Gesellschaft

Der Koran ist schuld, der Koran ist schuld, der Koran ist schuld

Thilo Sarrazin stellte am Donnerstag in Berlin sein neues Buch "Feindliche Übernahme - Wie der Islam den Fortschritt behindert und die Gesellschaft bedroht" vor. Die Kernthese des Buches lässt sich so zusammenfassen: Der Koran ist schuld. An allem und jedem.
Der Koran ist schuld, der Koran ist schuld, der Koran ist schuldQuelle: AFP © John MACDOUGALL

von Timo Kirez

Leider lag RT Deutsch für die heutige Buchpräsentation Sarrazins noch keine Ausgabe des neuen Buches vor. Dies wird allerdings in den nächsten Tagen nachgeholt. Für eine abschließende Bewertung des Buches ist es also zu früh. Hier sollen nur kurz die Eindrücke der Buchpräsentation geschildert werden. Diese lassen zumindest ahnen, in welche Richtung die Reise geht.

Er habe es schon immer gewusst. So beginnt Thilo Sarrazin die Präsentation seines neuen Buches "Feindliche Übernahme - Wie der Islam den Fortschritt behindert und die Gesellschaft bedroht". Der Islam werde "den Westen auffressen". Er habe schon in seinem letzten Buch "Deutschland schafft sich ab" aus dem Jahr 2010 davor gewarnt und habe dafür Nackenschläge einstecken müssen. Man habe nicht auf ihn hören wollen. Nun sei alles noch viel schlimmer gekommen. Deswegen brauche es jetzt drastische Maßnahmen. So weit, so Sarrazin.

Zuvor hatte der ehemalige Neuköllner Bürgermeister Heinz Buschkowsky in seiner Einführungsrede seinem Parteikollegen von der SPD zum Teil Recht gegeben. Es sei wichtig, über dieses Thema ein Buch zu schreiben, so Buschkowsky. Auch er kritisierte das mangelnde Problembewusstsein bei den aktuell Verantwortlichen in der Politik, wenn es um das Thema Islam geht. Es sei sogar zum Teil noch viel schlimmer, als es Sarrazin in seinem Buch darstelle, sagte Buschkowsky weiter. Er müsse sich bisweilen zurückhalten, wenn er selbst zu dem Thema schreibe. Andererseits distanzierte sich Buschkowsky auch ganz klar von Sarrazin.

Die Analyse sei zwar richtig, die daraus gezogenen Thesen und Vorschläge teile er nicht unbedingt, so der ehemalige Bürgermeister. Mit dieser Einschätzung ist sich Buschkowsky treu geblieben. Schon das letzte Buch von Sarrazin "Deutschland schafft sich ab" befand er seinerzeit als "gefährlich" und zum Teil auch für "rassistisch". Zudem verallgemeinere Sarrazin zu stark. Dass er sich dennoch vor den Karren spannen ließ, überrascht in diesem Zusammenhang dann doch. Worum genau geht es in dem Buch von Sarrazin?

Der Werbetext des Verlags liest sich folgendermaßen:

Das Zurückbleiben der islamischen Welt, die Integrationsdefizite der Muslime in Deutschland und Europa sowie die Unterdrückung der muslimischen Frauen sind eine Folge der kulturellen Prägung durch den Islam. Das zeigt Thilo Sarrazin in seinem neuen Bestseller. Auch Deutschland muss sich diesen Tatsachen stellen, wächst doch der Anteil der Muslime in Deutschland und Europa durch Einwanderung und anhaltend hohe Geburtenraten immer weiter an. Bei einer Fortsetzung dieses Trends sind die Muslime hier auf dem Weg zur Mehrheit. Unsere Kultur und Gesellschaft lassen sich nur schützen, indem die weitere Einwanderung von Muslimen gestoppt und die Integration der bei uns lebenden Muslime mit robusten Mitteln vorangetrieben wird. Denn alle Tendenzen, den Islam zu reformieren, sind bisher weitgehend gescheitert. So gibt es in keinem Land, in dem Muslime in der Mehrheit sind, Religionsfreiheit und eine funktionierende Demokratie. Stattdessen leidet die islamische Welt als Ganzes unter einem explosionsartigen Bevölkerungswachstum, und ihre Fanatisierung nimmt ständig zu. Thilo Sarrazin spannt einen Bogen von den Aussagen des Korans zur mentalen Prägung der Muslime, von da weiter zu Eigenarten und Problemen muslimischer Staaten und Gesellschaften und schließlich zu den Einstellungen und Verhaltensweisen von Muslimen in den Einwanderungsgesellschaften des Westens.

Da, wie schon erwähnt, das Buch RT Deutsch noch nicht vorliegt, ist es nicht möglich, abschließend zu beurteilen, inwieweit das Buch die Ankündigungen einlöst. Was jedoch bei der Buchpräsentation auffiel, ist die Fixierung Sarrazins auf den Koran als Quelle allen Übels. Gebetsmühlenartig verwies Sarrazin während seiner Präsentation immer wieder darauf, dass laut seinen Erkenntnissen der Koran ein "aggressiver, ungeordneter, emotionaler und wenig abstrakter Text" sei. "Sehr schlicht" seien die religiösen Inhalte, oft gehe es um Hass und den Kampf gegen die Ungläubigen, manchmal auch um anderes. "Die Beschreibung des Paradieses soll zum Glauben verlocken, während umgekehrt die Beschreibung der Hölle durch Erzeugung von Angst vom Unglauben abschrecken soll." 

Mit so einem Rüstzeug sei eine moderne, weltoffene Zivilisation wie die unsrige "im Westen" nicht kompatibel. Sarrazin, der den Koran "von der ersten bis zur letzten Seite" gelesen habe, kann sich nicht vorstellen, dass der Okzident seinen Frieden mit den Muslimen finden kann, solange die muslimischen Gläubigen den Koran lesen. Diese Fixierung auf den Koran und seine Suren irritiert jedoch. Zum einen hat Sarrazin den Koran in einer Übersetzung aus dem Jahr 1966 von Rudolf Paret gelesen. Das kann man machen, die Übersetzung gilt gemeinhin als ein Klassiker. Allerdings ist kaum eine zweite Religion dermaßen mit einer Sprache, dem Arabischen, verbunden wie der Islam.

Auch wirkte es an vielen Stellen von Sarrazins Präsentation durchaus so, als nehme er verschiedene Passagen des Korans wortwörtlich. Darin, bittere Ironie, unterscheidet er sich nicht im Geringsten von einschlägigen Salafisten wie zum Beispiel Pierre Vogel. Wenn die wörtliche Interpretation religiöser Texte ein Kriterium für deren Grad an "Bösartigkeit" ist, wie soll man dann folgende Texte einordnen?

Wenn ein Nichtjude sich mit der Tora befasst, so verdient er den Tod, …
(Talmudzitat, Synhedrin 59a)

Und:

Denkt nicht, ich sei gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen! Ich bin nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern das Schwert.
(Bibelzitat, Mt 10:34-35)

Schon diese beiden Beispiele zeigen, wie kurz eine derartige "Methodik" greift. Eine zweite Fixierung, man kann da fast schon von einem "Fetisch" sprechen, ist Sarrazins Vorliebe für Statistiken. Von denen wird es vermutlich auch in seinem neuen Buch nur so wimmeln. Doch schon bei seinem vorherigen Buch "Deutschland schafft sich ab" war die Sachlage nicht so klar, wie sie Sarrazin gerne darstellen wollte. Eine Studie der Humboldt-Universität aus dem Jahr 2010 zeigte, dass viele von Sarrazin herangezogene Statistiken zu Migranten die Wirklichkeit verzerren. Sie wurden so lange gedreht und gedehnt, bis sie passten.

RT Deutsch wird sich dem neuen Buch von Sarrazin nach der Lektüre ausführlicher widmen. Eine ausführlichere Besprechung und Interviews zum Thema "Deutschland und der Islam" inklusive. Und dies jenseits der zu erwartenden medialen Hysterie bei diesem Thema. Denn, um noch einmal den ehemaligen Bürgermeister Neuköllns Buschkowsky zu zitieren, das Thema ist zu wichtig, als dass "die Pappnasen mit dem Hitlergruß entscheiden, wo die freie Meinungsäußerung in unserer Gesellschaft endet".

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