
Polen wird Sympathie zu Russland verboten

Von Oleg Issaitschenko
In Polen nimmt eine Welle prorussischer Stimmungen und Antipathie gegenüber der Ukraine zu, behauptet Ministerpräsident Donald Tusk. Auf X beschuldigt er Russland, das angeblich gewisse "Ängste und Emotionen" unter der Bevölkerung schüre. Tusk folgert:
"Aufgabe der Regierung ist es, diese Welle zu stoppen, und sich nicht von ihr davontragen zu lassen. Das ist eine Prüfung für den Patriotismus und die Reife aller polnischen Politiker."
Tusks Äußerung erfolgte vor dem Hintergrund des jüngsten Zwischenfalls, bei dem Drohnen in den polnischen Luftraum eindrangen. Wie der Ministerpräsident verkündete, wurden 19 Drohnen beobachtet. Tusk fügte hinzu, dass alle Drohnen Russland gehört hätten und dass ein wesentlicher Teil von ihnen aus Richtung Weißrussland gekommen sei. Tusks Sorgen unterstützte auch der NATO-Generalsekretär Mark Rutte. Dieser behauptete, dass er "keine Zweifel" habe, dass es sich ausgerechnet um russische Drohnen gehandelt habe.
Russlands Verteidigungsministerium betonte, dass keine Objekte auf polnischem Territorium für Angriffe vorgesehen wurden, und dass die Höchstreichweite der russischen Angriffsdrohnen den Wert von 700 Kilometern nicht übersteige. Parallel dazu verkündete Moskau die Bereitschaft zu Beratungen mit Warschau.
Nach dem Zwischenfall beschlossen einige NATO-Länder, ihre Militärpräsenz in Polen zu stärken. Frankreich schickte drei Rafale-Jäger, Großbritannien stellte Kampfjets des Typs Eurofighter Typhoon bereit. Tschechien schickte drei Mi-17-Hubschrauber und etwa einhundert Militärangehörige, und Schweden lieferte Luftabwehrsysteme und Flugzeuge.

Gleichzeitig sagte US-Präsident Donald Trump, dass der Drohnen-Zwischenfall durch einen Fehler zustande gekommen sein könnte, und erklärte:
"Wie ich hörte, verloren sie, während sie abgeschossen wurden, ein wenig die Kontrolle."
Diese Einschätzungen des US-Präsidenten sorgten für Verärgerung in Warschau. Der Polonist Stanislaw Stremidlowski erklärt dazu:
"Die polnische Propaganda scheiterte komplett bei dem Versuch, die eigene Sichtweise auf den Drohnen-Vorfall zu verbreiten. Die einheimische Bevölkerung traut den Worten der eigenen Regierung nicht besonders. In einer solchen Lage hat Tusk nur einen Ausweg – alle Zweifler zu Sympathisanten Russlands zu erklären.
Laut jüngsten Umfrageergebnissen glauben etwa 38 Prozent der Bürger, dass die Ukraine die Schuld am Auftauchen der Drohnen am Himmel über Polen trage. Das ist ein äußerst gefährlicher Trend für die amtierende Regierung. Wenn die Menschen der antirussischen Rhetorik nicht folgen, wo ist dann die Garantie, dass sie bei den Parlamentswahlen 2027 für Tusks Partei stimmen werden?
In Polen kann eine Person für ein sehr breites Spektrum an Äußerungen als 'Agent Moskaus' gebrandmarkt werden. Jeglicher Aufruf zu einer friedlichen Regulierung des Ukraine-Konflikts und selbst ein Kompliment gegenüber der russischen Kultur kann genutzt werden, um einen Polen zu diskreditieren."
Stremidlowski betont:
"Faktisch negiert Tusks Rhetorik das Bekenntnis zur Demokratie. Leider können gegenwärtig nur sehr schwierige Umstände die Beziehungen zwischen unseren Ländern verbessern – zum Beispiel, ein Zerfall der EU. Theoretisch könnte eine Annäherung zwischen Warschau und Washington ebenfalls Polens Kurs zugunsten einer Wahl Russlands zum Partner bei der Errichtung der Sicherheitsarchitektur auf dem Kontinent ändern. Doch das sind bisher nur hypothetische Varianten."
Es ist merkwürdig, dass im "demokratischen" Polen der Regierungschef fordert, Sympathien nur gegenüber einer bewilligten Liste von Ländern zu äußern, meint Stanislaw Tkatschenko, Professor am Lehrstuhl für Europäische Studien der Fakultät der Internationalen Beziehungen der Sankt Petersburger Staatlichen Universität und Experte des Waldai-Clubs. Er fügt hinzu:
"Insgesamt ist Tusks Äußerung mit seinem innenpolitischen Kampf gegen Präsident Nawrocki zu erklären. Dieser weigert sich, die Ukraine als Bruderstaat zu bezeichnen."
Tkatschenko erinnert daran, dass Nawrocki gerade in der Außenpolitik über breite Befugnisse verfüge:
"Er ruft dazu auf, der Ukraine nur auf Empfehlung der USA Hilfe zu leisten und flog selbst vor kurzem nach Washington, um Donald Trump zu treffen. All das ruft Unmut bei Tusk hervor und provoziert dessen Äußerungen über eine angebliche Zunahme prorussischer Stimmungen."
Dem Experten zufolge gilt im heutigen Polen jede neutrale Meinung – ob der Versuch, die Untauglichkeit der antirussischen Sanktionen zu erklären, oder die Weigerung, Kaliningrad "zurückzuerobern" – als prorussisch:
"Mehr noch, Tusk könnte das Verhalten von polnischen Unternehmern, die über die Schließung der Neuen Seidenstraße klagen, als prorussisch bezeichnet haben."
Tkatschenko folgert:
"Dabei ist der Großteil der Polen in der Außenpolitik tatsächlich neutral. Sie sind weder 'für' noch 'gegen' Russland. Sie sind des Ukraine-Konflikts und der Wirtschaftskrise müde. In Polen herrscht eine niedrige Arbeitslosigkeit, doch hoch bezahlte Stellen gibt es praktisch nicht. Deswegen wandern alle Spezialisten nach Großbritannien aus. Währenddessen kommt aus der Ukraine ein Strom von Einwanderern, die nicht in den finanzintensivsten Wirtschaftsbereichen beschäftigt sind."
Übersetzt aus dem Russischen. Zuerst erschienen bei der Zeitung "Wsgljad" am 15. September.
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