Brüssel ermittelt: Deutschland und zwölf weitere EU-Länder vom Gammelfleisch-Skandal betroffen
Der Fleischskandal aus Polen weitet sich aus und beschäftigt nun auch die EU-Kommission. Alles begann mit einem Bericht des polnischen Nachrichtensenders TVN24 über skandalöse Praktiken in einem Schlachthaus in der Woiwodschaft Masowien. Dort sollen heimlich nachts kranke Rinder angeliefert und geschlachtet worden sein. Ein Reporter der TV-Sendung Superwizjer hatte sich bei der Firma mehrere Monate als Arbeiter eingeschleust und mit versteckter Kamera Aufnahmen gemacht.
Tumore und Abszesse einfach weggeschnitten
Es sind erschreckende Bilder entstanden. Darauf ist unter anderem zu sehen, wie jene Tiere, die offenbar zu krank waren, um zu laufen, mit Seilwinden aus dem Tiertransporter herausgezogen wurden. Die illegale Schlachtung soll laut dem Bericht meist in den Nachtschichten stattgefunden haben. Den Rindern sollen Tumore und Abszesse einfach weggeschnitten worden sein. Es fanden keine weiteren tierärztlichen Kontrollen statt. Ein Informant erzählte dem Sender, dass das Fleisch ohne weitere Untersuchungen mit Stempeln als für den Verzehr unbedenklich ausgezeichnet und verpackt wurde. Danach wurde es in den Umlauf gebracht.
#SuperwizjerTVN | W polskich rzeźniach od lat na masową skalę zabija się chore krowy. Jedząc ich mięso narażamy zdrowie i życie.https://t.co/qErXBti05g
— tvn24 (@tvn24) 26. Januar 2019
Inzwischen ist klar, dass mindestens 13 EU-Länder von dem Fall betroffen sind. Nach bisherigem Stand handelt es sich dabei – neben Polen – um Deutschland, Frankreich, Spanien, Estland, Finnland, Ungarn, Lettland, Litauen, Rumänien, die Slowakei, Schweden und Portugal. Das Ausmaß ist noch nicht vollends klar. Die Liste der betroffenen Länder könne sich noch ändern, erklärte eine Sprecherin der EU-Kommission am Freitag.
Die Brüsseler Behörde hat inzwischen Ermittlungen eingeleitet. Am Montag sollten Kontrolleure nach Polen reisen, um die Situation zu analysieren, erklärte die Sprecherin. Die betreffende Fabrik sei mittlerweile geschlossen, das Fleisch werde zurückverfolgt und vom Markt genommen.
In der Slowakei soll das Fleisch sogar in die Schulküchen gelangt sein
Knapp 800 Kilogramm verdorbenes Fleisch sollen etwa nach Frankreich gelangt sein, sagte der französischen Landwirtschaftsminister Didier Guillaume dem Sender CNews am Freitag. Von den 795 Kilo Fleisch seien rund 150 Kilo bereits sichergestellt und eingezogen worden, so Guillaume. Nach den restlichen Mengen wird nun gesucht. Es sei aber unklar, ob verdorbenes Fleisch in den Handel gelangt oder in einem Kühlschrank aufbewahrt sei.
Das ist ein fürchterlicher Betrug, ein wirtschaftlicher Betrug, ein gesundheitlicher Betrug eines polnischen Schlachthofs", sagte der französische Minister dem Sender.
In der Slowakei wiederum sind mindestens 300 Kilogramm Rindfleisch offenbar in den Handel und sogar in Schulküchen gelangt, berichtet die Deutsche Presse-Agentur mit Verweis auf das Agrarministerium in Bratislava. Regierungschef Peter Pellegrini wandte sich mit einer Videobotschaft an alle Schulleiter der Slowakei und forderte sie auf, in ihren Schulküchen kein Importfleisch mehr zu erlauben.
Inzwischen kündigte Tschechien an, intensive Kontrollen von importiertem Rindfleisch aus Polen durchzuführen. Polens Landwirtschaftsminister Jan Krzysztof Ardanowski meldete sich inzwischen zu Wort und sprach von einem Einzelfall. Dieser Betrug schade dem Ruf polnischer Lebensmittel enorm, kritisierte er. Warschau kündigte als Reaktion verschärfte Kontrollen von Schlachtbetrieben an.
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