Pläne zur Beeinflussung der Erdatmosphäre als Waffe gegen Klimawandel werden konkreter
Spätestens seit den allwöchentlichen Schülerprotesten ist das Thema Klimawandel in aller Munde. Angesichts einer drohenden Entgleisung der Biosphäre bis zum Jahr 2060, die der Focus am Dienstag etwas fehlgeleitet als "Biosphären-Bombe" bezeichnete, scheint der Handlungsbedarf zur Eindämmung des Klimawandels drängender denn je. Daher richten immer mehr Wissenschaftler ihr Augenmerk auch auf mögliches "Geoengineering", also auf technische Eingriffe in die geochemischen oder biogeochemischen Kreisläufe der Erde.
Die dabei debattierten Lösungsansätze fallen mitunter radikal und verstörend aus. Dazu zählt etwa die Idee, in der Erdatmosphäre großflächig feine Schwebeteilchen (sogenannte Aerosole) auszusetzen, die einen Teil der Sonneneinstrahlung reflektieren und somit die Erderwärmung verlangsamen sollen. Das käme einer Imitation eines Vulkanausbruchs gleich, bei dem massenhaft Partikel, beispielsweise Staub und Schwefel, ausgestoßen werden, wodurch die Erdoberfläche gegen Sonneneinstrahlung abgeschirmt wird.
UN debattiert derzeit Geoengineering-Technologien
Noch bis Freitag tagt in Kenias Hauptstadt Nairobi die 4. UN-Umweltkonferenz, die sich mit der Frage des Geoengineerings beschäftigt – insbesondere mit der künstlichen Reduzierung der Sonnenstrahlung, die die Erdoberfläche erreicht. Dabei soll ein Vorschlag der Schweiz diskutiert werden, um Geoengineering-Technologien auf ihre Tauglichkeit zu überprüfen.
"Das Verständnis neuer Technologien und ihr potentieller Nutzen zum Wohle der Menschheit ist eine der entscheidenden Fragen unserer Zeit", erklärte am Montag der ehemalige UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon. "Zukünftige Generationen werden es uns nicht verzeihen, wenn wir keine überzeugende Antwort finden."
Aber derzeit haben wir keine Ahnung, welche unvorhergesehenen und unbeabsichtigten Folgen der Einsatz dieser neuen Technologien haben könnte. Die unbekannten Unwägbarkeiten – insbesondere beim solaren Geoengineering – könnten genauso schlimme Folgen haben wie der Klimawandel", so Ban Ki-Moon.
Franz Xaver Perrez, Umweltbotschafter und Leiter der schweizerischen Delegation in Nairobi, sagte gegenüber Reuters, sein Land habe Bedenken, dass insbesondere das "Dimmen" des Sonnenlichts "enorme negative Auswirkungen" haben könnte. "Dennoch sollten wir uns nicht von Sorgen leiten lassen, sondern zuerst ein besseres Verständnis der Situation haben", so Perrez, der zudem betont, dass "wir möglicherweise eine multilaterale Kontrolle dieser Technologien benötigen".
"Dosis macht das Gift": Harvard-Forscher mit neuer Risikoanalyse
Im November veröffentlichen Forscher der Harvard-Universität in den USA eine Studie, laut der die "Impfung" der Erdatmosphäre mit Aerosolen technisch machbar und kostengünstig umsetzbar wäre. Kritiker warnen allerdings vor den unabsehbaren Nebenwirkungen, etwa auf die globalen Zirkulationspfade von Stürmen und Niederschlägen, wodurch manche Regionen überflutet, andere zur Wüste werden könnten. Zudem bemängeln sie, dass solche Maßnahmen nicht auf die Reduzierung von Treibhausgasen setzen, sondern auf die Bekämpfung ihrer Auswirkungen.
Laut einer neuen Harvard-Studie sind solche Befürchtungen allerdings übertrieben. Demnach sei das Versprühen von Partikeln in die Atmosphäre zwar kein Allheilmittel, mit dem der Temperaturanstieg des Planeten vollständig aufgehalten werden könne. Würde man eine solche Methode aber behutsam mit dem Ziel einsetzen, den globalen Temperaturanstieg lediglich zu halbieren, dann würde diese Technik ohne größere Nebenwirkungen funktionieren, so die Studie, deren Ergebnisse Mitverfasser Peter Irvine in einem Videoclip zusammenfasste.
"Einige der in früheren Studien identifizierten Probleme, bei denen solares Geoengineering die gesamte Erwärmung ausgleicht, sind Beispiele für das alte Sprichwort, dass die Dosis das Gift macht", so der Harvard-Physiker David Keith. Laut ihm bestünden weiterhin "große Unsicherheiten", aber Klimamodelle deuteten darauf hin, dass Geoengineering "überraschend einheitliche Vorteile ermöglichen" könnte.
Ich sage nicht, dass wir wissen, dass es funktioniert und wir es jetzt machen sollten. Tatsächlich würde ich mich absolut gegen den Einsatz zum jetzigen Zeitpunkt aussprechen. (…) Es gibt viel Ungewissheiten", sagte der Physiker gegenüber dem Guardian.
Keith betont zudem, dass solares Geoengineering mit der Reduzierung von Treibhausgasen einhergehen müsse und keinesfalls als Vorwand dienen dürfe, diese dann unbekümmert weiter zu produzieren.
Feldexperiment soll empirische Daten liefern
Zur Frage der Reduzierung der Sonneneinstrahlung existieren bereits Dutzende Studien. Sie basieren aber alle auf Computermodellen und -simulationen. Die Harvard-Wissenschaftler wollen das ändern und ihr Modell anhand eines Feldexperiments mit empirischen Daten füttern. Zu diesem Zweck wollen sie noch in diesem Jahr im Rahmen des Projekts "Stratospheric Controlled Perturbation Experiment" (SCoPEx) einen Ballon in 20 Kilometer Höhe in die Stratosphäre steigen lassen, der dann eine kleine Wolke aus Kalziumkarbonat-Aerosolen freilassen soll.
Anschließend soll gemessen werden, wie sich die Partikel verhalten und in der Luft verteilen. Gerechnet wird mit einem Korridor von einem Kilometer Länge und einigen hundert Metern Breite, der von den Partikeln abgedeckt wird. Laut den umstrittenen Thesen von Anhängern sogenannter Chemtrail-Theorien wäre dieses Feldexperiment jedoch überflüssig, da sie überzeugt sind, dass solche Programme zur gezielten Manipulation der Atmosphäre bereits seit Jahren insgeheim durchgeführt werden.
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