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Im Namen des Klimas: Hamburger Umweltbehörde will Steinkohle durch Buschholz aus Namibia ersetzen

Es klingt skurril: Im Streben danach, zunehmend auf Kohle zu verzichten, sollen Hamburger Heizkraftwerke nun mit sogenanntem Buschholz aus Namibia befeuert werden. Mit Klimaschutz habe das jedoch nicht zu tun, argumentieren Kritiker des Projekts. Zudem sei es sozial ungerecht.
Im Namen des Klimas: Hamburger Umweltbehörde will Steinkohle durch Buschholz aus Namibia ersetzenQuelle: www.globallookpress.com

Bei solchen Worten der Hamburger Umweltbehörde (BUKEA) wird dem klima- und umweltbewussten Bürger warm ums Herz.

Im Rahmen einer Selbstverpflichtung wird die Wärme Hamburg den Kohleeinsatz ab sofort um 20 Prozent und ab 2023 um mindestens 30 Prozent pro Jahr reduzieren", prangt aktuell auf der Webseite der BUKEA.

Und doch soll laut Umweltverbänden das entsprechende Klimabewusstsein nicht weiter als bis zu den Grenzen der Hansestadt zu reichen.

Im Juni 2019 verabschiedete die Hamburger Bürgerschaft ein Kohleausstiegsgesetz. Dieses sieht vor allem vor, dass spätestens ab dem Jahr 2030 Fernwärme in Hamburg vollständig kohlefrei sein muss. Der Hamburger Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) erklärte anschließend, dass der Inhalt des Gesetzes weit über das hinausgehe, was etwa in anderen Bundesländern zur Debatte stehe. Es handele sich um ein "ehrliches Gesetz".

Es verspricht nichts, was der Hamburger Senat nicht auch halten kann.

Und um die eigenen Versprechen halten zu können, geht die örtliche Umweltbehörde offensichtlich Wege, die jedoch an der "Ehrlichkeit" zweifeln lassen. Dies lässt zumindest der Protest aus Zivilgesellschaft und Wissenschaft über eines der jüngsten Umweltvorhaben der Wärme Hamburg GmbH und der Hamburger Umweltbehörde vermuten.

Und tatsächlich mutet die Initiative bizarr an, denn nun will man zwar auf Kohle verzichten, die Kraftwerke dafür aber mit sogenanntem Buschholz aus Namibia befeuern. Zu diesem Zweck wurde am 2. Juni ein Memorandum of Understandig (MoU) unterzeichnet. Mit an Bord sind u.a. auch das Institut für angewandtes Stoffstrommanagement (IfaS) der Hochschule Trier und die Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg. Gefördert wird die "Transkontinentale Biomassepartnerschaft Namibia-Hamburg" von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ).

Ein vom Hamburger Energietisch in Auftrag gegebenes Kurzgutachten zeigt, dass je nach dem für Namibia gewählten Szenario die gesamten Treibhausgase im besten Fall nicht geringer sind als diejenigen von fossilem Erdgas und im ungünstigsten Fall weit höher sind als diejenigen von Steinkohle als Energieträger für den Einsatz in der Hamburger Fernwärmeerzeugung", hieß es dazu in einer Kleinen Anfrage des Abgeordneten Stephan Jersch (Die Linke) vom September 2020.

Von dem erwähnten "Kohleausstiegsgesetz" betroffen sind die Kraftwerke Wedel und Tiefstack. 2013 wurde der Hamburger Senat durch einen Volksentscheid zum Rückkauf der Energienetze von Vattenfall auf das Ziel einer "sozial gerechten, klimaverträglichen und demokratisch kontrollierten Energieversorgung aus erneuerbaren Energien" verpflichtet. Das Heizkraftwerk Tiefstack soll daher mit der Buschholz-Biomasse aus Namibia befeuert werden.

Doch "der Import von Buschholz aus Namibia zum Zweck einer energetischen Verwertung" sei "sicher nicht klimaverträglich" heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme von Umweltschutzorganisationen und Wissenschaftlern gegen den Import von Buschholz aus Namibia für Hamburger Kraftwerke. Die Klimaunverträglichkeit liege "nicht nur am langen Transportweg, sondern vor allem an den Veränderungen der Landnutzung in Namibia".

Zudem wird die soziale Ungerechtigkeit des Projekts kritisiert.

"Das geplante Projekt ist auch nicht sozial gerecht, da der weitaus größte Teil der Wertschöpfung außerhalb Namibias stattfinden würde. Infolge einer Industrialisierung der Buschholz-Ernte würden zahlreiche Arbeitsplätze vernichtet. Profitieren würden in erster Linie Konzerne im globalen Norden, indem sie Maschinen und Transportfahrzeuge verkaufen und sich mit Rohstoffen versorgen könnten". Auf dem Internetportal der Stadt Hamburg heißt es zu der "Klimapartnerschaft" wiederum:

Seit vielen Jahren wird vor Ort versucht – auch mit Unterstützung deutscher und internationaler Entwicklungshilfe – eine Verwertung des Buschholzes in Gang zu setzen. Aber die vorhandenen und jährlich nachwachsenden Mengen sind so groß, dass nur ein kleiner Teil dort sinnvoll verwertet werden kann (z.B. zur Energienutzung, als Viehfutter oder zur Holzkohleherstellung).

Dies erscheint nicht schlüssig, bedenkt man, dass das südwestafrikanische Land über die Hälfte seines Energiebedarfs aus dem Ausland bezieht, vorrangig aus Südafrika. Das Land selbst besitzt zu wenige Kraftwerke. Daher setzt man nun vor allem auch auf Solarenergie. Dies ändert jedoch nichts am nach wie vor bestehenden Energieproblem vor Ort.

Namibia befindet sich in einer Energiekrise und importiert bis zu 60 Prozent schmutzigen Kohlestrom aus Nachbarländern, um den lokalen Energiebedarf zu decken. Statt Biomasse zu exportieren, sollte Namibia sie im eigenen Land zur Stromproduktion nutzen. Dabei müssen nachhaltige Methoden zur Entbuschung angewendet werden. Büsche sind eine wichtige Kohlenstoffsenke. Sie dürfen daher nur gezielt geerntet werden, was bei einem Export sehr großer Holzmengen nicht garantiert werden kann", zitiert die Umweltschutzorganisation Robin Wood Bertchen Kohrs, Vorstandsmitglied der Organisation Earthlife Namibia.

Nun fordern die Kritiker des Projekts den rot-grünen Senat dazu auf, die "Energiepartnerschaft mit Namibia zu stoppen".  

Wir fordern eine klimagerechte, zu 100 Prozent erneuerbare Energieversorgung, die ohne neokolonialen Import von Ressourcen aus dem globalen Süden auskommt", erklärte Robin-Wood-Energiereferentin Ronja Heise.

Von 1884 und 1915 stand das heutige Namibia als Deutsch-Südwestafrika unter deutscher Kolonialherrschaft. Ein Kapitel, das tiefe Narben in der namibischen Gesellschaft hinterlassen hat. Zwischen 1904 und 1908 wurden unter der deutschen Kolonialherrschaft Zehntausende Angehörige der Volksgruppen Nama und Herero durch deutsche Truppen getötet. Das Verbrechen gilt unter Historikern als erster Völkermord des 20. Jahrhunderts.

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