Europa

Kroatischer Fischer lässt sich von US Navy nicht einschüchtern: "Bin kein Pirat aus Somalia"

Darko Kunac Bigava staunte nicht schlecht, als seine Männer eine mysteriöse orangene Box aus dem Meer zogen. Als am nächsten Tag ein Schiff der US Navy auftauchte, war klar, dass es nach diesem Fund suchte. Aber so einfach wollte der Fischer das Gerät nicht hergeben.
Kroatischer Fischer lässt sich von US Navy nicht einschüchtern:  "Bin kein Pirat aus Somalia"© Screenshot

Die Crew der Mario II und ihr Kapitän Darko Kunac Bigava waren enttäuscht, nachdem sich der vermeintlich reiche Fischfang in 140 Metern Tiefe als orangefarbene Box erwies. Richtig wütend wurde der Fischer, nachdem er feststellte, dass das Gerät sein neues Fischernetz zerrissen hatte. Um herauszufinden, worum es sich dabei handelt und wem es gehört, veröffentlichte er die Bilder auf Facebook. Das Portal Morski, das sich für den Schutz der kroatischen Gewässer einsetzt, wurde auf diesen Fall aufmerksam gemacht und trat mit Kunac in Kontakt.

Einen Tag bevor die Mario II diesen ominösen Fund vor der Insel Mljet in Süddalmatien machte, hatten Schiffsbeobachter eine weitere Kuriosität bemerkt. Das Forschungsschiff USNS Bruce C. Heezen der US Navy, das am 5. Januar die Hafenstadt Rijeka verließ, führte just vor der Insel Mljet am 7. Januar ungewöhnliche Manöver durch, die bei den Beobachtern Fragen aufwarfen.      

Da sich auf dem Gerät auch noch das Frachtlabel von DHL befand, stand schnell fest, dass es am 20. November 2019 im Stennis Space Center aufgegeben wurde, wo die NASA Raketenantriebssysteme testet. Außerdem befinden sich verschiedene Einrichtungen der US Navy auf dem Gelände. Am 28. November wurde die Fracht schließlich einem Dienstleister in der kroatischen Hauptstadt Zagreb ausgeliefert, der es weiter nach Opatija brachte. In der nahegelegenen Hafenstadt Rijeka sollte die USNS Bruce C. Heezen einer Wartung unterzogen werden und schließlich auch das Gerät an Bord nehmen.

Am Tag nach dem seltsamen Fund wurde Kunac über VHF angefunkt. An Bord des US-Schiffes befanden sich auch kroatische Marineoffiziere, die mit dem Fischer sprachen und die Herausgabe des 100 Kilogramm schweren Geräts verlangten. Kunac antwortete, dass er es erst zurückgeben werde, wenn er für den entstandenen Schaden am Fischernetz entschädigt wird. Er beschwerte sich zudem bei dem kroatischen Offizier, dass solche Geräte eine Gefahr für die Fischer darstellen und man doch davor warnen sollte, wenn die Marine irgendwelche Dinge im Meer versenkt. Die Antwort brachte Kunac nur noch mehr in Rage. Gegenüber Morksi.hr sagte er:

Dann lügen sie auch noch, dass es eine Radiodurchsage gab. Ich habe das mit der Radiostation in Dubrovnik abgeklärt, und es gab gar keine Durchsage! Ein kroatischer Offizier der Küstenwache lügt einen kroatischen Fischer und Teilnehmer des Unabhängigkeitskrieges an, der sein Land geschaffen und ihm Arbeit und Uniform gegeben hat.

Es folgten weitere Funksprüche zwischen Kunac und dem Schiff der US Navy, doch der Fischer wollte nicht klein beigeben und bestand auf die Entschädigungszahlung. Er sagte ihnen, dass er kroatischer Staatsbürger und "kein Pirat aus Somalia" ist und dass man so nicht mit ihm umgehen könne. Am Ende einigten sich beide Seiten, dass es zu einer "anständigen Übergabe" kommen sollte. Der Kapitän des US-Schiffes habe die geforderte Summe von rund 3.000 Euro in bar bei sich, sodass die Angelegenheit ohne "großes Aufsehen" erledigt werden könne. 

Am Nachmittag des 9. Januars war es dann so weit. Kunac stach erneut in See und warf das Gerät an dem Ort ins Wasser, an dem er es auch gefunden hatte. Die USNS Bruce C. Heezen zog daraufhin das Gerät an Bord und verließ das kroatische Hoheitsgebiet umgehend in Richtung Italien. 

Einige Tage blieb unklar, um was für ein Gerät es sich gehandelt hat. Weder kroatische noch US-Regierungsstellen wollten sich zu dem Vorfall äußern, bis Travis Weger, Sprecher des Military Sealift Command Europe and Africa, offiziell bestätigte, dass die US Navy eine "ozeanografische Untersuchung" durchführte, die mit kroatischen Behörden "koordiniert" wurde. Die Boje hatte einen Transponder, mit dem die US Navy "verbesserte Systeme" testen wollte. Um welche Systeme es sind dabei handelt, ließ der Sprecher hingegen aus.

Das Magazin Forbes könnte allerdings das Geheimnis gelüftet haben. Ein längst vergessener Tweet des Naval Oceanographic Office aus dem Jahr 2014 zeigt ein ähnliches Gerät wie das, das Darko Kunac in 140 Metern Tiefe aus dem Meer fischte. Der Name dieses Systems lautet EARS.     

EARS steht für Environmental Acoustic Recording System (frei übersetzt: Akustisches Umweltaufzeichnungssystem), mit dem Geräusche aus den Tiefen der Meere über einen langen Zeitraum aufgezeichnet werden. Das dient nicht nur wissenschaftlichen Zwecken, sondern auch zur Aufspürung von U-Booten. US-Admiral James Foggo, Oberkommandeur der US-Flotte in Europa, warnte erst vor Kurzem vor einer angeblich "erhöhten russischen Bedrohung" in allen europäischen Meeren und verlangte deshalb mehr Schiffe.    

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