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Frankreich: Was wirklich hinter dem neuen "Fake News"-Gesetz steckt

Das französische Parlament hat ein umstrittenes Gesetz zur Bekämpfung von "Fake News" verabschiedet. Es ist ein offenes Geheimnis, dass es dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron dabei vor allem um ausländische Medien geht – Sputnik und RT im Fokus.
Frankreich: Was wirklich hinter dem neuen "Fake News"-Gesetz stecktQuelle: Reuters © Charles Platiau

Frankreichs Nationalversammlung hat trotz heftiger Kritik der Opposition ein Gesetzespaket gegen "gezielt gestreute Falschinformationen" in Wahlkampfzeiten beschlossen. Die Abgeordneten stimmten am Dienstagabend mehrheitlich für zwei Entwürfe – zuvor war das Gesetz im Senat gescheitert. Die Abgeordneten hatten nun das letzte Wort. Staatspräsident Emmanuel Macron hatte sich Anfang des Jahres für neue Regeln gegen "Fake News" in Wahlkampfzeiten ausgesprochen.

Die Gesetze sollen es zum Beispiel ermöglichen, dass ein Kandidat sich im Eilverfahren gegen die Verbreitung von Falschinformationen im Internet wehren kann. Ein Richter könnte dann beispielsweise Internetanbieter verpflichten, den Zugang zu diesen Inhalten zu sperren. Bedingung wäre, dass die Falschinformationen vorsätzlich und massiv verbreitet werden und geeignet sind, die Wahl zu beeinflussen.

Gegen das Gesetz hatte sich heftiger Widerstand in der Opposition, aber auch bei Journalisten geregt. Oppositionspolitiker warnten vor der Gefahr einer "Gedankenpolizei" und vor "Zensur". Linke und Rechte stimmten nun im Parlament gegen das Gesetz oder enthielten sich. Das Gesetz richtet sich jedoch vor allem an Medien, die von ausländischen Staaten kontrolliert werden.

Das Hauptziel des Gesetzes sei es, diejenigen anzugehen, die die Verbreitung gefälschter Nachrichten unterstützen, erklärt Bruno Studer von Macrons regierender LREM-Partei, und fügte hinzu, dass es die Verbreitung gefälschter Fakten, und nicht Meinungen, bekämpfen soll. Doch für die kommunistische Abgeordnete Elsa Faucillon könnte das Gesetz die Informations- und Pressefreiheit grundsätzlich gefährden und sei daher nicht der geeignete Weg, um die Verbreitung von "Fake News" zu bekämpfen. Das Gesetz sei "nutzlos" und darüber hinaus könne es gefährlich sein, da es "die Selbstzensur provoziere", so Faucillon.

Laut Yann-Maël Lahrer, dem Gründer von Okaydoc, einer Plattform zur Erforschung von digitalen Herausforderungen, werden die Folgen des Gesetzes überschätzt, da es "relativ unanwendbar" sei. Es sei schwierig, die Autoren von gefälschten Nachrichten zu identifizieren. Lahrer befürchtet dennoch, dass das Gesetz einen "starken Angriff auf die Demokratie" darstelle. Obwohl der lange Gesetzestext keine bestimmten ausländischen Medien explizit benennt, sprach der Chef der linken französischen Partei La France Insoumise, Jena-Luc Mélenchon, das aus, was viele vermuten: "Es sind Russen, über die sie von Anfang an gesprochen haben." Es gehe um RT und um Sputnik.

Die Verbannung dieser Sender werde nur eine Spiegelreaktion aus Moskau hervorrufen, warnt Mélenchon. "Wenn sie RT nicht in Frankreich wollen, wird es kein France 24 in Russland mehr geben", so der Politiker. Macron hegt seit Beginn seiner Präsidentschaftskampagne eine unverhüllte Abneigung gegen RT und Sputnik. Er bezeichnet sie als "Propaganda" und spricht ihnen jegliche journalistische Motivation ab.

Mélenchon lobte den Pluralismus der Medien in Frankreich, er sei froh, alle Standpunkte in den Medien zu finden. "Es macht mir nichts aus, Artikel von Le Figaro [eine eher konservative Tageszeitung] zu lesen, die einen richtigen Blick auf die Welt werfen", gab er zu. Aber er lese eben auch die Tageszeitung L'Humanité, das ehemalige Zentralorgan der kommunistischen Partei in Frankreich. RT-Chefredakteurin Margarita Simonyan nannte das neue Gesetz einen "banalen, altmodischen und langweiligen Kampf gegen den Dissens".

Das sogenannte Anti-Fake-Nachrichtengesetz, wie der gesamte Kampf gegen gefälschte Nachrichten, der kürzlich in Europa und in Amerika ausgebrochen sei, habe nichts mit "Fake News" zu tun. Und das werde mit jedem neuen Gesetz, insbesondere mit dem jüngsten französischen Gesetz, immer offensichtlicher, so Simonyan.

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