Deutschland

"Ich bin nicht käuflich" – Kritik an Lobby-Arbeit des CDU-Abgeordneten Philipp Amthor

Der CDU-Politiker Philipp Amthor steht in der Kritik, weil er Lobbyarbeit für eine US-Firma betrieben hat. Amthor gibt sich reumütig, doch das genügt vielen nicht. Gleichzeitig steht die Frage im Raum, für was für ein Unternehmen der CDU-Mann da eigentlich lobbyierte.
"Ich bin nicht käuflich" – Kritik an Lobby-Arbeit des CDU-Abgeordneten Philipp AmthorQuelle: www.globallookpress.com

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor ist wegen seiner Tätigkeit für die US-Firma Augustus Intelligence in die Kritik geraten. Wie der Spiegel in seiner aktuellen Ausgabe berichtet, hatte Amthor für das Unternehmen lobbyiert und dabei im Herbst 2018 mit einem Brief an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) um politische Unterstützung geworben.

Vor dem Spiegel hatten bereits als alternativ geltende Autoren über die Verbindung des Politikers mit dem Unternehmen berichtet. Dem Bericht des Magazins zufolge wurde der Entwurf des Schreibens an Altmaier auf Briefpapier des Deutschen Bundestags verfasst, es soll vor seinem Versand im Unternehmen kursiert haben.

Amthor habe außerdem mit Mitarbeitern von Augustus Intelligence Reisen in teure Hotels unternommen und mit Managern zweimal den damaligen Parlamentarischen Staatssekretär beim Wirtschaftsminister, Christian Hirte, besucht. Amthor habe darüber hinaus Aktienoptionen an der Firma erhalten und einen Direktorenposten bekleidet.

In einem Facebook-Post gab sich der vorpommersche Politiker, der in seiner Partei als Nachwuchshoffnung gilt, am Freitag zerknirscht. Er schrieb:

Ich bin nicht käuflich. Gleichwohl habe ich mich politisch angreifbar gemacht und kann die Kritik nachvollziehen. Es war ein Fehler.

Sein "Engagement" für das Unternehmen entspreche rückblickend nicht seinen eigenen "Ansprüchen an die Wahrnehmung seiner politischen Aufgaben", so Amthor weiter. Er habe die Tätigkeit mittlerweile beendet:

Dieses Kapitel ist mir eine Lehre. Deshalb habe ich die Konsequenzen daraus gezogen und meine Nebentätigkeit beendet. Anteilsoptionen des Unternehmens habe ich nie ausgeübt und bereits zurückgegeben.

Und weiter:

Meine Priorität ist der leidenschaftliche politische Einsatz für unser Land.

Der als Vertreter des konservativen Flügels geltende 27-jährige Amthor sitzt seit 2017 im Bundestag. Zuvor hatte er seinen Mentor Matthias Lietz im Kreisverband ausgebootet. Amthor will Vorsitzender der Landes-CDU in Mecklenburg-Vorpommern werden und ist dafür derzeit der einzige Kandidat. Als Landesvorsitzender wäre er der wahrscheinliche CDU-Spitzenkandidat bei der Landtagswahl im kommenden Jahr.

Aus Amthors Landesverband war bislang noch keine offene Kritik zu vernehmen. Auch in der Bundes-CDU fielen die Reaktionen zurückhaltend aus. Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer, sagte dem Springer-Blatt Welt:

Wir nehmen die Berichterstattung und die Reaktion von Herrn Amthor wahr. Es wird sicherlich ein Gespräch geben, um den Sachverhalt zu klären.

Dagegen forderten vor allem Politiker von SPD und Linken mit Nachdruck Aufklärung von Amthor. Die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast, erklärte am Sonntag:

Es reicht nicht, einfach von einem Fehler zu sprechen und zu versuchen, zur Tagesordnung überzugehen. Das ist inakzeptabel.

Bundestagsabgeordnete hätten eine besondere Vorbildfunktion. Mast weiter:

Wir erwarten, dass die Causa Amthor vollumfänglich aufgeklärt wird.

Der schleswig-holsteinische SPD-Fraktionschef Ralf Stegner forderte Amthor auf, Korruptionsvorwürfe auszuräumen oder zurückzutreten. Dem Berliner Tagesspiegel sagte Stegner:

Wem Käuflichkeit vorgeworfen wird, der muss das ausräumen, wenn er Bundestagsabgeordneter bleiben will, anstatt darüber nachzudenken, neue Ämter wie den CDU-Landesvorsitz und die Spitzenkandidatur in Mecklenburg-Vorpommern anzustreben.

Das Bundeswirtschaftsministerium erklärte, mit Augustus Intelligence nicht über Kooperationen oder Fördergelder gesprochen zu haben. Ebenfalls gegenüber der Welt erklärte das Ministerium, dass Amthor und die Geschäftsführung der Firma am 26. November 2018 zu einem Gespräch empfangen worden seien:

Themen des Termins waren eine kurze Unternehmensvorstellung sowie ein Austausch über Entwicklungen im Bereich Künstliche Intelligenz und Blockchain. Es wurden weder Kooperationen noch Fördergelder besprochen oder später vereinbart.

Unter Druck gerät auch der damalige Parlamentarische Staatssekretär Christian Hirte, der die Gespräche für das Ministerium geführt hatte. Hirte war im Februar "auf Anregung der Bundeskanzlerin" von seinem Amt zurückgetreten, nachdem er zuvor dem kurzzeitigen Thüringer Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich von der FDP zu seiner Wahl gratuliert hatte.

Der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow von der Linken schrieb auf Twitter:

Nicht käuflich aber bezahlbar? Mindestens aber berechenbar – für eine handvoll Aktienoptionen und Direktorenpöstchen gibt's halt Gespräche mit der Bundespolitik. Lieber Herr Christian Hirte, kannten Sie die Hintergründe? Wussten Sie von den Verbindungen? Wie ist Ihre Bewertung?

Dagegen erklärte Hirte der Thüringischen Landeszeitung, er habe "definitiv nichts falsch gemacht". Das Treffen sei "business as usual" gewesen.

Verschiedene Politiker nahmen den Fall Amthor zum Anlass, grundsätzliche Reformen einzufordern. So sagte Britta Haßelmann, Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, der Nachrichtenagentur dpa:

Der Einfluss von Lobbyismus auf die Politik ist da. Das zeigt jetzt auch wieder der Fall Amthor. Ein verbindliches, gesetzliches Lobbyregister ist überfällig, klarere Veröffentlichungspflichten bei Nebentätigkeiten und ein legislativer Fußabdruck bei Gesetzgebungsverfahren sind dringend notwendig.

Auch das Unternehmen Augustus Intelligence geriet im Zuge der Berichterstattung über Amthor zunehmend in den Fokus der Aufmerksamkeit. Das Unternehmen sitzt im New Yorker One World Trade Center, einer der teuersten Adressen der Stadt. Vorstand und Aktionär des Unternehmens ist laut Wikipedia der frühere CSU-Politiker und Bundesminister Karl-Theodor zu Guttenberg, der im März 2011 im Zuge der Plagiatsaffäre von allen politischen Ämtern zurückgetreten war. 

Auch die Namen anderer Vertreter der deutschen Elite werden in Zusammenhang mit der Firma genannt. Zu ihnen zählt der Unternehmensberater Roland Berger, der die Treuhandanstalt ab 1990 bei der Abwicklung der ostdeutschen Wirtschaft beriet und später den damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder zu seiner Agenda 2010 inspirierte. Der Finanzier August François von Finck soll an Augustus Intelligence beteiligt sein. Der Geschäftsführer der Firma, Wolfang Haupt, ist ebenfalls Deutscher.

Auch die Namen der früheren deutschen Geheimdienstchefs Hans-Georg Maaßen (Bundesamt für Verfassungsschutz) und August Hanning (Bundesnachrichtendienst) werden im Zusammenhang mit Augustus Intelligence genannt. Maaßen soll einem Mitarbeiter der Firma dabei geholfen haben, die deutsche Staatsbürgerschaft wiederzuerlangen.

Augustus Intelligence selbst gibt nach Informationen des Spiegels an, in den USA Datenzentren zu betreiben und Softwarelösungen zur Gesichts- und Objekterkennung entwickeln zu wollen. Das Handelsblatt allerdings zitierte ehemalige Manager des Unternehmens, die mit diesem einen Rechtsstreit austragen, mit der Aussage, Augustus Intelligence verfüge über kein fertiges Produkt, es habe keine Kunden und generiere keine Umsätze. Potenzielle Investoren habe das Unternehmen über die Zahl der Mitarbeiter getäuscht, indem es Beschäftigte dazu anhielt, Freunde mit ins Büro zu bringen.

Dennoch waren Vertreter des Unternehmens im September 2018 zu einem Expertengespräch zum Thema Digitalisierung und künstliche Intelligenz im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) eingeladen. Verkehrsminister Andreas Scheuer ist wie Guttenberg Mitglied der CSU.

Mehr zum Thema - Shitstorm gegen Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner wegen Schleichwerbung für Nestlé

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.