Deutschland

Kurzarbeitergeld bis Ende 2021 verlängert, Vorschläge der Opposition bei Wahlrechtsreform übergangen

Nach dem Koalitionsausschuss steht fest: Das Kurzarbeitergeld soll auf zwei Jahre verlängert werden. Das Überbrückungsgeld für Unternehmen soll anstatt nur bis Ende August nun doch bis Ende des Jahres laufen. Vorschläge der Opposition für die Wahlrechtsreform blieben außen vor.
Kurzarbeitergeld bis Ende 2021 verlängert, Vorschläge der Opposition bei Wahlrechtsreform übergangenQuelle: www.globallookpress.com © Hayoung Jeon / Pool

Von der Grundsicherung über die Kinderbetreuung und Pflege bis hin zur Bildungsoffensive und zum Insolvenzrecht lag ein riesiges Corona-Paket zu besprechender und zu beschließenden Themen auf dem Tisch des Koalitionsausschusses. Die Ausschusssitzung dauerte bis in den Abend. Das Kurzarbeitergeld und die Wahlrechtsreform waren die beiden Kernthemen des Pakets.

Kurzarbeitergeld

Wirtschaftsverbände würdigen zwar die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes als wichtiges Signal in der Krise. Denn Unternehmen in Deutschland können Jobs in der Corona-Krise weiter durch erleichterte Kurzarbeit absichern. Diese soll von regulär 12 auf bis zu 24 Monate erweitert werden. Die verlängerte Bezugsdauer soll für Betriebe gelten, die bis zum 31. Dezember 2020 Kurzarbeit eingeführt haben. Längstens soll das Kurzarbeitergeld bis zum 31.12.2021 verlängert werden. Damit die Bundesagentur für Arbeit (BA) die Milliardenkosten schultern kann, will die Koalition Steuergeld zuschießen.

Mit der Verlängerung des Kurzarbeitergelds und der Verlängerung der Überbrückungshilfen helfen wir Arbeitnehmern und Mittelstand, diese ernste Krise zu überstehen und Arbeitsplätze zu erhalten.", sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) am Mittwoch in Berlin. 

Auch staatliche Hilfen für kleine und mittlere Unternehmen sollen länger laufen als bisher geplant.

Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) verteidigte die geplante Verlängerung des Kurzarbeitergeldes ebenfalls:

Wir haben mit der tiefsten Wirtschaftskrise unserer Generation zu tun und die wird nicht ab dem 1. Januar vorbei sein", sagte er im Deutschlandfunk.

Sicher sei das sehr kostspielig, doch die Rückkehr von Massenarbeitslosigkeit wäre wirtschaftlich und gesellschaftlich um ein Vielfaches teurer, betonte Heil.

Das Kurzarbeitergeld wird auf 70 beziehungsweise 77 Prozent ab dem vierten Monat und auf 80 beziehungsweise 87 Prozent ab dem siebten Monat erhöht. Diese Regeln sollen bis 31. Dezember 2021 für alle verlängert werden, deren Anspruch auf Kurzarbeitergeld bis zum 31. März 2021 entstanden ist. Regulär beträgt das Kurzarbeitergeld 60 Prozent des ausgefallenen Nettolohns, für Berufstätige mit Kindern 67 Prozent. Damit die Bundesagentur für Arbeit die Milliardenkosten für Kurzarbeit schultern kann, will die Koalition Steuergeld locker machen – und zwar als Zuschuss und nicht als Darlehen.

Arbeitsminister Heil rechnet mit einem Bedarf an Bundeszuschüssen aus Steuermitteln an die Bundesagentur in Höhe von rund zehn Milliarden Euro. Damit solle die BA handlungsfähig bleiben und Beitragssatzsprünge für Beschäftigte und Arbeitnehmer verhindert werden, sagte Heil. Die BA-Rücklagen von einst 26 Milliarden Euro seien noch nicht aufgebraucht, würden aber angesichts der Größe der Krise weniger.

Der CDU-Wirtschaftsflügel kritisierte die Vereinbarung dagegen scharf. Der Vorsitzende des Parlamentskreises Mittelstand der Unions-Bundestagsfraktion, Christian von Stetten, nannte die Beschlüsse zum Kurzarbeitergeld realitätsfremd.

Es hätte völlig ausgereicht, nur die Branchen, welche besonders von den staatlichen Beschränkungen betroffen sind, zusätzlich bis Ende 2021 zu schützen.

Die Koalition versuche, Vollbeschäftigung durch planwirtschaftliche Maßnahmen zulasten der nächsten Generation sicherzustellen. Dass die kurzarbeitenden Unternehmen sich nicht an der Finanzierung der Kurzarbeit beteiligen müssten, verleite zu Missbrauch.

Wahlrechtsreform

In einem ersten Schritt soll dem weiteren Anwachsen des Bundestags bei der Wahl 2021 entgegengesteuert werden. Der Deutsche Bundestag hat eine Normgröße von 598 Sitzen. Zurzeit sitzen 709 Abgeordnete im Bundestag. Nach der nächsten Wahl könnten es dann schon mehr als 800 Abgeordnete sein. Schon 2021 sollen aber bis zu drei Überhangmandate nicht mehr ausgeglichen werden. Der genaue Effekt dieser Maßnahme ist aber noch nicht absehbar. Die Anzahl der Wahlbezirke bliebe somit zunächst unangetastet.

Allerdings möchte die Koalition bereits in dieser Legislaturperiode gesetzlich festschreiben, dass es ab der Bundestagswahl 2025 nur noch 280 statt derzeit 299 Wahlkreise geben wird. Die Parteivorsitzenden machten bei der Pressekonferenz auch auf Nachfragen keine genauen Angaben dazu, wie groß der Effekt ihres Kompromisses sein wird. SPD-Chef Walter-Borjans sagte lediglich:

Das ist im Ergebnis etwas, das uns erwarten lässt, dass der Bundestag deutlich kleiner wird.

Die richtige Reform soll dann erst 2025 greifen. Dazu soll noch in dieser Wahlperiode eine Reformkommission eingesetzt werden. Bei der Bundestagswahl 2021 soll die Zahl der Wahlbezirke mit 299 noch unverändert bleiben und erst bei der Wahl 2025 auf 280 verringert werden. 

Die Opposition aus Bündnis90/Die Grünen, Die Linke und FDP kritisierten, dass ihr Gesetzesentwurf für eine Wahlrechtsreform in dem Koalitionsausschuss überhaupt nicht zur Kenntnis genommen wurde. Entsprechend scharf fiel auch die Kritik aus. Die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Britta Haßelmann, sagte im Deutschlandfunk:

Man greift ins Wahlrecht ein, ohne substanziell etwas zu erreichen. Der Bundestag wächst und wächst, und das ist ein Problem. Das wissen wir seit 2013. Für dieses völlig kraftlose und unambitionierte Ergebnis des Koalitionsausschusses gestern Abend hat die Koalition jetzt sieben Jahre gebraucht. Das ist aus meiner Sicht wirklich ein Armutszeugnis. Denn man greift ins Wahlrecht ein, ohne substanziell was zu erreichen.

Später tweetete sie Folgendes:

Der Co-Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Dietmar Bartsch, kritisierte, dass bei dem Koalitionsvorschlag niemand wisse, ob der Bundestag damit größer oder kleiner werde.

Ich bin zutiefst enttäuscht. Es ist undemokratisch und wird letztlich allen Parteien Schaden zufügen", sagte der Linke-Politiker der Welt

Ähnlich äußerte er sich gegenüber der ARD. Was die Koalition bei diesem Thema als Kompromiss vorgelegt habe, sei "eine reine Wählerverarsche". Dass der nächste Bundestag kleiner werden wird, sei eine völlig unzulässige Behauptung, weil das niemand im Moment einschätzen könne. Jahrelang wäre eine Möglichkeit für eine Reform da gewesen. Heute sehe man, dass die Koalition nicht dazu fähig sei. 

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.