Europa

Online-Bestellungen könnten teurer werden – EU hebt Zollfreigrenze für Billigimporte auf

Für Verbraucher könnte bald ein tieferer Griff ins Portemonnaie für Bestellungen bei Versandhändlern erforderlich werden: Die EU will die Zollfreiheit von Warensendungen aus dem Ausland, die bisher bei einer Grenze von 150 Euro liegt, aufheben.
Online-Bestellungen könnten teurer werden – EU hebt Zollfreigrenze für Billigimporte auf© Urheberrechtlich geschützt

Um gegen sogenannte Wettbewerbsverzerrungen vorzugehen, Betrug einzudämmen und die immer größeren Mengen von Paketen und Päckchen aus dem Ausland zu reduzieren, plant die EU, die bisherige Freigrenze von 150 Euro für Warensendungen aus Drittländern abzuschaffen. Insbesondere Onlinehändler aus China und Asien, aber auch der US-Konkurrent Amazon dürften von den Neuregelungen betroffen sein. Es ist davon auszugehen, dass die Versandkonzerne die Zollgebühren auf ihre Preise aufschlagen werden und die Verbraucher somit mehr zu zahlen haben.

Zollpflicht ab dem ersten Euro

Wie die Deutschen Wirtschaftsnachrichten (DWN) melden, sollen nun auch auf Importsendungen mit vergleichsweise geringem Warenwert Zölle erhoben werden. Ab dem ersten Euro sollen Importwaren der Zollpflicht unterliegen, so die EU-Pläne. Betroffen von den Brüsseler Plänen sind in erster Linie chinesische Online-Händler wie Temu, Shein oder AliExpress, aber auch Amazon und andere Anbieter. Laut DWN stimmten die EU-Finanzminister bei einem Treffen in Brüssel für die neue Regelung. Auch Bundesfinanzminister Lars Klingbeil befürwortete die Änderung, so seine dänische Amtskollegin Stephanie Lose. Rotationsbedingt hat Dänemark momentan den Vorsitz in der EU inne.

Ausrichtung gegen China?

Durch die Neuregelung soll nicht nur gegen den durch Billigimporte verzerrten Wettbewerb vorgegangen und Betrug reduziert werden, sondern generell die "Überschwemmung" der europäischen Märkte mit billigen Importen vor allem aus China und anderen asiatischen Ländern beendet werden. Dieser Zustand sei nicht länger "akzeptabel", wie es heißt.

Auch Bundeskanzler Merz habe sich auf dem Handelskongress in Berlin dafür ausgesprochen, "unfaire Handelspraktiken" zu beenden. Gegenwärtig könne man einen geradezu systematischen Missbrauch der Zollfreiheit von 150 Euro pro Sendung feststellen. Dies betreffe in erster Linie Sendungen aus China. Der – angeblich – massenhafte Missbrauch der Freigrenzen beim Zoll müsse beendet werden.

Brüssel will Neuregelung

Die Entscheidung der Finanzminister folgt einem Vorschlag der EU-Kommission unter Ursula von der Leyen. Zwar soll die Neuregelung nach den Vorstellungen Brüssels erst ab 2028 gelten, wenn eine entsprechende digitale Plattform zur Abwicklung und Kontrolle zur Verfügung stehen soll. Doch die Mitgliedsländer wollen die Zölle schon ab 2026 als Übergangslösung einführen.

Begründet wird die Abschaffung der Zollfreiheitsgrenze von der EU und den Mitgliedstaaten mit der Absicht, gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Händler zu schaffen, unabhängig vom Sitz des Unternehmens.

Laut EU-Kommission werde zudem bei 65 Prozent der in die EU versandten Pakete ein zu niedriger Warenwert angegeben, um die Zollpflicht zu umgehen. Die ausländischen Online-Händler würden sich so Wettbewerbsvorteile gegenüber Anbietern mit Sitz in der EU verschaffen. Mit der Neuregelung würden gleiche Bedingungen für alle Firmen geschaffen, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen.

Die Änderung werde, so hofft man in Brüssel, auch dazu beitragen, Sendungen nicht mehr in viele kleinere Päckchen aufzuteilen. Neben dem tatsächlichen Warenwert und dem erhobenen Zoll werde auch der Verpackungsmüll verringert.

In Brüssel erwäge man, möglicherweise eine Pauschalgebühr von bis zu zwei Euro je Online-Bestellung zu erheben, um die Paketflut einzudämmen.

Versandhandel nahm zuletzt deutlich zu

Wie die DWN schreiben, bezifferte die EU-Kommission die Zahl der in die EU verschickten Pakete mit Handelswaren auf 12 Millionen Stück täglich. Dies sei eine deutliche Steigerung im Vergleich zu den beiden vorangegangenen Jahren.

Wie der Handelsverband Deutschland (HDE) mitgeteilt habe, werden täglich etwa 400.000 Pakete von Shein und Temu an Kunden in Deutschland versandt. Im Jahr 2024 hätten die beiden Versandhändler allein in Deutschland zusammen einen Umsatz in der Größenordnung zwischen 2,7 und 3,3 Milliarden Euro erreicht. Beide Portale hätten zusammen rund 14 Millionen Kunden allein in Deutschland, so der HDE.

Verbraucherschutz und Mittelstand

Ramona Pop, Chefin der "Verbraucherzentrale Bundesverband", hofft ebenfalls darauf, die Paketflut mit der Neuregelung einzudämmen. Hinzu käme der Aspekt der Produktsicherheit. Pop wird mit folgender Aussage zitiert:

"Außerdem müssen Online-Marktplätze grundsätzlich zur Verantwortung gezogen werden, wenn sie unsichere oder gefährliche Produkte vertreiben."

Laut einer Untersuchung der Stiftung Warentest entsprächen insbesondere Produkte mit einem Warenwert von weniger als 150 Euro häufig nicht den in der EU geltenden Regelungen.

Beim US-Konzern habe man sich gelassen gegeben und die neuen Regeln begrüßt – um Betrug zu reduzieren und fairen Wettbewerb zu gewährleisten.

Das Angebot der ausländischen Online-Händler ist bei vielen Kunden aus verschiedenen Gründen beliebt, wozu nicht nur die niedrigen Preise zählen. Einheimische Händler und Produzenten kritisieren häufig die Produktqualität der Billigimporte, mangelhafte Kontrollen und rechtliche Unsicherheiten beim Online-Einkauf bei Anbietern außerhalb der EU.

Mittelständische Hersteller und Händler erhoffen sich eine Korrektur der bisherigen Praxis, die der Präsident des Handelsverbands als "unterlassene Hilfeleistung" am Mittelstand, Handel und Herstellern bezeichnet habe.

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