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"Dann bauen wir eben eine Mauer" – Plan B der Ukraine, falls der Minsker Prozess scheitert?

Die Ukraine stellt sich auf das Scheitern der Minsker Vereinbarungen ein. Eine Möglichkeit wäre, sich von den "nicht kontrollierten" Gebieten im Osten durch eine Mauer zu trennen, lässt ein Regierungsvertreter wissen. Ob dies eine echte Mauer sein soll, ließ er offen.
"Dann bauen wir eben eine Mauer" – Plan B der Ukraine, falls der Minsker Prozess scheitert?Quelle: Sputnik

In der Ukraine werden die Bemühungen im Normandie-Format zur Regelung des Donbass-Konfliktes "Friedensverhandlungen mit Russland" genannt. Sollten sie scheitern, ist die ukrainische Führung bereit, im Donbass eine Mauer zu errichten, schreibt das Portal Ukrainskaja Prawda. Diese Option nannte der Berater des ukrainischen Präsidenten Andrej Jermak in London bei einem Treffen, das von den Denkfabriken Chatham House und Ukrainian Prism organisiert wurde. Der Assistent des ukrainischen Präsidenten erklärte:

Wenn wir heute seitens der Russischen Föderation keine Bereitschaft sehen, den Weg des Friedensprozesses zur Umsetzung der Minsker Abkommen zu gehen, dann werden wir eine Mauer im übertragenen Sinne bauen und weiterleben. Wir haben Freunde, wir werden uns auf ihre Erfahrungen stützen und sie übernehmen. Ich meine zuerst einmal Israel.

Er ließ auch blicken, wie weit die Ukraine im Friedensprozess gehen will, wie sie dessen politischen Teil und vor allem die Frage nach Autonomierechten für die abtrünnige Region derzeit bewertet:

Die Ukraine ist bereit, die Bestimmungen der Minsker Abkommen umzusetzen, die eine Verfassungsreform im Hinblick auf die Dezentralisierung vorsehen. Wir sprechen aber nicht von einer Föderalisierung.

Einige Kreise der Bezirke Donezk und Lugansk (so werden in Kiew die selbstausgerufene Volksrepubliken Donezk und Luganks genannt – Anm. der Red.) können zusätzliche Befugnisse erhalten. Aber das wird nie bedeuten, dass es eine Föderalisierung oder eine Art Autonomie sein wird.

Jermak äußerte sich auch zuversichtlich, dass dies die Integrität der Ukraine nicht gefährden wird.

Das Minsker Abkommen sieht in der Tat keine Föderalisierung vor, zumindest nicht im Wortlaut. Die regionalen Rechte, die in den Vereinbarungen festgeschrieben wurden, sind jedoch weitreichend:

  • Freiheit von Bestrafung, Verfolgung und Diskriminierung für am Konflikt beteiligte Personen
  • Das Recht auf sprachliche Selbstbestimmung
  • Beteiligung der lokalen Selbstverwaltungsorgane an der Ernennung von Staatsanwälten und Richtern
  • Staatliche Unterstützung für die sozioökonomische Entwicklung der Gebiete
  • Erleichterung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit der Zentralbehörden der Gebiete mit den Regionen der Russischen Föderation
  • Schaffung von Abordnungen der Volksmiliz durch Beschluss der Gemeinderäte zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung.

Vor allem bei den Fragen zu Amnestie, Volksmiliz, Grenzkontrolle und Sprachpolitik stehen sich die Positionen der Zentralmacht in Kiew und die der De-facto-Regierungen in Donezk und Lugansk diametral gegenüber. Das Minsker Abkommen sieht auch direkte Verhandlungen zwischen der Zentralregierung und Vertretern der örtlichen Macht in Donezk und Lugansk vor. Kiew lehnt diese ab und sieht Russland als einen Gegner und als eine Konfliktpartei.

Der Wille zur Regulierung des Konflikts lässt sich jedoch auch in den EU-Hauptstädten verstärkt erkennen. So sagte am Vorabend des Normandie-Treffens der OSZE-Generalsekretär Thomas Greminger, dass politische Schritte nötig seien für die "Wiederherstellung der Brücken" zwischen Russland und der Ukraine, aber auch zwischen Russland und dem Westen.

Auch Josep Borrell, Hoher Vertreter der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik, äußerte vorsichtigen Optimismus bezüglich des Treffens. Allerdings sieht er Russland weiterhin als "Kern des Problems".

Eine weitere Friedensinitiative, die einen milliardenschweren Plan für den Wiederaufbau in der kriegsgeschundenen Region vorsieht, kam am Donnerstag vom Ost-Ausschuss – dem Osteuropaverein der Deutschen Wirtschaft. Die Versöhnung zwischen den Konfliktparteien und darauffolgende politische Regulierung seien dabei die wichtigste Voraussetzungen, betonen die Autoren der Initiative. 

In der EU bringt man die Hoffnungen auf eine Normalisierung mit dem neuen ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij in Verbindung. Er und seine Regierungsvertreter fielen allerdings in den letzten Tagen mit konfrontativen Erklärungen auf, die wenig Raum für Optimismus lassen. 

So sagte Selenskij, dass es für Menschen mit russischen Pässen keinen Platz im Osten der Ukraine gibt. Der ukrainische Außenminister Wadim Pristajko bezeichnete Russland als "Staats-Terrorist". Diese Äußerungen zeigen, dass der Plan B – die endgültige Abtrennung der Region mit ihrer gegenüber Kiew illoyalen Bevölkerung von der Rest-Ukraine – für Kiew nicht nur realistisch, sondern möglicherweise dort sogar als wünschenswert angesehen ist.

Für die derzeitige politische Kultur in Kiew wäre diese Option auch deshalb interessant, weil man Russland dann noch stärker als bisher einer Verletzung der territorialen Integrität und einer Aggression beschuldigen könnte. Die Ukraine könnte in diesem Falle aus einer noch drastischeren angeblichen Opferrolle heraus noch weiterreichende internationale Unterstützung einfordern wollen. 

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