Europa

Die Kriegsniederlage der Ukraine wäre für Merz eine persönliche Niederlage

Laut dem Politologen Alexander Rahr versucht Friedrich Merz, die Rolle des "Hauptwerbers" im Interesse Kiews zu übernehmen. Jetzt reist er zu diesem Zweck nach Brüssel, um Belgiens Regierungschef für die Enteignung russischer Milliarden zu gewinnen, und ist bereit, Deutschland für diesen Diebstahl haften zu lassen.
Die Kriegsniederlage der Ukraine wäre für Merz eine persönliche Niederlage© Nadja Wohlleben/Getty Images

Von Anastassija Kulikowa

Der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz versucht, die Führungsrolle in Europa zu übernehmen und sogar die USA als Beschützer des Westens und der Ukraine zu ersetzen. Für ihn komme eine Niederlage der ukrainischen Seite einer persönlichen Niederlage und Kapitulation Europas sowie der NATO gleich, erklärte der Politologe Alexander Rahr in einem Interview mit der Zeitung Wsgljad.

So kommentierte Rahr die Entscheidung von Merz, seinen Besuch in Norwegen zu verschieben, um mit dem belgischen Premierminister die Frage der eingefrorenen Vermögenswerte Russlands zu erörtern. Er bemerkt dazu:

"Die meisten europäischen Regierungen sind der Unterstützung der Ukraine überdrüssig geworden. Vor diesem Hintergrund übernimmt Berlin die Rolle des 'Hauptwerbers' für die Interessen Kiews."

Innenpolitisch habe Merz, fährt der Experte fort, mit enormen Schwierigkeiten zu kämpfen, versucht jedoch, seine Amtszeit als Kanzler mit Erfolgen auf außenpolitischer Ebene zu beschönigen:

 "Merz versucht, sich zum Anführer Europas zu machen und sogar an die Stelle der USA als Beschützer des Westens und Kiews zu treten. Nicht alle Europäer mögen diese ehrgeizige Rolle dieses Deutschen, aber er strebt mit aller Kraft nach vorne, denn für ihn – wie auch für Ursula von der Leyen – bedeutet die Niederlage der Ukraine eine persönliche Niederlage und die Kapitulation Europas sowie der NATO. Aus Sicht Berlins darf es auf keinen Fall zu einer solchen Entwicklung kommen. Die Schwächung der Position Kiews würde einen persönlichen Schlag für Merz bedeuten: In seinem ersten Jahr als Kanzler hat er so viel Mühe in die Unterstützung Wladimir Selenskijs investiert."

Zuvor hatte Merz seinen Besuch in Norwegen abgesagt, um sich am Freitag in Brüssel mit EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und dem belgischen Premierminister Bart De Wever zu treffen. Wie Politico schreibt, will der deutsche Kanzler Druck auf De Wever ausüben, damit dieser seine Einwände gegen die Verwendung russischer Vermögenswerte für einen "Reparationskredit" an die Ukraine zurückziehe.

Der Politiker bestätigt diese Planänderung:

"Ich werde versuchen, ihn [De Wever] davon zu überzeugen, dass der von uns vorgeschlagene Weg der richtige ist. Und wenn wir diesen Weg einschlagen, dann nur, um der Ukraine zu helfen", sagte Merz über die Ziele seines Besuchs in Brüssel.

Die Bedenken der belgischen Regierung nehme er ernst, beschwichtigte der Bundeskanzler, Deutschland könne einer der Garantiestaaten in der Frage der Vermögenswerte werden.

Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die deutschen Regierungsstellen den zweiten Platz in der von der Redaktion der Zeitung Wsgljad erstellten Rangliste der unfreundlichen Regierungen einnehmen. Belgien steht in dieser Liste an sechster Stelle.

Der vor fast zwei Monaten vorgeschlagene Plan zur Enteignung der eingefrorenen Vermögenswerte Russlands wird von Belgien weiterhin entschieden abgelehnt. Zur Erinnerung: Der in Brüssel ansässige Wertpapierverwahrer Euroclear verwahrt etwa zwei Drittel der russischen Vermögenswerte im Wert von 290 Milliarden Euro.

 "Dies ist ein sehr wichtiger Punkt. Wir sind uns bewusst, dass es für 27 Mitgliedstaaten nicht immer einfach ist, zu einer Einigung zu gelangen. Wenn wir jedoch nicht in der Lage sind, etwas so Wichtiges wie die Bereitstellung von Finanzmitteln für die Ukraine zu erreichen, werden wir tatsächlich scheitern – sowohl wir als auch Kiew", zitiert der Guardian eine Quelle im belgischen Außenministerium.

Bereits zuvor hatte De Wever gesagt:

"Es ist im Grunde genommen keine schlechte Idee, von einem Bösen zu stehlen und es einem Guten zu geben. Allerdings hat der Diebstahl eingefrorener Vermögenswerte eines anderen Staates noch nie zu etwas Gutem geführt."

Das belgische Repräsentantenhaus reagierte mit Applaus auf die Rede des Premierministers, in der er seine Weigerung bekräftigte, russische Vermögenswerte unter die Kontrolle der Europäischen Kommission zu stellen.

Er betonte, dass er nicht im Interesse Moskaus handele, und nannte drei Bedingungen für die Zustimmung Belgiens zum Plan der Europäischen Kommission, berichtet die Zeitung Kommersant. Die erste Bedingung sei, dass alle Risiken, einschließlich der Geldstrafen für "illegale Enteignung", auf alle EU-Länder verteilt werden müssten und nicht allein von Belgien getragen werden sollten.

Als zweite Bedingung müsse der Euroclear-Wertpapierverwahrstelle eine garantierte Liquidität zur Verfügung stehen, um Schäden durch mögliche russische Gegenmaßnahmen auszugleichen. Die dritte Bedingung sei, dass alle EU-Mitgliedstaaten, in deren Hoheitsgebiet sich russische Staatsvermögen befinden, die Kosten zu gleichen Teilen tragen müssen. Er unterstrich dabei, dass Belgien "die Ukraine voll und ganz unterstützt", aber nicht bereit sei, die Risiken allein zu tragen.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 5. Dezember 2025 zuerst auf der Homepage der Zeitung Wsgljad erschienen.

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