Deutschland

Kramp-Karrenbauer: Russland ist kein Freund Deutschlands

Während in Moskau die verschobene Militärparade zum "Tag des Sieges" über den europäischen Faschismus und Nazi-Deutschland stattfand, hatte auch Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer einen Auftritt, der an den Kalten Krieg erinnerte.
Kramp-Karrenbauer: Russland ist kein Freund DeutschlandsQuelle: AFP © Michael Sohn

Noch am 8. Mai wurde in Berlin zum 75. Gedenktag an die bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht der "Tag der Befreiung" begangen. Für die Berlinerinnen und Berliner gab es sogar einen einmaligen Feiertag, der trotz Corona-Pandemie von vielen Menschen im Treptower Park beim sowjetischen Ehrenmal zelebriert wurde. Sie gedachten der Millionen Opfer der Roten Armee und der sowjetischen Bevölkerung, die sie bei der Abwehr des nationalsozialistischen Vernichtungskrieges und der anschließenden Gegenoffensive erlitten hatten, bis sie Berlin tatsächlich befreit haben.

Für Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer (CDU) "war und ist der 8. Mai immer der Tag der Befreiung von einer menschenverachtenden Diktatur, von Krieg und Massenmord", sagte sie der Nachrichtenagentur Reuters. Zwar habe das Kriegsende für viele Menschen in Osteuropa keine Freiheit gebracht, aber dem Westen immerhin die Chance gegeben, "dass wir bis heute in Frieden, Freiheit, Wohlstand und Sicherheit leben können". Sie sei auch grundsätzlich offen für eine engere Kooperation mit Russland, nachdem die Beziehungen zwischen Berlin und Moskau seit dem vom Westen unterstützten Putsch in der Ukraine im Februar 2014 und der anschließenden Abspaltung der Halbinsel Krim auf einen Tiefpunkt sanken.

Es liegt an der russischen Führung, ob sie unsere ausgestreckte Hand ergreifen will.

Bei ihrem Auftritt am 24. Juni bei einem Webinar des Atlantic Council, einer der NATO nahestehenden Denkfabrik, klang das bereits wieder ganz anders. Dort war keine Rede mehr davon, dass Deutschland eine "engere Kooperation" mit Russland anstrebe oder dass dies überhaupt im Interesse der Bundesregierung liege. Stattdessen sprach Kramp-Karrenbauer davon, wie von Russland eine "Bedrohung" ausgehe und man deshalb ein "sehr, sehr starkes Signal" an Moskau senden müsse.

Dafür brauche es eine starke NATO, und das wiederum könne nur erreicht werden, wenn sich alle Länder an die vereinbarten Zielsetzungen halten. Das gelte insbesondere für Deutschland, das "vielleicht zu lange" nach der Wiedervereinigung die Verteidigung vernachlässigt habe. Diese verlorenen Jahre müsse man wieder aufholen, insbesondere im technologischen Bereich. Dass das selbstverständlich sehr kostenintensiv ist, wollte die Verteidigungsministerin gar nicht in Abrede stellen.

Aber die nun entstandene Debatte, ob angesichts der Corona-Krise und der Schulden in Höhe von Hunderten von Milliarden Euro, die für das Konjukturprogramm aufgenommen werden, enorme Rüstungsausgaben gerechtfertigt sind, stellt eine Bedrohung für die Finanzplanung des Verteidigungsministeriums dar. Zwar versuchte Kramp-Karrenbauer, die Vorzüge der Investitionen auch für den zivilen Bereich schmackhaft zu machen, wonach beispielsweise neue Straßen für den Transport von militärischen Gütern von West nach Ost am Ende auch der Bevölkerung zugutekommen, doch das dürfte nur die wenigsten überzeugen.

Das weiß sie natürlich auch selbst. Es sei aber "ein Unterschied, ob man, wie wir in Deutschland, von Freunden umgeben ist oder ob man sich (wie Litauen/Anm.) eine Grenze mit Russland teilt". Deshalb sei das "Konzept der Abschreckung" so wichtig, damit "Russland versteht, dass wir stark sind in Europa".  

Dabei steht die Bundeswehr mit der "Vorwärtspräsenz" in Litauen erneut an der Grenze zu Russland, wie es Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im vergangenen Jahr bezeichnet hatte.  

Das "Konzept der Abschreckung" benötigt notwendigerweise einen Gegner, den man entsprechend abschrecken will. Russland, der alte neue Gegner des Kalten Krieges, erfüllt diese Rolle perfekt. Obwohl die Mehrheit der deutschen Bevölkerung in Umfragen immer wieder bestätigt, dass sie keine Bedrohung in Russland sieht und zuletzt sogar in den USA eine Gefahr für Deutschland erkannt hat, hält die Bundesregierung an dieser Drohkulisse fest.

Auf Kosten der "engeren Kooperation", die Annegret Kramp-Karrenbauer in Aussicht gestellt hatte und laut Umfrage der Friedrich-Ebert-Stiftung auch mehrheitlich gewünscht ist, drängt Berlin Russland in diese Rolle, um die Verteidigungsausgaben zu rechtfertigen. Am Ende kommt diese Beziehung einer selbsterfüllenden Prophezeiung ziemlich nahe.

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