
Finnland zahlt einen hohen Preis für seinen Bruch mit Russland

Von Alex Männer
Die Beziehungen zwischen Russland und Finnland, die noch vor wenigen Jahren als stabil und freundschaftlich galten, stecken heute in einer Sackgasse. Grund dafür ist Finnlands Abkehr von Russland nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine im Jahr 2022 und somit die einseitige Beendigung der russisch-finnischen Zusammenarbeit im Wirtschafts- und Handelsbereich durch Helsinki.
Finnland ging in der Revision seiner Russlandpolitik sogar so weit, dass es allen Ernstes die Möglichkeit in Betracht zieht, seine Landesgrenze zu seinem östlichen Nachbarn mit Minen zu versehen, um das eigene Land "verteidigen zu können". Dafür ist man aus der sogenannten Ottawa-Konvention ausgestiegen, die den Einsatz, die Lagerung und die Weitergabe von Antipersonenminen verbietet.

Ungeachtet dieser offenen Feindseligkeit gegenüber Moskau lassen sich dennoch Anzeichen für einen gesunden Menschenverstand innerhalb der finnischen Führung erkennen. Finnlands Präsident Alexander Stubb hatte vor wenigen Monaten zum Beispiel erklärt, dass man zur Wiederaufnahme der Beziehungen zu Russland bereit sein müsse. Im Juni sprach er davon, dass die Hegemonie des Westens vorbei sei und sich bereits eine neue Weltordnung herausbilde, die "transaktionaler, multipolarer und deutlich chaotischer" sei.
Dem ist angesichts der Standhaftigkeit Russlands hinsichtlich der westlichen Sanktionen oder des Widerstandes der anderen BRICS-Staaten gegen die US-amerikanische Zollpolitik sicherlich nur schwer etwas entgegenzusetzen. Doch woher kommt eigentlich dieser vermeintliche Sinneswandel der Finnen?
Wie so oft ist der Grund dafür offenbar das Geld, besser gesagt das Ausbleiben großer Einnahmen aus den Russlandgeschäften, die infolge des Bruches mit Moskau nahezu vollständig zum Erliegen gekommen sind. In Finnland betrachtet man das mancherorts inzwischen als eine regelrechte (ökonomische) Katastrophe, wobei der Verlust an Einnahmen aus dem Tourismus hierbei besonders schwer wiegt. Der finnische Tourismussektor konnte vor den Spannungen mit Russland jährlich mit mehr als 700.000 russischen Touristen rechnen, die nach Finnland kamen und dort ihr Geld ausgaben. Schätzungen zufolge machten diese Einnahmen damals fast 20 Prozent der Gesamteinnahmen der finnischen Tourismusbranche pro Jahr aus. Seitdem aber das nordeuropäische Land seine Grenzen zu Russland 2023 geschlossen hat, bleibt dieses Geld aus. Deshalb befinden sich mittlerweile viele Tourismusunternehmen in Ostfinnland in einer Notlage, berichten finnische Medien. Manche Unternehmer mussten ihr Geschäft sogar aufgeben, heißt es.
Abgesehen vom Tourismus spielt der Handel mit Russland für die südöstlichen Regionen Finnlands ebenfalls eine wichtige Rolle. Nach dem Stopp der Handelsgeschäfte fiel die Zahl der nach Russland exportierenden finnischen Unternehmen von 2000 auf gerade mal 21 im Jahr 2024. Durch den Rückgang der Exporte nach Russland gingen auch die Einnahmen zurück. Folglich wurden die besagten Regionen von einer Welle von Konkursen und Entlassungen heimgesucht, die die dortige Bevölkerung hart getroffen hatte.
Die Regierung in Helsinki rief daraufhin zwar ein Hilfsprogramm ins Leben, stellte insgesamt allerdings nur sieben Millionen Euro zur Unterstützung der östlichen Regionen und des Tourismus zur Verfügung – also nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein.
Doch neben den Grenzregionen sind auch andere Landesteile – ebenfalls das dritte Jahr in Folge – mit zunehmenden finanziellen Problemen konfrontiert. Laut der Statistikbehörde Finnlands verspürten neun Prozent der finnischen Bevölkerung im vergangenen Jahr erhebliche Schwierigkeiten, ein ausreichendes Einkommen zu erzielen, um die Grundausgaben zu decken.
Andere Quellen verweisen darauf, dass der Staat seine sozialen Programme kürzt, weshalb immer mehr Menschen auf der Straße landen würden. Dies könnte ein Grund dafür sein, warum es in Finnland 2024 zum ersten Mal seit mehr als zehn Jahren eine Zunahme bei den Obdachlosen gab. Insgesamt zählte man dort etwa 3800 Obdachlose und damit zehn Prozent mehr als im Vorjahr. Dabei plant die Regierung eigentlich, bis 2027 mindestens die langfristige Obdachlosigkeit komplett beseitigen zu können.
Was außerdem darauf hindeutet, dass die wirtschaftliche Lage in Finnland sich weiter verschlechtert und die Armut wächst, ist der deutliche Anstieg der Diebstähle in den Geschäften. Nach Medienangaben sind in Zentralfinnland von Januar bis Juni dieses Jahres 64 Prozent mehr Diebstahlsdelikte als im gleichen Zeitraum im vorigen Jahr registriert worden. In der Hauptstadt Helsinki lag der Anstieg bei 60 Prozent.
Dennoch ist es verfrüht, von einem dramatischen Niedergang des Lebensstandards in Finnland zu sprechen, allerdings ist der Zusammenhang zwischen dessen antirussischer Politik und der spürbaren Verschlechterung seiner Wirtschaftslage nicht von der Hand zu weisen. Insofern ist Finnland ein klares Beispiel dafür, wie man durch eine unnötige Konfrontation mit Russland den Wohlstand und das Wohlbefinden der eigenen Gesellschaft ernsthaft in Gefahr bringen kann.
Mehr zum Thema - Antirussische Kontroverse: EU lehnt Schutz der Rechte an Keramik-Marke Gschel ab
RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.