Europa

Portugal: Widerstand gegen Ölbohrungen vor der Algarve-Küste wächst

Portugals Regierung will die schönsten Strände der Suche nach Erdöl und Schiefergas opfern. Dabei nimmt sie die Schäden für Umwelt, Menschen und das Klima billigend in Kauf. Drei internationale Konzerne suchen in Portugal nach Öl und Gas.
Portugal: Widerstand gegen Ölbohrungen vor der Algarve-Küste wächstQuelle: Reuters © Rafael Marchante

von Maria Müller

Der Konflikt um Öl- und Gasbohrungen in Portugal begann vor zehn Jahren. Vor allem die Küstenregionen der Algarve und des Alentejo sind davon betroffen. Wachsende Teile der Bevölkerung im Bündnis mit den Gemeindeverwaltungen, mit Tourismusagenturen und mit lokalen Umweltgruppen konnten die verschiedenen Bohrprojekte immer wieder hinauszögern.

Der Widerstand im Süden Portugals ist in den letzten zwei Jahren deutlich stärker geworden und weitet sich auch inhaltlich aus. Inzwischen fließt die Frage des Klimawandels und der nachhaltigen Entwicklung Portugals in die Auseinandersetzungen mit ein.

In der Gegend von Sagres mobilisierte sich eine ganze Region gegen die Ölsuche vor der Küste. Man führte direkte Aktionen durch, Petitionen mit mehreren zehntausend Unterschriften, Performancedarstellungen, öffentliche Anhörungen mit zehntausenden von Teilnehmern und über 42.000 Anträgen gegen die Projekte. Die 14 Bürgermeister der Algarve reichten eine Klage ein und konnten die Lizenzen vorübergehend stoppen.

Die regierende sozialistische Partei soll in dem Thema gespalten sein. Im Parlament gibt es zwei Blöcke für und gegen Gas und Erdöl. Die Befürworter reichen von Mitte-rechts-Parteien wie die Sozialdemokraten PSD und die Volkspartei PP über die sozialistische und die kommunistische Partei. Die Gegner sind Parteien wie BE (linker Block), PAV (die Grünen) und PAN (Menschen, Tiere, Natur).

Es gelang der Bewegung nachzuweisen, dass durch Öl- und Gasbohrungen nicht nur Umwelt- und Gesundheitsschäden entstehen können, sondern auch negative wirtschaftliche und soziale Folgen zu erwarten sind. Immerhin befinden sich zwei von zehn Arbeitsplätze in Portugal in der Tourismusbranche.

Seit dem Regierungswechsel 2016 erklärte die neue Mitte-Linksregierung Portugals aufgrund des starken Widerstands von Aktivisten und der lokalen Bevölkerungen zehn von fünfzehn Bohrlizenzen für ungültig. Vier davon betreffen vermutete Ölfelder auf dem Festland und elf sind off-shore angesiedelt, das heißt am Meeresgrund entlang der gesamten Küste Portugals.

Im Januar dieses Jahres änderte das Umweltminmisterium seine bisherige Position und gab für drei der restlichen Bohrerlaubnisse grünes Licht. Demnach sollen die Konzerne GALP (Portugal) und ENI (Italien) ab dem 15. September in Südportugal vor der Küste eines geschützten Naturparks nach Öl suchen können. Im Mai folgten zwei weitere Lizenzen für die Firma Australis Oil & Gas (Australien). Letztere will ab 2019 in Alcobaça, in der Nähe einer der wertvollsten Trinkwasserreserven Europas Gas förden. Damit wird laut Expertenmeinung das Fracking auch Portugal erreichen.

"Kohlenstofffrei heißt nicht erdölfrei", verteidigte der Umweltminister João Matos Fernandes seine Entscheidungen. Das Motiv:

"Eine eigene Förderung fossiler Brennstoffe würde uns wirtschaftlich vom Ausland unabhängig machen".

Der Präsident der portugiesischen Umweltagentur (APA), Nuno Lacasta, urteilte zudem, dass eine Prüfung der Umweltverträglichkeit der Probebohrungen nicht nötig sei. Sie werde nachgeholt, falls die Suche nach Öl erfolgreich sei.

"Die Regierung weicht unter dem Druck der Ölmultis zurück", klagen die Umweltschützer.

Laut Experten entweicht bei Öl- und Gasbohrungen generell auch Methangas, das die Ozonschicht angreift. Es sollte bei der Förderung direkt verbrannt werden, der technische Prozess ist jedoch nicht immer einwandfrei kontrollierbar. Außerdem entstanden mehr als eine der bekannten Ölkatastrophen und Meeresverschmutzungen durch Lecks im Bohrsystem.

Die portugiesische Umweltagentur behauptet hingegen, eine Unterseebohrung sei "absolut sicher". Dem widersprechen die Vertreter der Widerstandsbewegung.

"Es gibt keine ungefährliche und absolut sichere Ölexploration".

Die sozialistische Regierung unter Premierminister António Costa hatte ursprünglich einen Plan für erneuerbare Energien in Portugals Energiehaushalt vorgestellt. Bis zum Jahr 2050 wollte man auf fossile Brennstoffe verzichten. Schon heute wird die elektrische Energie vor allem regenerativ erzeugt – mit Solar-, Wind- und Wellenkraft. Experten sagten voraus, dass bei entsprechenden Investitionen diese Quellen noch verstärkt werden könnten. Das Land besitzt keine Atomkraftwerke. Von daher ist Gas und Erdöl nicht für den Eigenbedarf gedacht sondern als ein rein kommerzieller Faktor.

Das Aktionsbündnis "Stoppt die Erdölbohrungen" (Parar o Furo) wird auch in diesem Sommer Aktionen an Portugals Stränden durchführen. Das Bündnis besteht aus rund dreißig Organisationen, darunter das Friedensforschungszentrum Tamera, das Klimabündnis Climáximo, die Kampagne "Rote Linie", die Plattform "Algarve frei von Erdöl", die Gruppe "Stop Erdöl Vila do Bispo" und andere Initiativen.

Besonders die zauberhaften Strände der Algarve und des Alentejo sind heute Orte des Widerstands. Dort will man mit Protestaktionen die Touristen auf die ökologische Gefahr für die Küstenregion aufmerksam machen. Anfang Juli fanden sich Aktionsgruppen an 30 Stränden entlang der portugiesischen Küste mit Plakaten und Spruchbändern ein und riefen Parolen wie "Stoppt die Bohrungen"! oder "Wir wollen nicht im Rohöl schwimmen"!

Der Höhepunkt des Strandwiderstands ist eine besonders aufsehenerregende und kreative Aktionsform. Es handelt sich um eine Massenperformance mit tausend Menschen. Sie legen sich auf den Sand und bilden mit ihren Körpern Buchstaben einer Botschaft, die allerdings nur aus der Luft gelesen werden kann.

Danach erheben sie sich und formieren sich wieder anders, zu neuen Worten und Symbolen. Zeichen in Bewegung.

Das Ganze wird im Überflug fotografiert und gefilmt und anschliessend in den sozialen Netzwerken über die ganze Welt verbreitet. Auch dieses Jahr wieder, am landesweiten Aktionstag am 4. August, wollen Aktivisten solch kreative Form des Protests wiederholen. Der Ort der Performance ist der Strand von Cova da Vapor südlich von Lissabon. Sie findet unter der Anleitung von Luft-Kunst-Aktivist John Quigley statt.

Die Strandaktionen erhalten Zulauf und Solidarität von Umweltkämpfern aus vielen Ländern. Dieses Jahr erwartet man Teilnehmer der Protestbewegung im Sioux-Gebiet von Standing Rock in Nord-Dakota/ USA. Sie haben in den Jahren 2016 und 2017 den Bau einer Öl-Pipeline durch ihre heiligen Stätten vorübergehend gestoppt.

Dem Aktionstag geht eine mehrtägige Versammlung internationaler Aktivistinnen in der Friedensforschungsgemeinschaft Tamera im Süden Portugals voraus. 

"Wir glauben, dass Portugal über die besten natürlichen Bedingungen verfügt, um ein Pionierland für eine gerechte und regenerative Gesellschaft zu werden – ohne fossile Brennstoffe. Mit dezentralen Anlagen für Solar-, Wind- und Wellentechnologie könnte Portugal das erste Land sein, dass ausschließlich erneuerbare Energien nutzt. Wie die Erfahrung des Friedensforschungszentrums Tamera und anderer Initiativen zeigt, können durch ökologische Restaurierung Wüstenbildung, Trockenheiten, Waldbrände und Überschwemmungen überwunden werden", schreibt das Friedenszentrum Tamera auf seiner WEB-Seite.

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