dafür sorgen, dass ausreichend Schnelltests für Klinikpersonal zur Verfügung stünden.
Die Vorsitzende der Gewerkschaft Bildung und Wissenschaft (GEW), Marlis Tepe, nannte die Beschlüsse für den Schulbereich "enttäuschend und riskant". Sie sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, sie hätte sich stärkere Entscheidungen für den Wechselunterricht gewünscht, also die Aufteilung von Klassen in Schülergruppen, die dann abwechselnd zu Hause und in der Schule unterrichtet werden.
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(dpa/rt)
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