Europa

Der "Große Sumpf" nähert sich den Grenzen Russlands

Was als absurde Idee begann, wird Realität: Polen, Finnland und die baltischen Staaten wollen ihre Grenzen zu Russland und Belarus "versumpfen", angeblich als Panzersperre. Hinter dem Projekt steckt weniger Verteidigung als der Versuch, EU-Gelder unter dem Vorwand der "russischen Bedrohung" abzugreifen.
Der "Große Sumpf" nähert sich den Grenzen RusslandsQuelle: www.globallookpress.com © Matthias Balk / dpa

Von Alexander Nossowitsch

Der anekdotisch klingende Plan der europäischen Nachbarstaaten, die Grenzen zu Russland und Weißrussland zu versumpfen, damit keine russischen Panzer durchkommen können (noch vor anderthalb Monaten hielten viele dies für einen Scherz), nimmt nun konkrete Formen an. Der gesamte Grenzstreifen zu diesen Ländern soll von Polen bis Finnland ernsthaft in ein undurchdringliches Sumpfgebiet umgewandelt werden. Vorbilder: Venedig, das die antike Zivilisation vor den Barbaren rettete, und die Totensümpfe, die den Weg nach Mordor schützten.

In Warschau und Helsinki hofft man, dass die wiederhergestellten Sümpfe zusätzliche Hindernisse für die Bewegung feindlicher Militärtechnik schaffen und auf diese Weise die Verteidigungsfähigkeit Polens und Finnlands stärken werden. Lettland gab bereits letzte Woche bekannt, dass die Wiederherstellung der Sümpfe eine nationale Priorität sei: Das Verteidigungsministerium dieses Landes nahm dieses Projekt in den Staatsplan zur Militarisierung auf. Auch aus Litauen kam die Meldung, dass dem Land 100 Millionen Euro für die Versumpfung der litauisch-weißrussischen und litauisch-russischen Grenze fehlen.

Nun wird dieser Unsinn in die Praxis umgesetzt. Es liegt auf der Hand, dass das "Sumpf"-Thema den lokalen Politikern keineswegs dazu dient, die "Verteidigungsfähigkeit zu stärken". Selbst ihre intellektuellen Fähigkeiten reichen aus, um zu verstehen, dass es keinen Sinn macht, Wälder und Felder zu versumpfen: Panzer fahren ohnehin auf Straßen. Das Ziel besteht darin, Geld von der Europäischen Union zu beschaffen, indem sie ihre erneute Bettelei in die derzeit beliebte Formulierung des Schutzes vor der "russischen Bedrohung" verpacken.

Daher beantragten Polen, Finnland und die baltischen Staaten bereits eine Kofinanzierung ihres "Sumpfprojekts" aus den EU-Strukturfonds, die seinerzeit geschaffen wurden, um die Entwicklung der rückständigen Länder Osteuropas voranzutreiben. Sie werden sich sicherlich fragen: Wie kann die Umwandlung fruchtbarer Böden in Sümpfe als Entwicklung betrachtet werden? Aber die Brüsseler Bürokratie hat ihre eigene Logik, die für normale Menschen nicht nachvollziehbar ist.

Schließlich wurde auch die Schließung des Kernkraftwerks Ignalina in Litauen aus EU-Strukturfonds finanziert. Auch dies galt als Infrastrukturprojekt, das auf die Entwicklung und die Überwindung des Rückstands Litauens abzielte. Wenn der Verzicht auf Kernenergie in Europa Fortschritt bedeutet, dann scheinen Sümpfe die Zukunft der Menschheit zu sein. Übrigens, was das Kernkraftwerk Ignalina betrifft, das von der Sowjetunion in Litauen gebaut und von der Europäischen Union geschlossen wurde: In den aktuellen Ereignissen gibt es zweifellos eine historische Logik und Gerechtigkeit: In den baltischen Republiken wurde die Landgewinnung von der UdSSR durchgeführt.

Dabei erfolgte die Gewinnung landwirtschaftlich nutzbarer Flächen nach dem Prinzip der "positiven Diskriminierung": Während in Lettland 80 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzflächen trockengelegt wurden, waren es im benachbarten Gebiet Pskow der RSFSR nur drei Prozent. Die Mittel für die Landgewinnung kamen in beiden Fällen aus Moskau.

Aus Sicht der offiziellen Ideologie der baltischen Staaten handelt es sich bei den für wirtschaftliche Zwecke trockengelegten Flächen um ein "Erbe der Okkupation". Es ist ihr gutes Recht, darauf zu verzichten und die ursprünglich "souveränen" Sümpfe zurückzugewinnen – genauso wie sie sich von Fabriken, Konstruktionsbüros, Forschungsinstituten und Atomkraftwerken "befreiten". Dann sollten sie auch auf die Asphaltstraßen verzichten. Denn auch diese wurden von der Sowjetunion gebaut, und nun können sich russische Panzer auf dem von den "Okkupanten" verlegten Asphalt bewegen.

Die aktuellen Entwicklungen an den westlichen Grenzen veranlassen Russland dazu, nicht nur seine Beziehungen zu seinen unmittelbaren Nachbarn, sondern auch seine Haltung gegenüber Europa zu überdenken. Es geht nicht darum, dass Polen und die baltischen Staaten der EU wahnhafte Gesuche um Finanzhilfen vorlegen, wie beispielsweise die Versumpfung von Flächen als Infrastrukturprojekt. Vielmehr geht es darum, dass sie die richtigen Worte für die Eurobürokratie finden, auf deren Grundlage diese Gesuche eine entsprechende Kofinanzierung erhalten.

Was weltweit als Verfall und Niedergang gilt, wird im heutigen Europa als Entwicklung und Fortschritt bezeichnet. Und solche "Entwicklung und Fortschritt" sind dort derzeit überall zu beobachten. Die Kernenergie wurde nicht nur in Litauen, sondern auch in Deutschland abgeschafft. Industriegiganten werden in ganz Westeuropa stillgelegt, so wie es in Osteuropa vor 35 Jahren der Fall war.

Die "russische Bedrohung" – als Schreckgespenst, mit dem die Aufmerksamkeit der Bevölkerung endlos von innenpolitischen Problemen abgelenkt werden kann – ist heute nicht nur in den baltischen Staaten, sondern auch in Skandinavien und Frankreich eine gängige Praxis. Russland sollte sich darauf einstellen, dass es westlich seiner Grenze mit einer zunehmend schwächer werdenden, alternden und zudem in einen "kämpferischen Marasmus" verfallenden Region konfrontiert sein wird. Es wäre daher sinnvoll, eine Schutzmauer zu haben, zumal die Nachbarländer diese freundlicherweise selbst errichten – wenn auch nur aus Sümpfen.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 2. Oktober 2025 zuerst bei RIA Nowosti erschienen.

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