Ausgerechnet SPD-Finanzminister Scholz begräbt lang verhandelte Finanztransaktionssteuer
Zwar berichteten deutsche Agenturen und Medien, dass Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) einen "Durchbruch bei der Finanztransaktionsteuer" (FTS) gefordert habe. In der vergangenen Woche hatte Scholz bei einer Veranstaltung in Berlin dazu angekündigt:
Jetzt bin ich der zuständige Minister, und jetzt wird es auch was werden.
Auch am Montagabend in Berlin klang Scholz wie ein Macher hinsichtlich der seit der Weltfinanzkrise im Jahr 2008 debattierten Steuer, die Finanzmärkte stabilisieren und zusätzliche Einnahmen bringen solle.
Sie steht schon in zwei Koalitionsverträgen und ist nix geworden. Ist jetzt nicht der Zeitpunkt für einen Durchbruch?", fragte der Vizekanzler bei einer Diskussion in der Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung.
Ein solcher Schritt würde auch einen Vorschlag des französischen Präsidenten Emmanuel Macron aufgreifen und in die Realität umsetzen.
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Scholz stellt sich hinter Ideen eines Investmentbankers
Hinter den Ideen des französischen Präsidenten stehen jedoch eher "die Überzeugungen eines Investmentbankers [Emmanuel] Macron", wie der stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, Fabio De Masi, vorrechnet:
Derivate - also abgeleitete Finanzinstrumente bzw. Wetten auf die Entwicklung von Rohstoffpreisen und anderen Finanzindizes - sind laut Großinvestor Warren Buffet 'finanzielle Massenvernichtungswaffen'. Sie machen 90 Prozent des Aufkommens aus einer Finanztransaktionssteuer für Deutschland aus. Macron will diese ausnehmen, um die französischen Megabanken zu schützen. Olaf Scholz spricht nun von einer schnellen Verhandlungslösung und erwarteten Einnahmen von 5 bis 7 Milliarden Euro. Dies ist ein Bruchteil des ursprünglich von der EU-Kommission veranschlagten Aufkommens von ca. 60 Milliarden Euro für die EU und entspricht der Minimalversion des französischen Präsidenten.
Der Wirtschaftswissenschaftler und Linken-Abgeordnete Axel Troost kritisiert Scholz als Totengräber der FTS.
Außen vor bliebe dann der riesige Handel mit Anleihen, Devisen und Derivaten und damit auch der Großteil der Lenkungswirkung der Steuer. Ohne Derivate ginge nicht nur das größte Segment der Finanzmarktgeschäfte verloren, sondern auch diejenigen Produkte, die besonders von professionellen Spekulanten genutzt werden.
Auf Euractivbeschreibt Steffen Stierle den Vorgang folgendermaßen:
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat die lang diskutierte Finanztransaktionssteuer (FTT) kurz nach Amtsantritt ins Koma versetzt. Nun hat sich Bundesfinanzminister Olaf Scholz ins Krankenzimmer geschlichen und den Stecker gezogen.
Der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Detlev von Larcher von der bundesweiten Attac-Arbeitsgruppe Finanzmärkte und Steuern meinte:
Scholz knickt vor der Finanzlobby ein, macht die mehr als fünfjährigen Verhandlungen von zehn EU-Ländern zur Farce und killt die Finanztransaktionssteuer. Hand in Hand begraben Scholz und Macron die Finanztransaktionssteuer zugunsten einer schlichten Börsensteuer wie der britischen stamp duty.
Finanzkrise 2008 beflügelte Debatte über FTS
Während der frühere Finanzminister Schäuble (CDU) nicht zu den vorrangigen Fürsprechern der FTS zählte, vertrat er sie dennoch, als offizielle deutsche Position. Wegen der damals oppositionellen SPD gelangte die FTS im Jahr 2013 in den Koalitionsvertrag. Und nun macht ausgerechnet ein Sozialdemokrat die jahrelangen Verhandlungen zunichte.
Damit hat sich die Lobby der Finanzindustrie wieder gegen die Mehrheit der Menschen in Deutschland und der EU durchgesetzt", meinte Attac-Sprecher Alfred Eibl.
Für die FTT sprechen sich nicht nur Linken-Politiker, Aktivisten und Journalisten aus. Seit der Weltfinanzkrise 2008 diskutieren zahlreiche Finanz- und Wirtschaftsexperten die Steuer.
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Im vergangenen Jahr unterzeichneten 52 internationale Experten die Forderung nach der FTS an die EU, darunter Finanzexperten wie Adair Turner, ehemaliger Vorsitzender der britischen Finanzmarktaufsichtsbehörde, William Barclay, früher Chicagoer Börse, oder der ehemalige Frankfurter Börsenmakler Dirk Müller.
Experten betonen, dass die Abgabe ökonomisch sinnvoll wäre. Die Einnahmen könnten in Gesundheit, Bildung und soziale Sicherung fließen. Kritiker sehen sie hingegen als unnötige und schädliche Form der Belastung für Sparer, die am Ende vor allem dem "kleinen Mann" schade, der seine Ersparnisse in Lebensversicherungen, Riester-Sparpläne oder Fondsprodukte stecke. Große institutionelle Anleger würden demgegenüber relativ einfach durch Standortverlagerung in Länder ohne FTS dieser entkommen können.
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