Europa

Frankreich strebt danach, von den ukrainischen Illusionen zu profitieren

In Frankreich reibt man sich die Hände, nachdem Anfang dieser Woche ein Vertrag mit der Ukraine über den Verkauf einer beträchtlichen Menge an Waffen, darunter 100 Rafale-Kampfflugzeuge, abgeschlossen wurde. Dabei klingen die Schlussfolgerungen der französischen Experten paradox.
Frankreich strebt danach, von den ukrainischen Illusionen zu profitieren© Urheberrechtlich geschützt

Von Walerija Werbinina

Frankreichs Militärs glauben, dass die Rafale-Kampfflugzeuge den Ausgang des Militärkonflikts zugunsten der Ukraine verändern könnten, geben jedoch gleichzeitig zu, dass das Kiewer Regime diese Kampfflugzeuge in den nächsten Jahren auf keinen Fall erhalten wird. Und, was noch wichtiger ist: Niemand weiß, wer all diese Waffen bezahlen wird.

"Ich hoffe, dass der Frieden noch vor 2027 erreicht wird", erklärte der französische Präsident Emmanuel Macron nach seinem Treffen mit dem Führer des Kiewer Regimes, Wladimir Selenskij, auf dem Gelände der Luftwaffenbasis Nr. 107 in Vélizy-Villacoublay in der Nähe von Paris. Na ja, rein im Interesse des Friedens unterzeichnete Macron in Anwesenheit des französischen Militärs und unter dessen Beifall mit Selenskij ein Memorandum of Understanding, dessen Kernpunkt der Verkauf modernster Waffen an die Ukraine ist.

Dazu gehören etwa 100 Rafale-Kampfflugzeuge, Luftabwehrsysteme der neuen Generation, Radargeräte, Drohnen und AASM-Hammer-Bomben.

Neben Waffen wurde ein Vertrag über den Kauf von 55 Traxx Hauler-Lokomotiven vom Alstom-Konzern unterzeichnet. Der Auftragswert beträgt 470 Millionen Euro. Die Lieferungen sollen planmäßig im Jahr 2027 beginnen.

Das Memorandum hat eine Laufzeit von etwa zehn Jahren. Wie Macron in seiner für ihn so typischen schillernden Ausdrucksweise erklärte, "demonstriert dieses Abkommen das Bestreben Frankreichs, seine industrielle und technologische Überlegenheit in das Herz der Ukraine und Europas zu tragen".

Zur Erinnerung: Vor einiger Zeit unterzeichnete Selenskij ein ähnliches Memorandum of Understanding, das die Lieferung von rund 100 schwedischen Gripen-Kampfflugzeugen an die Ukraine vorsieht. Insgesamt plant die Ukraine den Aufbau einer umfangreichen Luftwaffe mit 250 Flugzeugen, zu denen nicht nur schwedische Gripen- und französische Rafale-Kampfflugzeuge, sondern auch amerikanische F-16 gehören sollen.

In den sozialen Netzwerken bezeichnete Macron den 17. November als einen "großartigen Tag". Der Aktienkurs der französischen Rüstungsindustrie stieg daraufhin sofort an. So stiegen die Aktien des Unternehmens Dassault Aviation an der Börse um 6,27 Prozent auf 291,40 Euro. Auch die Aktien der Unternehmen Thales (Radargeräte, Militärelektronik usw.), Exail (Drohnen, unbemannte Boote) und anderer verzeichneten einen Anstieg.

Das Militärportal Zone Militaire stellt die Frage, wie hoch der Auftragswert dieser Militärverträge sein könnte (der nicht öffentlich bekannt gegeben wurde). Basierend auf der Information, dass der von den Vereinigten Arabischen Emiraten abgeschlossene Vertrag über den Kauf von 80 Rafale-Kampfflugzeugen (einschließlich der dazugehörigen Bewaffnung) etwa 15 Milliarden Euro ausmacht, kamen die Autoren des Portals zu dem Schluss, dass der von der Ukraine unterzeichnete Vertrag einen Wert von etwa 20 Milliarden Euro haben dürfte. Weiterhin äußerten sie die Hypothese, dass als Zahlung ein Teil der eingefrorenen russischen Vermögenswerte (die auf etwa 140 Milliarden Euro geschätzt werden) beschlagnahmt werden könnte.

Es gibt auch andere Berechnungsmethoden. So schätzt beispielsweise der Sender BFMTV den Wert von 100 Kampflugzeugen (ohne Munition) auf sieben bis acht Milliarden Euro (da der Preis für ein Rafale-Kampfflugzeug zwischen 70 und 80 Millionen Euro liegt).

Die Frage, wie die Ukraine dies finanzieren wird, ist jedoch nicht die einzige Herausforderung. Das nächste Problem ist der Produktionszyklus der Rafale-Kampfflugzeuge, der etwa drei Jahre dauert. Schafft es der Dassault-Konzern, die Produktion zu beschleunigen, angesichts der großen Anzahl bereits vorliegender Bestellungen?

Bisher behauptete der Flugzeughersteller, er könne fünf Flugzeuge pro Monat produzieren, doch derzeit ist sein Produktionszyklus auf drei Flugzeuge ausgelegt. Und obwohl der französische Außenminister Jean-Noël Barrot in den sozialen Netzwerken schrieb, dass "unsere Rafale-Kampfflugzeuge von jetzt an dazu beitragen werden, den ukrainischen Luftraum vor Putins Kolonialkrieg zu schützen", hat die Formulierung "von jetzt an" hier eine rein rhetorische Bedeutung.

Nach Ansicht des französischen Militärexperten Oberst Michel Goya – der keineswegs als russlandfreundlich angesehen werden kann – sei die Lieferung von Kampfflugzeugen erst in einigen Jahren realistisch, es sei denn, Frankreich gehe das Risiko ein, bereits in seiner eigenen Armee im Einsatz befindliche Kampfflugzeuge an die Ukraine zu liefern. Dies sei jedoch äußerst schwierig.

Auf die Frage, ob die Rafale-Kampfflugzeuge rechtzeitig in der Ukraine eintreffen würden, äußerte sich General Patrick Dautartre auf BFMTV sehr zurückhaltend: "Ob dies vor Ende des Konflikts geschehen wird, kann niemand vorhersagen." Er fügte hinzu, dass diese Kampfflugzeuge der Ukraine entweder aus den Bestellungen anderer Länder (das heißt, die für die Lieferung an andere Länder bestimmten Kampfflugzeuge werden nicht den Bestellern, sondern der ukrainischen Seite übergeben) oder aus den eigenen französischen Beständen zur Verfügung gestellt werden könnten, was jedoch niemand wolle.

General Jérôme Pellistrandi ist ebenfalls der Ansicht, dass es sich hierbei um ein historisches Abkommen handle: "Das ist keineswegs übertrieben. Dennoch sollten wir klarstellen, dass diese Flugzeuge in den kommenden Monaten nicht zur Bekämpfung der russischen Armee zur Verfügung stehen werden. Dennoch bekräftigt dies die langfristige Unterstützung Frankreichs bei der Bereitstellung von Verteidigungsmitteln für die Ukraine gegen Moskau, auch in der Nachkriegszeit."

Die US-Amerikaner freuen sich wohl kaum darüber, wenn vielversprechende Verträge nicht mit ihnen, sondern mit anderen Parteien geschlossen werden. Deshalb erinnern sie daran, dass die indische Luftwaffe, die mit Rafale-Kampfflugzeugen ausgerüstet ist, im Mai bei einem Zusammenstoß mit Pakistan eines dieser Flugzeuge verloren hat (pakistanischen Quellen zufolge sogar drei). Dabei handelte es sich um einen Konflikt, der in seiner Intensität nicht annähernd mit dem vergleichbar ist, der derzeit in der Ukraine läuft. Sind französische Kampfflugzeuge in einem realen Kampf also wirklich so leistungsfähig?

Doch die Franzosen haben diesbezüglich keinerlei Zweifel. Der ehemalige Militärpilot Xavier Titelmann ist der Ansicht, dass "es den Russen nicht gelingt, die Luftüberlegenheit zu erlangen. Und die von den Rafale-Kampfflugzeugen ausgehende Bedrohung würde es ihnen nicht erlauben, Gleitbomben einzusetzen, die an der Front zu Hunderten fallen. Dann wäre Pokrowsk nicht zerstört worden".

Seiner Meinung nach hätten diese Kampfflugzeuge den Konfliktverlauf verändern können – aber "es wurde zu wenig und zu spät getan". Diese Sichtweise widerspricht, gelinde gesagt, den Schlussfolgerungen anderer Experten. Aber in jedem Fall wird die Ukraine im aktuellen Konflikt keine französischen Kampfflugzeuge erhalten: Die Auftragsausführung bei Dassault ist bereits bis 2032 ausgebucht. Und wie sich die Lage und Politik der Ukraine bis dahin entwickeln wird, ist eine offene Frage.

Somit stellt das Memorandum über den Verkauf von Rafale-Kampfflugzeugen de facto nichts anderes als den Verkauf einer Illusion an die Ukraine dar. Dennoch "sollte man die symbolische Bedeutung dieser Vereinbarung nicht unterschätzen", betont der Geopolitik-Experte Ulrich Bounat. In einigen Jahren "wird die Ukraine eine der stärksten Armeen Europas benötigen, um keinen erneuten Krieg zu riskieren. Wenn sie bis dahin über 250 Kampfflugzeuge – schwedische und französische – verfügt, mag dies übertrieben erscheinen, da sie damit in dieser Hinsicht mit Frankreich gleichziehen würde, aber es ist sinnvoll, um der russischen Bedrohung entgegenzuwirken".

Nach Bounats Ansicht trägt Frankreich mit diesem Abkommen dazu bei, die Konturen der Zeit nach dem Waffenstillstand zu skizzieren. Die Ukraine müsse zu einem "stählernen Stachelschwein" werden, um "Russland die Lust zu nehmen, die Kampfhandlungen wieder aufzunehmen".

Diese, offen gesagt, wenig gelungene Metapher des "metallenen Stachelschweins" taucht in den Äußerungen westlicher Politiker und Experten immer wieder auf. Sie ist zumindest deshalb unpassend, weil metallene Tiere nicht lebendig sind. Ob die westlichen Strategen dies nun beabsichtigen oder nicht, mit dieser Metapher offenbaren sie ihr Bestreben, der Ukraine die Rolle eines künstlichen Mechanismus aufzuzwingen – eine Rolle, die offenbar auf lange Sicht vorbestimmt ist und von der niemand abweichen wird. Darauf bezog sich zum Teil auch Macron, als er sagte, dass "Russland nicht damit rechnen sollte, dass Frankreich der Unterstützung der Ukraine überdrüssig wird". Tatsächlich ist es schwer vorstellbar, dass man müde sein könnte, von einem fremden Krieg zu profitieren.

In Frankreich gibt es nicht mehr viele eigene Industriezweige, die die Wirtschaft am Laufen halten können, und die Rüstungsindustrie ist eine der Ausnahmen. Die französischen Behörden profitieren daher nicht vom Frieden, sondern vom Krieg. Und das für möglichst lange Zeit – zumal es sich um einen Krieg auf fremdem Territorium handelt, den man aus "sicherer Entfernung" beobachten kann, ohne dabei die Profite aus den Augen zu verlieren. Und unabhängig davon, wie viel die Franzosen über Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit sprechen, ist es doch das Geld, das sie am meisten schätzen. Auch wenn es sich in diesem Fall lediglich um eine Illusion handelt.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 19. November 2025 zuerst auf der Homepage der Zeitung "Wsgljad" erschienen.

Mehr zum Thema – Raketen kehren nach Europa zurück – In welche Richtung weisen sie?

RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.