Tierproduktion in Deutschland: Jährlich 100 Millionen Tiere getötet für den Mülleimer
Jedes Jahr sterben in der Tierproduktion allein in Deutschland "fast 100 Millionen Tiere, ohne dass ihr Fleisch verzehrt wird". Diesen Zahlen stammen aus dem am 6. Januar veröffentlichten Fleischatlas 2021, der von der Heinrich-Böll-Stiftung, dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der Zeitung Le Monde Diplomatique herausgegeben wird. Das Magazin informiert über Fleischkonsum, -produktion und dessen Folgen in Deutschland und weltweit.
In Deutschland wurde im Jahr 2019 8,6 Millionen Tonnen Fleisch produziert. Damit ist Deutschland nach China, den USA, Brasilien und Russland der fünftgrößte Fleischproduzent der Welt.
Insgesamt wurden im Jahr 2019 in Deutschland über 763 Millionen Tiere geschlachtet:
- 652,7 Millionen Hühner
- 55,1 Millionen Schweine
- 34,2 Millionen Puten
- 15,9 Millionen Enten
- 3,4 Millionen Rinder
- 1,1 Millionen Schafe
- 594.000 Gänse
- 23.000 Ziegen
Die Fleischwirtschaft in Deutschland wird von vier großen Unternehmen dominiert – allen voran steht Tönnies. Das Unternehmen erwirtschaftete 2019 einen Umsatz von 7,3 Milliarden Euro. Danach folgen Vion Food German mit 2,8 Milliarden Euro, Westfleisch mit 2,79 Milliarden Euro und die PHW-Gruppe (dazu gehört unter anderem Wiesenhof) mit 2,68 Milliarden Euro.
"Im Jahr 2019 wurden in Deutschland mehr als zwei Millionen Tiere pro Tag geschlachtet, darunter 1,7 Millionen Hühner, 151.000 Schweine und 94.000 Puten."
Ein großer Teil davon wird nicht konsumiert, sondern wandert als Verlust in den Mülleimer. Im Fleischatlas wird berichtet, dass jährlich in der deutschen Tierproduktion etwa 100 Millionen Tiere getötet werden, "ohne dass ihr Fleisch verzehrt wird":
"Dies sind zum einen Tiere, die während der Mast verenden oder aus wirtschaftlichen Gründen getötet und beseitigt werden. Jährlich müssen bis zu 200.000 männliche Milchrassekälber und 45 Millionen männliche Küken sterben, weil sich ihre Mast aufgrund des geringen Fleischansatzes nicht lohnen würde."
In der Schweineproduktion beträgt die Verlustrate etwa 30 Prozent. Im Durchschnitt gebäre eine Zuchtsau in Deutschland 101 Ferkel. Davon werden aber nur 73 geschlachtet. Neun werden tot geboren, 14 sterben noch als Säuglinge, fünf während der Mast. Grund dafür sind "schlechte Haltungsbedingungen und auf Hochleistung gezüchtete Rassen". Im Fleischatlas wird geschätzt, dass jährlich rund 8,6 Millionen Schweine durch die schlechten Haltungsbedingungen zu Tode kommen.
Dazu kommen die Verluste durch nicht genutzte Körperteile der Tiere, durch Transport- und Lagerungsbedingungen und weggeworfene Speisen der Konsumenten. "Nur etwa 60 Prozent eines geschlachteten Schweines landet in Deutschland schließlich als Fleisch und Wurst auf dem Teller" – der Rest wird zu "Haustier- und Fischfutter verarbeitet, in der Chemie- und Düngemittelindustrie verwendet oder als Biokraftstoff in den Tank gefüllt" oder geht schlicht in den Müll.
"Im Handel und im Endverbrauch entstehen weitere Verluste, weil Haltbarkeitsdaten überschritten oder verbrauchsfertige, aber nicht verzehrte Nahrungsmittel weggeworfen werden. Weltweit gingen im Jahr 2016 – das ist die aktuelle Zahl – 11,9 Prozent der Fleischproduktion zwischen Schlachtung und Einzelhandel verloren, 39 Millionen Tonnen oder, legt man dieselbe Verlustrate für alle Tierarten zugrunde, 8,7 Milliarden Tiere. Diese Menge ließe sich auch in 115 Millionen Rinder oder 413 Millionen Schweine umrechnen."
Die Menge der von den deutschen Endverbrauchern weggeworfenen Fleischmengen ist ebenfalls beachtlich. Umgerechnet auf ganze Tiere warfen die Privathaushalte in Deutschland im Jahr 2015 Fleisch- und Wurstabfälle in nachfolgender Größe weg:
- 8,9 Millionen Hühner
- 640.000 Schweine
- 450.000 Puten
- 360.000 Enten
- 71.000 Gänse
- 52.000 Schafe und Ziegen
- 50.000 Rinder
Das Konsumverhalten – auch der übermäßige Einkauf – wird entscheidend von der Werbung gelenkt. Als Beispiel zeigen die Autoren des Fleischatlas eine Untersuchung des Kaufverhaltens von Kunden des Lebensmitteldiscounters Lidl. Dort wurden 2017 über vier Monate lang die Fleischkäufe betrachtet und der Wochenwert (in Tonnen) gemessen. Er schwankt durchschnittlich um einen Wert von 360 Tonnen – mit einer Amplitude von 490 und 266 Tonnen. In den Kalenderwochen fünf und neun wurden stark erhöhte Verkaufswerte registriert, mit Werten von 612 und 625 Tonnen. In diesen Wochen gab es bei Lidl jeweils eine Aktion mit reduzierten Preis auf gemischtes Hackfleisch. Das Kilogramm wurde für 3,39 Euro verkauft – statt zum ansonsten in 2017 üblichen Preis von 4,78 Euro pro Kilogramm (verkauft für 2,39 Euro pro 500-Gramm-Schale). Der niedrigere Preis führt zu einem signifikanten Mehreinkauf.
Insgesamt liegt der Fleischkonsum "in den meisten Industrienationen seit Jahrzehnten relativ konstant auf hohem Niveau". Im Jahr 2019 wurden in Deutschland pro Person fast 60 Kilogramm Fleisch gegessen. Weltweiter Spitzenreiter sind die USA und Australien, wo jeweils jährlich pro Person über 100 Kilogramm Fleisch verzehrt werden.
Seit 1991 sank der Fleischverzehr in Deutschland pro Kopf um sieben Prozent. Der Verzehr von Geflügel stieg jedoch bedeutend an:
"Hier lag der Pro-Kopf-Verzehr 2019 bei 13,8 Kilogramm. Das sind 90 Prozent mehr als 1991. Beliebt ist vor allem die Brust. Andere Teile, zum Beispiel Flügel und Füße, werden tiefgefroren und dann nach Asien und Afrika exportiert."
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