Boykottrufe gegen Netflix in Indien wegen eines interreligiösen Kusses
In den letzten Wochen haben indische Internetnutzer ihre Empörung über Netflix zum Ausdruck gebracht. Der Hashtag "BoycottNetflix" ist inzwischen zu einem Trend auf Twitter geworden. Der Grund ist die BBC-Serie "A Suitable Boy" ("Eine gute Partie"), die das US-Medienunternehmen ausgestrahlt hat. In einer Szene küssen sich eine hinduistische Frau und ein muslimischer Mann in einem hinduistischen Tempel. Viele Inder nahmen das als Verletzung ihrer religiösen Gefühle wahr.
अपने ‘A Suitable Boy’ कार्यक्रम में @NetflixIndia ने एक ही एपिसोड में तीन बार मंदिर प्रांगण में चुंबन दृश्य फ़िल्माए। पटकथा के अनुसार मुस्लिम युवक को हिंदू महिला प्रेम करती है, पर सभी किसिंग सीन मंदिर प्रांगण में क्यूँ शूट किए गए?मैने रीवा में इस मामले पर FIR दर्ज करा दी है। pic.twitter.com/RcwuPDDME2
— Gaurav Tiwari (@adolitics) November 21, 2020
Der Innenminister des indischen Bundesstaates Madhya Pradesh, Narottam Mishra, erklärte, diese und noch einige Szenen der Netflix-Serie seien fragwürdig. Dem Minister zufolge könnten sie religiöse Gefühle verletzen. Mishra teilte mit, er wolle sich über rechtliche Schritte informieren.
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Der Sprecher der Bharatiya Janata Party ("Indische Volkspartei"), Gaurav Goel, schloss sich dem Trend "Boykott Netflix" an, ohne den Titel "A Suitable Boy" zu nennen. Er beharrte darauf, wenn eine OTT-Plattform hinduistische Götter und Göttinnen "absichtlich" beleidige, solle eine Beschwerde bei der Polizei rechtmäßig eingereicht werden. Er bot allen Unterstützung an und schrieb: "Das Gesetz wird sich um solche Straftäter kümmern."
If any OTT platform is delibrately insulting the Hindu Gods & Goddess, pls file the complaint with the police or local court under Section 295A of IPC. The law will take care of such offenders.In case of any assistance you can contact me or @chakusameer#BoycottNetflix
— Gaurav Goel (@goelgauravbjp) November 22, 2020
Der Jugendanführer der Partei, Gaurav Tiwari, erhob Beschwerde gegen zwei Führungskräfte von Netflix. Viele Nutzer meinten sogar, dass Netflix mit der Szene den sogenannten "Love Jihad" ("Liebesdschihad") fördere. Das ist die Vorstellung radikaler Hindus, dass muslimische Männer hinduistische Frauen heiraten, um sie dann zum Islam zu konvertieren und damit die Demografie des Landes zu ändern.
Netflix again glorifies Love Jihad in the latest webseries True hindus to Netflix India :#BoycottNetflixpic.twitter.com/cIJinkpClv
— Kamlendra Singh Jhala (@ksjhala_udaipur) November 22, 2020
Der Schauspieler Rahul Mahajan war unter denen, die ihr Missfallen über die Szene zum Ausdruck brachten. Er schrieb:
Ein muslimischer Mann, der während des Ram Aartis eine Hindu-Frau küsste, war 'kreative Freiheit'. Aber wenn ein Hindu-Mann und eine muslimische Frau sich während des Adhāns in einer Moschee küssen, verschwindet diese kreative Freiheit.
मुस्लिम लड़के द्वारा हिंदू लड़की के साथ मंदिर प्रांगण में श्रीराम की आरती के दौरान ‘किसिंग सीन’ - इसे कहते हैं ‘क्रीएटिव फ़्रीडम’हाँ पर अगर कोई निर्माता हिंदू लड़के और मुस्लिम लड़की का मस्जिद में अजान के वक्त ‘किसिंग सीन’ शूट कर दे तो यह ‘क्रीएटिव फ़्रीडम’ छुट्टी पर चली जाएगी। https://t.co/WpD0QKfzhH
— Rahul Pramod Mahajan (@TheRahulMahajan) November 21, 2020
In Indien sind Ehen zwischen der hinduistischen Mehrheitsbevölkerung und Muslimen – der größten Minderheit im Land – eine Seltenheit. Halten sich Liebende nicht an diese Konventionen, kommt es sogar zu Morden, vermeintlich im Namen der Ehre. Die Gesellschaft ist unter der hindunationalistischen Regierung polarisierter geworden. Vor einigen Wochen erst zog eine Schmuckfirma einen Werbeclip mit einem hinduistisch-muslimischen Paar zurück, nachdem es ähnliche Kritik gegeben hatte.
Anfang November kündigte die indische Regierung neue Regeln für digitale Medien an. Seitdem werden Online-Streaming-Plattformen durch das Ministerium für Information und Rundfunk reguliert. Dies könnte Unternehmen wie Netflix dazu zwingen, denselben Einschränkungen wie herkömmliche Medien zu folgen.
Indien ist ein großer Markt für Netflix. Das Unternehmen hat in den letzten zwei Jahren 400 Millionen US-Dollar auf den Markt gebracht und das Land zu einem seiner wichtigsten regionalen Produktionszentren gemacht. Anfang dieses Jahres wurde auf seiner Plattform eine Hindi-Option hinzugefügt, um mehr indische Benutzer zu erreichen.
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(rt/dpa)
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