Estland: Petition des Wehrverbands gegen Sputnik-News schon vor Einreichung gescheitert
In Estland sollte jeder Initiative gegen Informationsquellen, die eine Alternative zum örtlichen rechtsnationalistischen Mainstream darstellen, eigentlich der sofortige Erfolg sicher sein, wenn man die Tendenzen der letzten zwei bis drei Jahrzehnte betrachtet. Doch sobald es darum geht, solche Initiativen ins Deckmäntelchen der Demokratie zu hüllen, entpuppt sich das nationalistische, meist russophobe Gedankengut als völlig uninteressant – selbst für die strammen estnischen "Patrioten".
Mehr zum Thema - Estland weiht Denkmal zu Ehren von SS-Unterscharführer – Russland fordert UNO-Beurteilung
So ist eine Petition für ein Verbot der Nachrichtenportale Sputnik und Baltnews, die von den Leitern des Blogs "Propastop" des militärischen Freiwilligenverbands Kaitseliit initiiert wurde, mit Schande gescheitert: Von den 1.000 Unterschriften, die für eine Petitionsvorlage bei der estnischen Staatsversammlung Riigikogu notwendig sind, kamen in der vorgegebenen Frist von einem Monat mit 515 nur etwas über die Hälfte zusammen, schreibt Postimees.ee.
Ziel der Petition war es, den Weg für die Ausarbeitung gesetzlicher Mittel gegen die estnische Version des Nachrichtenportals Sputnik News und gegen das Nachrichtenportal Baltnews zu ebnen, die beide unter der estnischen Domäne abrufbar sind. Die Blogger bezichtigen die beiden Nachrichtenportale, im Namen "des russischen Propagandanetzwerks Russia Today" zu operieren und estlandfeindliche Information zu verbreiten.
Da die einmonatige Frist bis zum 17. September nicht eingehalten werden konnte, wurde sie nun auf den 10. Oktober verlängert – die Initiatoren der Petition hoffen, bis dahin die fehlenden 485 Unterschriften noch mit Ach und Krach doch noch zusammenzukratzen.
Der estnische Kaitseliit ist ein militärischer Freiwilligen- und Mobilisationsverband, der sich offiziell unpolitisch-patriotisch positioniert. Tatsächlich jedoch wäre der Verteidigungsbund als gewaltverherrlichend, russophob und nur notdürftig verkappt faschistisch einzustufen. So lud der Wehrverband im Jahr 2016 Kämpfer des rechtsextremen ukrainischen Freiwilligenbataillon "Asow" nach Narwa an der russisch-estnischen Grenze ein. Sie sollten im Rahmen des breit angelegten "allgemein-wehrbildenden" staatlichen Programms "Sinu Riigi Kaitse" (deutsch: "Schützt euer Land") Erfahrungen teilen, die sie bei dem Versuch sammelten, das Regime der Kiewer Putschisten auch im Donbass militärisch durchzusetzen. Für den Erfahrungsaustausch wurden Räume des Narwa-Kollegs der Universität Tartu zur Verfügung gestellt, berichtete das Nachrichtenportal EA Daily.
Ob die Asow-Faschisten auch beim Kaitseliit-Seminar in Narwa ihre Wolfsangel- und Hakenkreuz-Flaggen offen trugen, ist RT nicht bekannt. Bekannt ist hingegen eine Äußerung von Urmas Reitelmann, des damaligen Leiters der Abteilung des Kaitseliit für Öffentlichkeitsarbeit, die er im Sommer 2015 auf Facebook veröffentlichte: "Wo siehst du Flüchtlinge? In Europa fließt Abschaum zusammen – echte Flüchtlinge sitzen in Lagern an den Grenzen Syriens in Erwartung einer Möglichkeit, heimzukehren. Zu uns dringt gewöhnlicher menschlicher Abfall, den es mit allen Mitteln wieder zu vertreiben gilt."
Der stramme Patriot Reitelmann musste bei dieser Gelegenheit natürlich auch das für ihn leidige Thema der russischen "Nichtbürger" in Estland anschneiden: "An Estland schmarotzen 300.000 Tiblas (abfällig für Russen – Anm. d. Redaktion), die sich hier nicht anpassen konnten – und wie, deiner Meinung nach, soll man erst aus diesen Millionen fauler Kakerlaken, die zu uns strömen, Menschen machen?"
Personalkonsequenzen zog der Kaitseliit erst nach zahlreichen Beschwerden - doch letztendlich wurde Reitelmann lediglich an eine andere Dienststelle versetzt.
Mehr zum Thema – Parallelwelten in Estland: Russen fühlen sich diskriminiert - Esten wittern russische Aggression
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.