Archäologische Funde belegen: Schöne Schuhe schmerzten im Mittelalter vor allem die Männer
Heute leiden darunter vor allem Frauen. Langjähriges Tragen spitzer Schuhe ist die Hauptursache einer Verformung am Gelenk des großen Zehs, die als Hallux valgus bekannt ist. Der Hallux ist aber nichts Neues; bereits im 14. und 15. Jahrhundert mussten Modebewusste darunter leiden, ergab jetzt eine britische Studie, die im International Journal of Paleopathology veröffentlicht wurde.
Die britischen Archäologen untersuchten dafür Skelette aus vier verschiedenen Friedhöfen in und um Cambridge, die im Laufe der Jahrzehnte ausgegraben worden waren. Die Belegungszeit dieser Friedhöfe reicht vom 11. bis ins 15. Jahrhundert. Einer dieser Friedhöfe lag auf dem Land, drei im städtischen Gebiet.
Cambridge hatte im 13. Jahrhundert schätzungsweise 3.500 Einwohner, so die Archäologen. Die Stadt lebte von Landwirtschaft und Handel entlang des Flusses Cam; erst gegen Ende des 13. Jahrhunderts begann die bereits 1210 gegründete Universität eine wichtigere Rolle zu spielen. Nicht nur sie, auch die vielfältigen Klöster trugen zum wachsenden Wohlstand bei.
Ein Wohlstand, der sich auch in der Kleidung ausdrückte, und, sowie diese Mode aufkam, im Tragen von Schnabelschuhen. Um festzustellen, ob dieses Schuhwerk die gleichen Folgen hatte wie heutige Gegenstücke, untersuchten die Wissenschaftler insgesamt 177 Skelette auf Anzeichen von Hallux sowie auf Spuren von Knochenbrüchen, in der Annahme, dass die Deformation des Zehengelenks damals wie heute die Balance verschlechtert und zu Stürzen führen kann.
Tatsächlich fanden sich bei 18 Prozent der untersuchten Skelette Anzeichen von Hallux. Dabei fanden sie sich im 14. und 15. Jahrhundert weitaus häufiger als davor, was mit der Veränderung der Schuhmode übereinstimmt.
Vor allem wohlhabende Stadtbewohner waren davon betroffen. Der höchste Anteil an Hallux-Fällen fand sich im Friedhof der Augustinermönche, auf dem neben Angehörigen dieses wohlhabenden Ordens auch Bürger bestattet wurden, die dem Kloster eine größere Stiftung vermacht hatten. Offenkundig waren auch die Mönche der Schuhmode verfallen; der Anteil der Hallux-Betroffenen auf diesem Friedhof betrug ganze 44 Prozent.
Im Spital St. Johannes Evangelist, das Teil der städtischen Armenfürsorge war, lag der Anteil niedriger, aber immer noch 32 Prozent der Männer und 11 Prozent der Frauen litten unter Hallux. Allerdings lebten im Spital nicht nur Arme, sondern auch etwas wohlhabendere alleinstehende Alte, die sich mit einer Spende ein Wohnrecht im Spital erkauft hatten. In dem dritten städtischen Friedhof, in dem sich städtische und Landbevölkerung mischten, finden sich nur 14 Prozent Hallux-Fälle bei den Männern und 13 Prozent bei den Frauen; dieser Friedhof wurde allerdings 1365 geschlossen, umfasst also nur den Anfang der Schnabelschuhmode. In dem älteren Landfriedhof von Church End gibt es nur einen einzigen Fall, eine Frau, bei der der Hallux andere Gründe gehabt haben dürfte.
Im Mittelalter waren es also weit eher Männer, die unter den Folgen der Schuhmode litten, als Frauen. Und das endete nicht mit schmerzenden Füßen. Die Untersuchung auf Knochenbrüche ergab ebenfalls, dass die Wahrscheinlichkeit eines durch einen Sturz verursachten Bruchs bei den Skeletten mit Hallux höher lag, allerdings erst bei älteren Betroffenen.
Die Leidenschaft der Mönche für modische Kleidung hat übrigens bereits ihr Zeitgenosse Geoffrey Chaucer beschrieben:
"Mit feinstem Grauwerk, das im ganzen Land
Zu finden, war verbrämt sein Aermelrand,
Und unterm Kinne trug er die Kaputze
Mit goldner Nadel zugesteckt zum Putze.
Ein Liebesknoten saß an ihrem Knopf.
Blank wie ein Spiegel war sein kahler Kopf,
Glatt wie mit Oel gesalbt sein Antlitz auch:
Feist war der Herr und wohlgenährt sein Bauch.
Die Augen traten steif aus dem Gesicht;
Das dampfte – ärger dampft ein Backhaus nicht.
Die Stiefel fein, das Roß im höchsten Staat:
Er war fürwahr ein stattlicher Prälat."
Die Forscher betonen, ihre Funde würden die Folgen dieses modischen Schuhwerks eher unterschätzen, da sie nur die Skelette untersuchen konnten, aber leichtere Fälle von Hallux keine Spuren an den Knochen hinterließen. Es dürften also noch weit mehr Männer des 14. und 15. Jahrhunderts an einer Fehlstellung gelitten haben, die heute vor allem Frauen betrifft.
Mehr zum Thema - Der Hadrianswall folgte einer kulturellen Grenze
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.