EU-Doppelstandards: Illegale Demo in Russland auflösen böse - Demo niederknüppeln in Katalonien gut
Die Inhaftierung von über 1.000 Demonstranten und die Gewalt, die die russischen Behörden heute im ganzen Land gegen sie anwenden, bedrohen die Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit in der Russischen Föderation", hieß es in einer Stellungnahme der Europäischen Union, die am Samstag zu einem Zeitpunkt veröffentlicht wurden, als die letzten Demonstranten erst die Veranstaltungsorte in ganz Russland verließen.
Die EU räumte ein, dass "einige der Demonstrationen [in russischen Städten] nicht genehmigt waren", verurteilte aber "Polizeibrutalität und Massenverhaftungen".
Man könnte nach dieser harten Rhetorik Bilder von blutigen Nasen, Platzwunden, Tränengas- und Wasserwerfereinsätze oder ähnliches erwarten. Fotos und Videos von den Protesten in Russland, die online und in Nachrichtensendungen kursierten, zeigten jedoch lediglich Personen, deren Hände hinter dem Rücken festgebunden waren, flankiert von Polizisten, die eine Linie bildeten und die Menge zurückdrängten. Einige hatten ihre Schlagstöcke gezogen.
Es gibt ein paar Bilder von Scharmützeln zwischen Demonstranten und ihren Gegnern. Bisher gab es drei (!) Berichte über Prellungen, die sich Demonstranten während der Proteste zugezogen hätten.
Ein Video von Alexei Nawalny, das zeigt, wie er von der Polizei verhaftet und weggetragen wird, verbreitete sich in den sozialen Medien wie ein Lauffeuer. Dies geschieht bei fast allen Videos seiner Verhaftungen, die in der Regel alle sehr ähnlich aussehen und auch alle ähnlich forciert wirken.
Die Veranstaltung erregte große Aufmerksamkeit in den Mainstreammedien, die mit Schlagzeilen über "pauschale Proteste" und die Verhaftung vom angeblichen "Oppositionsführer" Nawalny aufmachte. Der von westlichen Medien zum Oppositionsführer stilisierte Nawalny, der de facto in Wahlumfragen selten über die Zweiprozentmarke kam, sowie 80 Prozent der Inhaftierten wurden bereits kurz nach der Festnahme wieder freigelassen.
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Nun zurück zum 1. Oktober 2017 - dem Tag des Unabhängigkeitsreferendums in Katalonien und einer friedlichen Demonstration. Bilder von diesem Tag zeigen Offiziere, die unbewaffnete Demonstranten mit Schlagstöcken verprügelten und Gummigeschosse sowie Tränengas einsetzen.
Über 800 Menschen wurden bei Zusammenstößen mit der Polizei zum Teil schwer verletzt. Menschenrechtsgruppen, darunter Human Rights Watch und Amnesty International, verurteilten die Brutalität der Polizei.
Aber die EU war bei dieser Gelegenheit nicht so kritisch und nicht so schnell im Beurteilen. Eine Erklärung aus Brüssel zur Situation in Katalonien kam erst etwa 24 Stunden später - nach einem massiven Aufschrei in den sozialen Medien. Die ersten vier Absätze des eher trockenen Textes bezeichneten das Referendum als "illegal" und erwähnten die Polizeigewalt mit keinem Wort.
Erst im letzten Absatz stellte die EU kurz fest, dass "Gewalt niemals ein Instrument der Politik sein kann" und dass Brüssel der Führung von Premierminister Mariano Rajoy vertraue, "um diesen schwierigen Prozess zu bewältigen".
Mit "schwierigem Prozess" bezog sich Brüssel offenbar auf das, was die Medien als "massives Vorgehen gegen die Unabhängigkeit Kataloniens" bezeichneten. Menschen mit blutbefleckten Verbänden, einige mit Kopfwunden, gebrochenen Fingern und Augenverletzungen durch Tränengas - das waren damals typische Szenen in Katalonien.
Tage nach der Niederschlagung sagte der Erste Vizepräsident der Europäischen Kommission, Frans Timmermans:
Es ist eine Pflicht für jede Regierung, die Rechtsstaatlichkeit aufrechtzuerhalten. Dies erfordert manchmal den verhältnismäßigen Einsatz von Gewalt.
Generell betrachtete die EU die Ereignisse in Katalonien als "innere Angelegenheit" des Mitgliedsstaats Spanien. Proteste in Russland, einem Nicht-EU-Land rund 1.800 Kilometer von Brüssel entfernt, scheinen für die Europäische Union aber wichtiger zu sein.
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Die Behörden in Moskau hatten den Organisatoren mehrere Orte für den Protest angeboten, aber alle Optionen wurden abgelehnt - einschließlich der Sacharow-Allee im Zentrum der Hauptstadt. Da der eigentliche Veranstaltungsort nicht autorisiert war, hatte die Polizei das Recht, die Demonstranten festzunehmen, so der Russland-Analyst Martin McCauley:
Rechtlich gesehen war die Demonstration illegal, und jeder, der daran beteiligt war, konnte entsprechend verhaftet werden.
Nawalny, in den Mainstream-Medien oft "Putins Kritiker" oder gar "Putins einzige politische Nemesis" genannt, forderte seine Anhänger auf, sich auf der Twerskaja-Straße niederzulassen und das "Verfassungsrecht" einzufordern, wo und wann immer sie wollen. Die Stadt warnte daher die Demonstranten, dass der Ort, an dem sie zu marschieren planten, nicht autorisiert sei.
McCauley glaubt, dass der wegen seiner nationalistischen und rassistischen Ausbrüchen berüchtigte russische Oppositionsaktivist mit solchen Protesten lediglich "Nachrichten für die internationale Presse [... ] schaffen will".
Wenn sie Gewalt anwenden, wird es gefilmt und geht um die Welt. (...) Aus Nawalnys Sicht wäre das ein großer Erfolg.
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