Verzichtet Spanien auf die Auslieferung Puigdemonts?

Nachdem das schleswig-holsteinische Oberlandesgericht die Auslieferung von Carles Puigdemont nach Spanien nur wegen des Verdachts der Untreue für zulässig erklärt hat, ist noch offen, wie die spanische Justiz auf diese Entscheidung reagieren wird.

Die Zukunft des ehemaligen katalanischen Ministerpräsidenten Carles Puigdemont ist weiter offen. Das schleswig-holsteinische Oberlandesgericht entschied gestern, dessen Auslieferung nach Spanien nur wegen des Verdachts der Untreue für zulässig zu erklären, nicht aber, wie von der spanischen Justiz gefordert, wegen Rebellion.

Das spanische Oberste Gericht hat nun ein Problem. Nach Informationen der spanischen Zeitung El País verfügt es über mehrere Möglichkeiten, auf diese Entscheidung zu reagieren. Es könnte erstens auf die Auslieferung verzichten und den europäischen Haftbefehl zurücknehmen. Zweitens besteht die Möglichkeit, den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg anzurufen und dort die Entscheidung des deutschen Gerichts anzufechten. Es könnte drittens die Auslieferung unter den von dem deutschen Gericht gestellten Bedingungen akzeptieren.

Diese letzte Möglichkeit gilt als die am wenigsten wahrscheinliche. Sie brächte für die spanische Justiz das Risiko mit sich, dass Puigdemont, der dann nur wegen Untreue angeklagt werden dürfte, auf freien Fuß gelangen und sogar seinen Posten als katalanischer Regierungschef zurückerlangen könnte.

Vorwurf der Untreue sogar laut einem Gegner von Puigdemont nicht zutreffend 

Die Anklage wegen Untreue gegen Puigdemont scheint juristisch auf schwachen Beinen zu stehen. Nach Ansicht der spanischen Justiz hat Puigdemont für das katalonische Unabhängigkeitsreferendum im Oktober 2017 öffentliche Gelder eingesetzt und damit veruntreut. Allerdings hat selbst der ehemalige spanische Finanzminister Cristóbal Montoro – politisch ein scharfer Gegner der Separatisten –  gegenüber der Zeitung El Mundo eingeräumt, dass dieser Vorwurf nicht zutrifft und kein einziger Euro vom Budget der Regionalregierung abgezweigt worden sei.

Noch weniger überzeugt war das Oberlandesgericht in Schleswig offenbar vom Vorwurf der Rebellion gegen Puigdemont. Die Vorwürfe gegen ihn, so das Gericht, würden nach deutschem Recht weder den Tatbestand des Hochverrats noch des Landfriedensbruchs erfüllen.

Der Beschluss des schleswig-holsteinischen Oberlandesgerichtes muss noch von der Generalstaatsanwaltschaft des Bundeslandes bestätigt werden. Diese Bestätigung gilt als Formsache und wird in den nächsten Tagen erwartet. Puigdemonts Anwälte haben allerdings angekündigt, beim Bundesverfasssungsgericht in Karlsruhe Einspruch zu erheben.

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