Konflikt zwischen Europarat und Russland dauert an
Der seit vier Jahren andauernde Konflikt zwischen dem Europarat und Russland bleibt unvermindert bestehen. Eine Debatte über mögliche Kompromisse in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (PACE) brachte am Dienstag keine Lösung. Die Abgeordneten sprachen sich dafür aus, noch nicht über einen möglichen Kompromissvorschlag abzustimmen, der die angebliche russische Blockade gegenüber dem Europarat hätte lockern können. Über den Vorschlag soll in den Ausschüssen weiter verhandelt werden. Eine baldige Rückkehr der russischen Abgeordneten ist damit sehr unwahrscheinlich.
Der Europarat mit Sitz in Straßburg ist eine internationale Organisation, die laut Satzung die Kooperation unter ihren Mitgliedern fördern und auf die Einhaltung der Menschenrechte achten soll. Er besteht unabhängig von der Europäischen Union, und zu den 47 Mitgliedsstaaten zählen auch Russland, die Ukraine und die Türkei.
Vor dem Hintergrund des Ukraine-Konflikts und der Aufnahme der Krim in die Russische Föderation verhängte die Versammlung – gemäß eigener Satzung umstritten – Sanktionen gegen die russischen Abgeordneten. Diese verloren nicht nur ihr Stimmrecht und wurden von bestimmten Ämtern und Missionen ausgeschlossen. Auch bei der Bestimmung von Richtern für den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) dürfen die russischen Parlamentarier nicht mehr mitwirken.
Aus Protest gegen diese Sanktionen nimmt die russische Delegation nicht mehr an den Sitzungen der Versammlung teil. Darüber hinaus hat Russland die Zahlung seiner Beiträge für den Europarat im Sommer 2017 eingestellt. Die russischen Beiträge deckten etwa ein Zehntel des Haushalts dieser Institution.
Die nun erst einmal zurückgestellten Kompromissvorschläge sahen vor, die für die Verhängung derartiger Sanktionen nötigen Mehrheiten zu erhöhen. Wichtige Wahlen wie die der EGMR-Richter sollten von Sanktionen ausgeschlossen werden.
In der Versammlung entspann sich um diese Vorschläge eine kontroverse Debatte, in der sich vor allem ukrainische, georgische und britische Abgeordnete gegen Kompromisse stellten. Der christdemokratische Fraktionsvorsitzende in der Versammlung, der Pole Aleksander Pociej, erklärte: "Wir sind sehr besorgt darüber, dass dieser Kompromiss uns sichtlich unter finanziellem Druck unterbreitet wurde."
Vor einigen Tagen hatten etwa 100 Politiker und "Vertreter der Zivilgesellschaft", unter ihnen die Grüne Rebecca Harms, Russland Erpressung vorgeworfen. Mit einem Nachgeben würde sich der Europarat unglaubwürdig machen. "Ein schwacher Europarat wird seine Autorität und seinen Einfluss in den Teilen der Welt verlieren, in denen er am dringendsten gebraucht wird."
There are very serious reasons to say No to the unconditional return of #Russia to PACE. @coe@HeikoMaas@JY_LeDrian@PavloKlimkin@IlvesToomashttps://t.co/eujYPL9cSq
— Rebecca Harms (@RebHarms) October 9, 2018
Der ukrainische Abgeordnete Alexej Gontscharenko nutzte die Debatte für einen Auftritt der besonderen Art. Er trat mit Gummihandschuhen vor die Versammlung, wie er sagte, aus Angst, "giftigen Substanzen zum Opfer zu fallen". Das sollte eine Anspielung auf die Vergiftung der Skripals sein, für die der Westen Russland verantwortlich gemacht hatte. Die Versammlungsvorsitzende Liliane Maury Pasquier erinnerte den Ukrainer daran, dass es sich bei PACE nicht um ein Theater handle und Requisiten nicht erforderlich seien. Gontscharenko war übrigens bereits im vergangenen Jahr mit einer Graffiti-Attacke auf die deutsche Botschaft in Kiew auffällig geworden.
Die deutschen Abgeordneten warben mehrheitlich für die Kompromissvorschläge. Der Sozialdemokrat Frank Schwabe erklärte, dass Russland zwar Regeln missachte und Grenzen überschreite, die Versammlung mit den neuen Regeln aber keine Kompromisse in Sachen Menschenrechte eingehe. Er begrüßte die Rücküberweisung der Vorschläge an die Ausschüsse. Derzeit sei die Debatte "vergiftet", deshalb sei es richtig, die Diskussion zu verschieben.
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Nach der Abstimmung feierten ukrainische Abgeordnete die Entscheidung der Parlamentarischen Versammlung mit faschistischen Gesten. Die Vertreter der Linken Andrej Hunko und Michael Brandt kritisierten PACE für die Entscheidung:
Die Parlamentarische Versammlung hätte heute ihren politischen Fehler weitreichender Sanktionen gegen russische Abgeordnete aus dem Jahr 2014 korrigieren sollen. Leider haben sich die Kräfte durchgesetzt, die auf die Eskalation des Konflikts mit Russland setzen und den Generalsekretär des Europarates, die völkerrechtliche Satzung des Europarates und grundlegende parlamentarische Verfahren missachten.
Die Entscheidung von PACE nütze den Kräften in Europa und den USA, die ein Interesse am Konflikt mit Russland haben, und denen in Russland, die den Europarat und den EGMR verlassen möchten.
Der Parlamentarischen Versammlung des Europarates gehören 305 Abgeordnete an; sie treffen sich vier mal im Jahr zu einer fünftägigen Sitzungswoche.
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