Gesellschaft

Israels "Pegasus"-Spionageprogramm hat Smartphones in über 45 Ländern infiziert

"Pegasus" gehört zu den gefährlichsten Spionageprogrammen weltweit. Ob iPhone oder Android, kein Smartphone ist sicher. Wissenschaftler des Citizen Lab, einer Forschungseinrichtung der University of Toronto, haben das Programm "in über 45 Ländern" entdeckt.
Israels "Pegasus"-Spionageprogramm hat Smartphones in über 45 Ländern infiziertQuelle: Reuters © Kacper Pempel

Der Bericht des Citizen Lab liest sich wie das Skript für einen Hollywoodstreifen. Ohne das Wissen oder Einverständnis der Nutzer von Smartphones – und dabei spielt das Betriebssystem keine Rolle – sammelt die israelische Spionagesoftware "Pegasus" Daten und sendet diese an einen der "wahrscheinlich" 36 Operators weltweit. Die Operators sind im Grunde nichts weiter als Kunden, hauptsächlich Regierungsbehörden, die die israelische Malware kaufen. Damit können sie Gespräche mithören, Kommunikation über vermeintlich sichere Messenger-Dienste mitverfolgen, Daten abgreifen und sogar selbständig die Kamera des Smartphones ein- und ausschalten, um die Umgebung und Gespräche abzuhören.

Den Vorwurf, dass seine Produkte für kriminelle Aktivitäten verwendet werden, lässt der israelische Hersteller NSO Group nicht gelten. Man halte sich strikt an die Gesetze der jeweiligen Länder, und auch in den Verträgen mit Kunden würden klare Vorgaben vereinbart. Ein Sprecher der NSO Group antwortete dem Magazin Forbes auf Nachfrage:

Unsere Produkte haben das Leben von tausenden Menschen gerettet, Selbstmordanschläge verhindert, bei der Verurteilung von Drogenkartellbossen geholfen, komplexe Kriminaluntersuchungen erleichtert und entführte Kinder ihren Eltern zurückgeführt. Das sind nur einige wenige Beispiele für die kritische Sicherheitsunterstützung, die unsere Systeme weltweit geboten haben.

So harmlos, wie es das Unternehmen darstellt, ist die ganze Sache aber nicht. Es laufen mehrere Verfahren gegen die NSO Group, unter anderem in Israel und Zypern. E-Mails und Dokumente belegen, dass das Unternehmen für die Herrscherfamilie der Vereinigten Arabischen Emirate ihre Rivalen auf der Arabischen Halbinsel ausspioniert haben. Die Emiratis wollten einen Beweis haben, wie gut die Schnüffelsoftware tatsächlich ist, nachdem das israelische Unternehmen eine Rechnung über elf Millionen US-Dollar für ein Systemupgrade gestellt hatte. Das hat nichts mit den edlen Motiven zu tun, die die NSO Group offiziell vertritt.

Obwohl es ein israelisches Unternehmen ist, sitzen viele Kunden in arabischen Ländern. Die Vereinigten Arabischen Emirate, Katar, Marokko und Jordanien gehören dazu ebenso wie Kasachstan, die Türkei, Südafrika, Mexiko, die USA und Kanada. In Europa haben die Wissenschaftler des Citizen Lab Spuren bis nach Großbritannien, Frankreich, Griechenland, die Niederlande, Polen, Lettland und sogar in die Schweiz nachverfolgen können. Unklar ist allerdings, ob es sich tatsächlich um sogenannte Operators in diesen Ländern handelt oder um virtuelle private Netzwerke (VPN), über die sich das Programm zur Verschleierung von Spuren selbständig einwählt.

Die dritte Variante ist laut den Wissenschaftlern, dass ein Operator Spionageoperationen in verschiedenen Ländern durchführt:

Es scheint so, als ob zehn Pegasus-Operators die Überwachung in verschiedenen Ländern durchführen. Während wir (schon) frühere Fälle von Länderübergreifender Zielauswahl beobachtet haben, deutete diese Untersuchung darauf hin, dass Länderübergreifende Zielauswahl und/oder Überwachung eine relativ allgemeine Praxis darstellt. Das Ausmaß dieser Aktivität deutet daraufhin, dass Regierungsexklusive Spionagesoftware weitverbreitet bei Aktivitäten ist, die in den Ländern wo sich die Ziele befinden, illegal sein könnten.

Wie gefragt diese Technologie bei Regierungen ist, zeigt sich in der Präsentation des israelischen Unternehmens. Während die absolute Mehrheit aller Unternehmen auf eine gute Vermarktung angewiesen ist, verfügt die NSO Group nicht einmal eine eigene Webseite. Die Unternehmensvertreter gehen direkt zu den Regierungen und Regierungsbehörden, wo sie ihre "Ware" vorstellen und präsentieren. Das Ausspionieren von zehn iPhones kostet demnach 650.000 US-Dollar, nebst einer einmaligen "Einrichtungsgebühr" von 500.000 US-Dollar. Für eine Auslagerung von Spionageaktivitäten, die in den meisten westlichen Ländern illegal ist, scheint das eine gute und kostengünstige Alternative zu sein, um an gewünschte Informationen zu kommen.

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