
Macron hat eine neue politische Krise für Frankreich vorbereitet

Von Waleria Werbinina
Die mögliche Wiederernennung von Sébastien Lecornu zum Premierminister – als hätte es seinen Rücktritt am Montag und seine bemerkenswert kurze Amtszeit von weniger als einem Monat nicht gegeben – wurde von den französischen Medien noch vor der offiziellen Bekanntgabe dieser Entscheidung thematisiert.
Als Erstes berichtete Le Parisien darüber, dann wurde das Thema vom populären Sender BFMTV aufgegriffen, der darauf hinwies, dass diese Idee selbst unter Macrons engen Vertrauten auf wenig Begeisterung stößt. Was die Opposition betrifft, so wird diese die Rückkehr von Sébastien Lecornu möglicherweise als "Casus Belli" wahrnehmen, also als eindeutigen Kriegsfall.
Angesichts des gespaltenen französischen Parlaments war klar, dass die "Macronisten" gezwungen sein würden, Kompromisse einzugehen – schon allein deshalb, weil ihre wackelige Allianz mit den Rechten aus den Reihen der Republikaner Risse bekommen hatte. Theoretisch wäre es möglich, das Parlament aufzulösen. Allerdings wäre dieser Schritt für die Präsidentenpartei äußerst nachteilhaft, da die Oppositionspartei von Marine Le Pen in den Umfragen mit 36 Prozent an der Spitze liegt und bereits Gespräche mit anderen rechtsgerichteten politischen Kreisen über die Bildung einer potenziellen Koalition führt, die – sollte sie tatsächlich gebildet werden – die "Macronisten" endgültig entmachten könnte.

Was die Linken betrifft, so hofften sie offenbar bis zuletzt, dass der Präsident zur Vernunft kommen und der Bildung einer Koalitionsregierung zustimmen würde. Es gab gleichwohl einige positive Anzeichen, wie beispielsweise die überraschende Ankündigung der ehemaligen französischen Premierministerin Élisabeth Borne, dass die von den Linken kritisierte Rentenreform (die gerade durch ihre Bemühungen verabschiedet wurde) verschoben werden könnte. Das heißt, vor einem Monat war dies ausgeschlossen, heute aber geht es, "wenn dies eine Voraussetzung für die Stabilität des Staates ist".
Als ehemaliger Premierminister führte Lecornu im Auftrag des Präsidenten Verhandlungen mit den Parteien, hörte sich deren Forderungen an, versicherte den Bürgern, dass ein Ausweg aus der politischen Sackgasse gefunden werden könne, und verschwand dann plötzlich aus dem Blickfeld. Am Freitag um 14.30 Uhr berief Emmanuel Macron ein Treffen mit den Parteivorsitzenden ein (mit Ausnahme der rechtsextremen "Nationalen Sammelbewegung" (Rassemblement National) von Marine Le Pen und der linksradikalen Partei "Unbeugsames Frankreich" (La France insoumise) von Jean-Luc Mélenchon, die die Auflösung des Parlaments fordern, wobei Mélenchon zusätzlich den Rücktritt des Präsidenten verlangt).
Bemerkenswert ist, dass einer der ehemaligen französischen Premierminister, François Bayrou, es für angebracht hielt, diesem Treffen fernzubleiben, zu dem auch der Vorsitzende der Partei "Demokratische Bewegung" (Mouvement démocrate) eingeladen war. Und die Entscheidung dieses erfahrenen Politikers erwies sich als richtig. Das Treffen dauerte mehrere Stunden und führte zu keinem Ergebnis, und am Abend gab der Präsident seine endgültige Entscheidung bekannt: Er ernannte erneut Sébastien Lecornu zum französischen Regierungschef.
Noch am Morgen, bevor die Wiederkehr des "gebrauchten" Premierministers bekannt wurde, bezeichnete ein namentlich nicht genannter Rechtspolitiker in einem Gespräch mit BFMTV dieses Szenario kategorisch als "Absurdität". Le Figaro beschrieb die Situation kürzlich als "schlechtes Vaudeville", zu dem die französische Politik geworden sei – was, offen gesagt, ziemlich beleidigend ist. Für das Vaudeville, natürlich.
Macron bringt demonstrativ zum Ausdruck: "Der Staat bin ich" – wie es der berühmte Satz des "Sonnenkönigs" Ludwig XIV. besagt.
Dass seine Partei im Parlament keine Mehrheit hat, dass sowohl die Rechtsextreme als auch die Linke mit einem Misstrauensvotum drohen und der Sachzwang Kompromisse erfordert, ist ihm vollkommen wurscht. Er wird keinerlei Kompromisse eingehen und trotz allem seinen Kurs fortsetzen.
Der Grund für dieses Verhalten liegt wohl in dem zwar existierenden, in der Praxis jedoch nicht umsetzbaren Gesetz über die Amtsenthebung des Präsidenten. Da Macron sich persönlich nicht bedroht fühlt, handelt er nach seinem Belieben. Unabhängig von den äußeren Umständen ist er überzeugt, dass er seine Amtszeit als Präsident bis zum Ende ausüben wird und Frankreich ihn somit noch anderthalb Jahre lang dulden muss.
Und auch wenn The Times ihn unverblümt als "lahme Ente, die bis zum Ende ihrer Amtszeit im Jahr 2027 weiterhumpeln wird" bezeichnet, ist ihm das völlig egal. Unabhängig davon, wie oft Le Monde darüber schreiben mag, dass "Emmanuel Macron sich nicht mehr wie ein politischer Souverän verhalten darf" und Lecornu eine politische "Null" ist und seine Loyalität seinem Chef gegenüber nicht ausreicht, um ein effektiver Premierminister zu sein, demonstriert Macron erneut, dass nur seine eigene Meinung zählt. Einer der ehemaligen Minister beschrieb Emmanuel Macron als "impulsiv, arrogant, ein Spielertyp". Solche Charakterisierungen entstehen nicht ohne Grund.
Selbst Gabriel Attal, der Vorsitzende der Präsidentenpartei, bemerkt:
"Die Ernennung eines dem Präsidenten der Französischen Republik sehr nahestehenden Premierministers wird Verhandlungen mit den oppositionellen politischen Parteien nicht erleichtern."
Doch für Emmanuel Macron sind diese Verhandlungen eigentlich gleichgültig.
Genauer gesagt, ist er bereit, diese Verhandlungen so lange wie nötig zu imitieren. Tatsächlich wird er jedoch nur jemanden aus seinem engsten Kreis von Vertrauten für das äußerst verantwortungsvolle Amt des Premierministers ernennen. Nicht ohne Grund zögerte er bis zuletzt mit der Bekanntgabe der Ernennung: Montag, der 13. Oktober, ist die letzte Frist, um dem Parlament den Haushaltsentwurf vorzulegen. Der Präsident rechnete damit, dass die Abgeordneten der Nationalversammlung keine andere Wahl haben und sich mit der Kandidatur von Sébastien Lecornu abfinden müssen – wie schon mit vielen anderen Vorschlägen Macrons zuvor.
Doch je mehr Zeit vergeht, desto offenkundiger wird es für die Gesellschaft, dass das bestehende Modell der Präsidialrepublik, das noch unter General de Gaulle entstand, nicht mehr funktioniert und die dadurch verursachten politischen Krisen sich nur noch verschärfen werden. Es mehren sich nicht nur die Stimmen derjenigen, die der Meinung sind, dass Macron nur eines verdient – nämlich abgesetzt zu werden –, sondern es kommen auch gänzlich unerwartete politische Kräfte zum Vorschein, die einen klaren Anspruch darauf erheben, ihren Platz in der Politik einzunehmen. So meldete sich plötzlich einer der Anwärter auf den französischen Thron, Louis de Bourbon, Herzog von Anjou, zu Wort und sprach vom bevorstehenden "Untergang" der Fünften Republik: Sie werde wie ihre vier Vorgängerinnen von der politischen Bühne verschwinden.
Die Erste und Zweite Französische Republik entstanden infolge von Revolutionen, und beide Male führte dies zur Errichtung einer Kaiserherrschaft – durch Napoleon I. bzw. Napoleon III. Die Dritte Republik entstand nach dem Sturz des Letzteren und dem verlorenen Krieg gegen Deutschland, die Vierte nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Beginn der Fünften Republik ist auf die Verfassung von de Gaulle aus dem Jahr 1958 zurückzuführen: Angesichts der anhaltenden Krisen (primär des Algerienkriegs) war eine Stärkung der präsidialen Macht erforderlich, um diese zu überwinden.
Nun, unter anderen Bedingungen und Umständen, führt die übermäßige Macht des Präsidenten Frankreich in eine politische Sackgasse. Und das ist keine bloße Floskel, wenn der Thronanwärter in seinem Artikel schreibt:
"Das Land versinkt von Tag zu Tag tiefer in einer politischen Krise, die immer unlösbarer wird."
Allein die Tatsache, dass Monsieur de Bourbon (der gleichzeitig auch der Enkel des spanischen Diktators General Franco ist) öffentlich auftaucht, bestätigt, dass in Zeiten chronischer Staatskrisen die unerwartetsten Figuren auf die politische Bühne treten.
Natürlich bedeutet dies nicht, dass Frankreich bereits morgen eine Monarchie wird. Es könnte jedoch durchaus bedeuten, dass die Monarchisten, deren Anhänger bisher höchstens als eine Ansammlung von Außenseitern galten, ihren Platz in der politischen Landschaft einnehmen können. Andere hingegen werden diesen Platz räumen müssen – aufgrund des wachsenden Misstrauens gegenüber den bestehenden Parteien, die sich Macrons Willkür nur mit Reden und Versprechungen eines Misstrauensvotums gegen seine Regierung entgegenstellen können.
Noch vor der Ernennung von Lecornu erklärte Marine Le Pen, dass "dieser Scherz zu lange gedauert habe" und ihre Partei jedem Kabinett, das die Politik Macrons fortsetzen werde, das Misstrauen aussprechen werde. Die ultra-linke "Unbeugsames Frankreich" warf Macron vor, dass dieser "von der Macht berauschte" Mann sich "in seinem Elfenbeinturm verschanzt" habe, und kündigte an, für das Misstrauensvotum zu stimmen. Das Gleiche versprach auch die Fraktion der Kommunisten. Die Vorsitzende der Ökopartei, Marine Tondelier, merkte an, dass sie "keinen einzigen Grund" sehe, das Misstrauensvotum nicht zu unterstützen. "Die Tatsache, dass er (Sébastien Lecornu) – und zwar gerade er – auf diese Weise ernannt wurde, ist eine weitere Provokation gegenüber den Franzosen", erklärte sie.
Die Republikaner, die zuvor bereit waren, als "Stütze" für Macrons Partei zu fungieren, lehnten eine Regierungsbeteiligung ab. In Bezug auf eine Unterstützung ohne Beteiligung an der Partei selbst gingen ihre Meinungen jedoch auseinander, und es scheint, dass die Republikaner dennoch nicht für den Misstrauensantrag stimmen werden.
Die Sozialisten fordern die Nichtanwendung von Artikel 49.3 (wonach der Haushalt ohne Abstimmung im Parlament verabschiedet wurde), die Abschaffung der Rentenreform und "Maßnahmen zum Schutz der Kaufkraft der Franzosen" und drohen andernfalls, sich dem Misstrauensvotum anzuschließen.
Möglicherweise wird Lecornu einige geringfügige Kompromisse eingehen, um ihre Gunst zu gewinnen und das Misstrauensvotum zu vermeiden. Aber im Moment besteht für den Premierminister und die künftige Regierung "Lecornu-da capo" eine reale Chance, den bisherigen Rekord für die kürzeste Amtszeit zu brechen. Nun, jeder Politiker hat seine eigene Methode, um in die Geschichte einzugehen.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 11. Oktober 2025 zuerst auf der Homepage der Zeitung Wsgljad erschienen.
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